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"Valerian"-Kritik: Neues Filmuniversum aus Europa?

"Valerian"-Kritik: Neues Filmuniversum aus Europa?

20 Jahre nach „Das fünfte Element“ bringt Luc Besson „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ ins Kino. Ist das Science-Fiction-Abenteuer ebenso stilbildend wie sein inoffizieller Vorgänger? Und kann Besson damit endlich einen europäischen Gegenpol zu den amerikanischen Science-Fiction-Universen etablieren?

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Im Mittelpunkt der wichtigsten Handelsrouten des Universums ist ein eigenartiges Gebilde entstanden: Die Weltraumstadt Alpha. So beginnt die Geschichte „Botschafter der Schatten“ des Science-Fiction Comics „Valerian und Veronique“ (Originaltitel: Valérian et Laureline) von Jean-Claude Mézières und Pierre Christin. Der französische Regisseur Luc Besson („Lucy„, „Leon - der Profi„) wird der Geschichte noch seinen eigenen Dreh geben, weitestgehend hält sich seine opulente Comicverfilmung jedoch an die Vorlage. Unzählige außerirdische Völker haben ihre Technologie und Kultur beigetragen, um Alpha zu schaffen, ein modernes Weltraumbabel, eine Stadt, die ein bisschen an Berlin an einem Freitagabend erinnert.

Ebenso wie Berlin an einem Freitagabend ist Alpha eine bunte Achterbahnfahrt, chaotisch, ein wenig verrufen und zunehmend nicht zu überschauen für die Agenten der Raum-Zeit-Polizei Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne). Ebenso wie der Zuschauer werden sie staunend mit einer solchen Vielfalt an Ideen und Szenarien konfrontiert, dass ihnen der Kopf schwirrt. Alpha ist der heimliche Hauptcharakter von „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“, was, soviel kann man gleich verraten, auch an dem schwächelnden Hauptdarsteller und einer Verschwörungsstory ohne Verschwörung liegt.

Im Auftrag der Raum-Zeit-Polizei

Die vielleicht größte Abweichung von den Comics gestattet sich Luc Besson nicht im Aussehen seiner Charaktere (eigentlich hat Laureline rotes Haar), sondern in der Tatsache, dass Flüge durch Raum und Zeit in seinem Science-Ficition-Epos keine Rolle spielen. Können Valerian und Laureline in den Comics durch die Zeit reisen, findet der Film auf einer Zeitebene statt. Räumlich ist „Valerian“ wiederum hauptsächlich auf das Labyrinth von Alpha beschränkt. Denn im Kern der Stadt befindet sich eine verbotene Zone, und die beiden Agenten sollen herausfinden, welche Gefahr dort lauert?

Dass ihr zwielichtiger Commander (Clive Owen) sich dabei als, nun ja zwielichtiger Commander entpuppt, ist keine große Überraschung. Überhaupt ist die Geschichte eher episodenhaft gestaltet, und wer von „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ einen Thriller erwartet, sollte vielleicht auf „Blade Runner 2049“ warten. Zu sehr lenkt der Film von seinem Plot ab. Die Handlung ist nur Vehikel, um die Achterbahnfahrt durch Alpha voranzutreiben. Und zum Teil ist das gar nicht schlimm. Denn Besson entnimmt der Comicvorlage fantastische Bilder, die wunderbar eigenständig, lebhaft und bunt sind. Alpha ist ein Abenteuerspielplatz, eine Feier der Diversität. Zum Teil nervt die Abwesenheit von einem handfesten Plot allerdings - spätestens dann nämlich, wenn sich die Figuren wieder mit der Handlung beschäftigen.

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Dane DeHaan und Cara Delevingne

Die funktionale Handlung ist jedoch nicht das Hauptmanko von „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“. Schlimmer steht es um die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern. Zeichneten sich bereits die Comics durch eine naive Erotik aus, überspitzt Besson die Spannung zwischen seinem Heldenduo. Dane DeHaan („A Cure for Wellness„, „Tulpenfieber„) als relativ plumper Valerian kann einem dabei fast unsympathisch werden, wenn er auf Biegen und Brechen versucht, die smarte Laureline zu bezirzen. Typisch Abenteuerfilm winkt als eigentlicher Schatz am Ende ein Kuss der Angebeteten. Dafür muss sich Valerian jedoch erst einer moralischen Lektion unterweisen.

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Valerian 2 - Kommt eine Fortsetzung?

Zum Glück ist Laureline dem Mann ständig überlegen. Smart, ironisch und zielstrebig führt die Agentin durch den Film - und Valerian an der Nase herum. In den letzten Jahren war es nichts ungewöhnlich, Supermodel als Augenschmaus in Science-Fiction-Filmen einzusetzen. Als wären Schmolllippen und lange Beine bereits ausreichende Schauspiel-Qualitäten. Mit ihrer coolen Performance beweist Cara Delevingne nach „Suicide Squad“ jedoch, dass sie ernstzunehmendes Talent besitzt. In „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ gibt sie den Ton an und spielt teilweise sogar die Konkurrentinnen aus „Rogue One“ und „Das Erwachen der Macht“ an die Wand.

„Das fünfte Element“ 2.0?

Apropos „Star Wars“ - „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ zeichnet sich durch ein eher gespanntes Verhältnis zur amerikanischen Science-Fiction-Großmacht aus. Denn die Vorstellungswelt von George Lucas wäre undenkbar ohne die bildgewaltigen Abenteuer von „Valerian und Veronique“. Luc Besson weiß um das Erbe der Comics und wird nicht müde, es zu betonen. Raumschiffe, die aussehen wie der Millennium Falke, werden von ihm in Szenen gezeigt, die an den Flug durch den Todesstern erinnern. „Star Wars“-Fans werden mit „Valerian“ ein permanentes Aha-Erlebnis haben. Wer nicht weiß, dass beide Universen auf demselben Comic aufbauen, muss denken, Luc Besson habe schamlos bei George Lucas geklaut. Dass tatsächlich Lucas bei Jean-Claude Mézières abgeschaut hat, ist eine Ironie, die hoffentlich nicht zu vielen Zuschauern entgeht.

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Ähnlich sind sich die beiden Universen auch in puncto Budget. Wie im Vorfeld der Kinopremiere bereits berichtet wurde, ist „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ mit einem Budget von 180 Millionen Dollar der teuerste europäische Film aller Zeiten. Allein in Sachen Produktionskosten spielt das Science-Fiction-Spektakel in einer Liga mit Hollywood-Blockbustern wie „Transformers: The Last Knight“ oder eben der neuen „Star Wars„-Reihe. Doch Besson ist weit davon entfernt, sich Hollywood anzubiedern. Stattdessen setzt er mit „Valerian“ einen Gegenpol zur amerikanischen Science-Fiction.

Seine Vision ist bunt, fantastisch, verspielt und vor allem optimistisch. Ein LSD-Trip durchs All. Allein die Farbskala von „Valerian“ ist eine echte Befreiung. Das vorherrschende kalte Blau einer „Transformer“-Reihe wird von „Valerian“ einfach weggewischt und durch warme Rottöne ersetzt. Das ist durchaus als Kampfansage zu verstehen. Bereits mit „Das fünfte Element“ hat Besson den (für damalige Verhältnisse) teuersten Film Europas gedreht - und die Science Fiction-Kultur der letzten Jahrzehnte maßgeblich geprägt. Beinahe auf den Tag genau 20 Jahre später setzt er erneut an und beweist: Science-Fiction geht auch anders. Zum Glück!

Die genialste Eingangssequenz der letzten Jahre

Kaum eine Sequenz verdeutlicht die Stärken von „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ so gut wie der Anfang des Filmes. Zu der Musik von „Space Oddity“ von David Bowie erzählt Rutger Hauer („Blade Runner„) in einer Montage die Geschichte von Alpha. In wenigen Minuten zeigt Besson, wie unzählige Außerirdische friedlichen Kontakt mit der Menschheit aufnehmen, um gemeinsam am Projekt Alpha zu arbeiten. Dieser Optimismus ist geradezu rührend. Diese positive Space-Age-Weltsicht scheint heute beinahe verloren in einer Zeit, die Utopien mehr fürchtet als Dystopien. Manchmal wirkt „Valerian“ deshalb fast kindlich und anachronistisch. Doch Bessons Beitrag zum Science-Fiction-Kino ist wichtig und längst überfällig. „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ ergötzt sich nicht an Zerstörungsszenarien, sondern zeigt den Aufbau einer neuen, wundervollen Welt.

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Trotz seiner leider manchmal zu offensichtlich zu Tage tretenden Defizite ist „Valerian“ deshalb der vielleicht originellste Science-Fiction-Blockbuster des Jahres. Weil Besson sich traut, eine Alternative zu den Erzählungen aus Hollywood zu entwickeln. Nicht nur aus ästhetischer Sicht. Sondern auch aus weltanschaulicher. An der Oberfläche ist „Valerian“ weniger poliert als seine Konkurrenz, die CGI ist trotz Millionen-Aufwand weniger fesselnd, doch im Gegensatz zu einem sich ewig selbst zitierenden Franchise hatte Besson tatsächlich eine Vision.

Fazit: In den USA sind die ersten Kritiken zu „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ überwiegend negativ ausgefallen. Einschüchtern lässt sich Besson davon hoffentlich nicht. Denn auch „Das fünfte Element“ floppte erstmal an den amerikanischen Kinokassen - bevor es sich zum Kultklassiker entwickelte. Wir hoffen, dass „Valerian“ einen leichteren Weg vor sich hat. „Valerian“ ist ein farbenprächtiges und eigenständig inszeniertes Science-Fiction-Abenteuer für die ganze Familie, das sich durch seine optimistische Grundstimmung auszeichnet. Teil zwei jedenfalls ist bereits in Planung.

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