Wann kommst du meine Wunden küssen: Drama um ein konfliktreiches Wiedersehen von zwei Schwestern und ihrer Freundin auf einem Hof im Schwarzwald.
Auch komisches Drama um ein konfliktreiches Wiedersehen von zwei Schwestern und ihrer Freundin auf einem Hof im Schwarzwald.
Hanna Doose, deren Langfilmdebüt Staub auf unseren Herzen beim Filmfest München 2012 gleich zwei Förderpreise Neues Deutsches Kino gewann, für Regie und Produktion, sowie den Publikumspreis, stellte zehn Jahre später dort ihren zweiten Film vor - und wurde erneut ausgezeichnet - mit dem Publikumspreis. Die Regisseurin und Drehbuchautorin fokussiert sich in Wann kommst du meine Wunden küssen? wieder auf eine schwierige Beziehung innerhalb einer Familie. Nach der Geschichte einer Tochter, die sich von der dominanten Mutter lösen will erzählt sie nun von zwei Schwestern, Maria und Kathi, die außer der traumatischen Erinnerung an den Tod ihrer Mutter nicht viel miteinander gemein haben, und von einer dritten Frau, Laura, die als beste Freundin und Mitbewohnerin von Kathi ihr eine bessere Schwester ist als Maria. Früher war Laura die beste Freundin von Maria, als sie noch gemeinsam als Schauspielerin und Regisseurin in der Kunst- und Partyszene in Berlin aktiv waren. Bevor Laura Maria den Geliebten, Sven, einen DJ und Musiker, wegschnappte und mit ihm ein neues Leben begann. Viele Jahre haben sich die vier nicht mehr gesehen. Nun besucht Maria, die Regisseurin geblieben ist, aber völlig abgebrannt ist, ihre todkranke Schwester auf dem elterlichen Hof im Schwarzwald, den Laura und Jan zum Ökobauernhof umfunktioniert haben, was auch nicht unbedingt von Erfolg oder Erfüllung gekrönt ist. Alle Figuren hadern mit ihren Entscheidungen und Doose lässt diese vier am ländlichen Hauptschauplatz aufeinanderprallen in einem fein austarierten, dramatischen bis wuchtigen, auch verspielten und komischen Schauspielduell. Besonders Bibiana Beglau als Maria mit Starallüren und Gina Henkel als Laura, die verzweifelt versucht, eine Alles-ist-Gut-Fassade aufrecht zu erhalten, ragen im ohnehin starken Ensemble liefern glänzende Performances. Aber auch Katarina Schröter als Kathi, die vergeblich mit schamanistischen Ritualen und Kräutern ihre Krankheit bekämpft, und Alexander Fehling als Jan, der sich die Zeit als DJ zurückwünscht, können sich im insgesamt starken Cast sehen lassen. Konflikte entladen sich, Lebenslügen werden offenbar und Charaktere schälen sich heraus in einer lockeren, dennoch mitreißenden, auch witzigen Szenen-Abfolge mit Zweier-, Dreier- oder Vierer-Gesprächen, die Doose mit ihrem Hauptcast gemeinsam erarbeitete. Die gemeinsam verbrachte Zeit der Vier, in der gestritten, gelitten und gelacht wird, kulminiert in einer Party und einer Performance. Am Ende sind keine besseren Lebenskonzepte gefunden worden und nicht alle Wunden sind geheilt, aber Freundschaft und Schwesternliebe sind wiedererweckt worden und die Enttäuschungen dadurch etwas weniger bitter geworden. Kangding Ray sorgt mit seinen modernen, pulsierenden, elektronischen Musik die durch Svens Soundtüfteln auch im Bild stattfindet für einen tollen Rahmen für die genau beobachtete Familienannäherung.
Heike Angermaier.