Kommandant Claus Pedersen und seine dänische Einheit sind fern der Heimat in der afghanischen Provinz stationiert. Als die Kompanie ins Kreuzfeuer der Taliban gerät, fordert Pedersen Luftverstärkung an, um das Leben seiner Männer zu retten. Doch zurück in der Heimat muss sich der dreifache Familienvater vor Gericht verantworten, weil bei dem Einsatz unschuldige Zivilisten getötet wurden. Ein zermürbender Prozess beginnt, der ihn auch immer mehr in ein moralisches Dilemma bringt. A WAR von Tobias Lindholm erzählt vom Soldatenalltag in Afghanistan. Die Bilder, die er dafür schafft, sind authentisch, ungeschönt und stellenweise auch brutal. Der Zuschauer scheint sich fast neben den Soldaten zu bewegen, die nicht wissen können, hinter welcher Ecke die nächste Gefahr für ihr Leben lauern könnte. Als Gegensatz zu dieser harten und rauen Welt im Krieg baut Lindholm in einer Parallelmontage die Welt Pedersens zuhause auf. Die Ehefrau, die mit den drei Kindern überlastet ist, die abends auf ein Lebenszeichen ihres Mannes wartet und die nicht weiß, wie sie mit der Situation umgehen soll. Im zweiten Teil des Films wandelt sich die Geschichte von einem Kriegs- hin zu einem spannenden Gerichtsdrama, bei dem der Film beide Seiten - Pedersens Verteidigung und Anklage - ohne Wertung gegenüberstellt. Da ist der Protagonist Pedersen, den Pilou Asbaek mit stoischem Blick und einer übergroßen Portion Selbstbeherrschung spielt und dem man als Zuschauer durch die schrecklichen Ereignisse in Afghanistan so nahe gekommen ist. Man kann seine Handlung nachvollziehen, kann Empathie für seine schwierige Situation empfinden. Doch das Plädoyer der Gegenseite wird ebenso nachvollziehbar dargestellt. Durch eine kluge Dramaturgie und eine schnörkellose Inszenierung entsteht für den Zuschauer eine fast dokumentarisch anmutende Situation, die aber auch in das Dilemma zwingt, Stellung zu beziehen. Die ruhige Inszenierung der Gerichtsszenen steht in krassem Gegensatz zu den mit der Handkamera gefilmten Sequenzen in der Ferne, die eindrücklich zeigen, dass Krieg immer Chaos ist. Die Musik hält sich dezent im Hintergrund und spiegelt nur in wenigen entscheidenden Momenten die dramatische und existenzielle Konfliktsituation Pedersens. A WAR ist ein realistisches und überzeugend inszeniertes Kriegs- und Gerichtsdrama, das unbequem und mutig zugleich ist. Und das auf äußerst kluge und nicht manipulative Weise den Zuschauer fordert. Ein beeindruckender Film.
Jurybegründung:
So unspekulativ und nüchtern wie hier hat ein Regisseur nur selten vom Krieg erzählt. Tobias Lindholm inszeniert in einem quasi-dokumentarischen, an die Dogma-Filme erinnernden Stil mit in der Hand gehaltener Kamera und dem Verzicht auf jede melodramatische Zuspitzung in der Dramaturgie. Abgesehen von den Hauptdarstellern spielen ehemalige Soldaten und afghanische Flüchtlinge in den Kriegsszenen, die größtenteils in der Türkei gedreht wurden. Diese Sequenzen wirken genauso authentisch wie die in Dänemark an Originalschauplätzen inszenierten Aufnahmen. So gelingt es Lindholm, erstaunlich unmittelbar und intensiv das Lebensgefühl von Soldaten im Kriegseinsatz zu vermitteln. Er erzählt von einer kleinen Gruppe dänischer Soldaten, die in Afghanistan im Krieg gegen die Taliban in einem Außenposten im Einsatz sind. Der Protagonist Claus Michael ist ein Kompaniechef, der sich als souveräner Offizier und einfühlsam handelnder Vorgesetzter bewährt, als bei einer Patrouille einer der Soldaten durch eine Landmine getötet wird und einer seiner Kameraden danach einen Nervenzusammenbruch erleidet. In der ersten Hälfte des Films wird ohne jede Dämonisierung der Gegner oder Heroisierung der dänischen Soldaten davon erzählt, wie schwierig es ist, im Krieg sowohl militärisch wie auch moralisch richtige Entscheidungen zu treffen. Parallel dazu sind Sequenzen von der Familie des Protagonisten geschnitten. Abgesehen davon, dass sich bei dem älteren Sohn aggressive Verhaltensweisen entwickeln, ist das Leben seiner jungen Frau und der drei gemeinsamen Kindern alltäglich. Im Chaos einer Gefechtssituation muss Claus Michael eine Entscheidung treffen, durch die er zwar einem seiner schwer verwundeten Soldaten das Leben rettet, aber auch für den Tod von elf Zivilisten verantwortlich ist. Schnell wird er beschuldigt, ein Kriegsverbrechen begangen zu haben. Er wird suspendiert und zurück nach Dänemark geschickt, wo es zu einem Gerichtsprozess gegen ihn kommt, von dem in der zweiten Hälfte des Films erzählt wird. Es gelingt Lindholm deutlich zu machen, dass Claus Michael sich in einem unlösbaren Dilemma befunden hat. In dieser Situation gab es für ihn keine richtige Entscheidung: Er wurde mit den besten Intentionen zum Kriegsverbrecher. Dies wirkt auch deshalb so verstörend, weil Pilou Asbaek die Figur so natürlich und überzeugend als einen guten Menschen verkörpert. Deshalb wünscht man ihm beim Prozess, dass er freigesprochen wird, weiß aber gleichzeitig, dass dies ein Fehlurteil wäre. Lindholm erzählt zugleich einfach und komplex, realistisch und spannend, analytisch sezierend und mit viel Empathie. So hat A WAR mit Kriegsfilmen im herkömmlichen Sinne nicht viel gemein.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)