„Besonders wertvoll“ lautete das FBW-Prädikat für seinen ersten Spielfilm „Die Brücke“ von 1959. Er war ein Urgestein des deutschen Films der Nachkriegszeit, kooperierte früh schon mit den Filmkünstlern der DEFA, ließ sich von keiner Grenze halten. Viel Glück hat er gehabt und viel Pech, er war ein Außenseiter, ein Jahrhundert-Mann. Ein Vorzug dieses erinnernden Dokumentarfilms ist es, dass viele Originalaufnahmen ihn nun für immer lebendig halten.
Jurybegründung:
Streitbar war er, kreativ, künstlerisch wagemutig und radikal, einer der Großen des deutschen Nachkriegsfilms neben Käutner und Staudte, die der Bundesrepublik filmisch ein international achtbares Gesicht gaben. „Besonders wertvoll“ lautete das FBW-Prädikat für seinen ersten Spielfilm, es war der damals ungeheuerlich mutige Anti-Kriegsfilm „Die Brücke“ von 1959. Danach drehte er „in Hollywood“ das deutsche Kapitel von „Der längste Tag“, dann „Kennwort Morituri“ mit Marlon Brando. Früh schon suchte er auch die Kooperation mit der ost-deutschen DEFA und mit Filmkünstlern wie Konrad Wolf oder Wolfgang Kohlhaase.
Eine Erfolgsstory? Nein, keine Erfolgsstory. Wicki war ein Außenseiter. Einer, der aneckte, der jede Menge Pech hatte: „Es ging nie einfach glatt“, sagt er einmal in der Dokumentation, die seine Witwe Elisabeth Wicki-Endriss nun in die Öffentlichkeit bringt.
Auch in der FBW-Jury wurde heftig und intensiv über die formale Ebene des Films diskutiert, an der es gewiss viel zu kritisieren gibt. Unzeitgemäß wirkt da manches, getragen theaterhaft bei den nachgesprochenen Texten oder verdoppelt, wie etwa jene Sequenz, in der wir eine Widmung von Yul Brynner sehen und lesen können, Maximilian Schell den schmalen Text in getragenem Ton vorliest und dann noch einmal ins Deutsche übersetzt. Erstaunlich offen geht der Film mit Wickis Leben zwischen zwei Frauen um, aber das Private findet nicht immer Bilder, die es mit Wickis Öffentlichem aufnehmen können - mit seiner filmischen Arbeit.
Den 1919 geborenen und im Alter von 80 Jahren gestorbenen Österreicher Bernhard Wicki prägten seine Erlebnisse als kommunistischer Häftling im Konzentrationslager Sachsenhausen. „Ein Fischzug ins Menschliche“ nannte er seine erste Fotoausstellung. Der Geist seines Antikriegsfilms „Die Brücke“ wird in den gewählten Ausschnitten sicht- und spürbar. Viele der „alten“ Filmausschnitte machen Lust auf eine Wiederbegegnung, so zum Beispiel mit seiner Verfilmung der Joseph-Roth-Romane „Das falsche Gewicht“ (1971) und „Das Spinnennetz“ (1989). Vieles an Fotos und Sequenzen wurde hier zusammengetragen und klug gewichtet und arrangiert. Die wenig vorhandenen Fernseh- und Wochenschauinterviews und ein Tonbandinterview runden das Bild. - Und lassen trotz der Filmlänge von 120 Minuten doch ein Gefühl des Zuwenig.
Der Künstler, Schauspieler und Filmemacher Bernhard Wicki, das macht dieser Film schmerzhaft klar, hat ein großes Denkmal, hat die Beschäftigung all der an Film und Filmgeschichte Interessierten verdient. Hier lassen sich noch viele Neuentdeckungen machen. Etwa Wickis Dokumentarfilm von 1958 über rebellische Jugendliche mit dem Titel „Warum sind sie gegen uns?“
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)