Im 2. Buch Samuel im Alten Testament wird von König David erzählt, wie er vom Dach seines Palastes aus die schöne Bathseba sah und begehrte, wie er mit ihr Ehebruch beging und seinem Heerführer auftrug, deren Mann Uria an die vorderste Kriegsfront zu schicken, damit er dort umkomme.
Diese Geschichte von Macht, Arroganz, Begierde und Unmoral hat Christoph Hochhäusler ins Heute versetzt, in die Welt der Banker, die über den Straßen von Frankfurt mit Investitionen und Menschenleben handeln. Er lässt Roland, Vorstandsmitglied einer Investmentbank, der Frau eines Angestellten nachstellen, beeinflusst dessen direkten Vorgesetzten, ihn in die Zweigstelle nach Indonesien zu versetzen, dort, wo gefährliche kriminelle Banden dessen Vorgänger entführt und in Stücken zurückgeschickt haben. Und Svenja, die Frau, gibt sich Roland hin, betrügt dabei nicht nur ihren Mann, sondern auch sich selbst, indem sie sich einredet, das Heft in der Hand zu haben, indem sie spröde und störrisch mit Roland umspringt was aber nur Teil ist des koketten erotischen Spiels: das, was Roland an ihr reizt.
Beide sind abgestumpft. Svenja ist nicht heimisch in Frankfurt, sie langweilt sich, hat keinen Job, sitzt zuhause, kann mit der Welt der Bank, des Berufs, in der ihr Mann sich aufhält, nichts anfangen. Sie frisiert ihren Lebenslauf, weniger, um einen Job zu bekommen, als aus Lust, jemand anderes zu sein. Roland hat längst nichts Menschliches mehr an sich, Gefühle sind abhanden gekommen, er denkt in Strategien und Karriereschritten. Er erfindet sich eine neue Biographie, übernommen vom verstorbenen Indonesien-Mitarbeiter, eine Kindheit in kleinen Verhältnissen in Mannheim, ein altes Foto, das er zufällig zugesteckt bekommen hat, ist die Manifestation seines fiktiven Lebenslaufes.
An diesem Punkt, wenn Roland mit Svenja eine Mannheimer Wohnung besuchen, die Roland als sein Kindheitsheim ausgibt, zeigen sich die wirklichen Machtverhältnisse: Roland kann jeden Schein errichten und aufrechterhalten, niemand hat die Möglichkeit, dahinterzublicken; und allein deshalb muss Svenja ihm zufallen, weil sie gar keine Möglichkeit hat, ihm zu entgehen. Und weil selbst er, der Mensch der bloßen Fassade, hinter der nichts mehr steckt, für ihr Leben eine Abwechslung bietet.
Hochhäusler hat kein offenes Pamphlet wider die Machenschaften von Bankern gedreht, keine schreiende Agitation gegen die Unmoral des Geldmächtigen, die Andere, Außenstehende mit in den Abgrund reißt. Das alles spielt sich im Untergrund ab, in der konstruierten, biblischen Fabel und deren Zusammenspiel mit dem genauen Blick, den Hochhäusler ins Herz der Investitionsmaschinerie wirft. Wo Zahlen und Menschen gleich gehandelt werden, wo es ums Immer-Mehr geht, um höhere Gebote als der Konkurrent, um einen höheren Posten als der Kollege: Das Karrieredenken der Arbeitswelt ist in diesem Film sehr exakt wiedergegeben, auch wenn er sich selbst nie den Anspruch von naturalistisch-dokumentarischem Wahrheitsrealismus gibt.
König David, der gute Herrscher der Israeliten, wird am Ende für seinen indirekten Mord aus blanker Begierde von Gott bestraft, obwohl er sein Liebling ist. Bei Hochhäusler gibt es keinen Gott; die Strafe ist das Leben selbst, das seine Figuren führen.
Fazit: Eine Fabel aus der Realität der Bankhochhäuser, wo der Mensch zu einem Nichts geworden ist; eine Fabel, in der jede Moral abhanden gekommen ist.