Judd Apatow steht auf diesem Film drauf, und Adam Sandler und Seth Rogen, und im Original heißt er Funny People. Also, ganz klar: dieser Film muss eine Komödie sein.
Tja, so kann man sich täuschen. Denn diese dritte Regiearbeit von Apatow der als Produzent und Autor inzwischen so was wie die graue Eminenz der US-Filmcomedy darstellt ist gar keine Komödie. Sondern ein Porträt von Komikern. Und das ist etwas ganz anderes. Denn hier ist nicht der Film selbst witzig, sondern seine Figuren machen Witze, und zwar meistens über ernste Dinge; oder über Penisse und Furzen. Apatow beschreibt das Leben von Stand-Up-Comedians, und das ist meistens, gelinde gesagt, scheiße. Genau daraus ziehen sie ja ihre Gags.
Ira Wright lebt auf der Couch in einer WG mit Freunden, die keine sind, weil sie nur entweder an sich selbst denken oder jeden Versuch von irgendwas Ernsthaftem gleich mit Kalauern und doofen Scherzen kommentieren. George Simmons, ein Comedian-Star, hat nicht mal Freunde. Und das ist schlimm für ihn, als bei ihm eine seltene Form der Leukämie erkannt wird; und er will es sich gar nicht eingestehen, dass ihm das alles nahe geht. Weil das seine Coolness gefährden würde, die er sich auferlegt hat. Und genau deshalb schnappt er sich Ira, weil der nämlich zwar Gags schreiben kann, aber als Stand-Up-Darsteller ziemlich scheiße ist. Und George das mit sicherem Auge erkannt hat: Ira wird ihm nie gefährlich werden, und er wird devot alles tun, was er verlangt.
Es geht also im Ganzen Apatow und dem Film weniger um Witze, darum, Komik zu erzeugen, als darum, zu zeigen, wie die Typen eigentlich drauf sind, die all diese Witze reißen. Und dabei ist Apatow ziemlich schonungslos: er durchsetzt seinen Film mit früheren und heutigen Stand-Up-Leuten, allen voran Sandler und Rogen; und auch er selbst hat so angefangen. Und zeigt diese ganzen Typen als selbstbezogene, zwanghafte, unglückliche, einsame, neurotische, lebensuntüchtige Taugenichtse, die ehrgeizig an ihrem Traum arbeiten, mal irgendwas Witziges zustandezukriegen und dafür Geld zu bekommen. Einige haben es geschafft: Iras Mitbewohner spielt in einer sehr, sehr schlechten TV-Serie mit und gibt ungehemmt mit seinen Gehaltsschecks an. Und George hat mit infantilen Filmen ein Vermögen gemacht, lebt in einer Traumvilla und weiß nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Mit dem, was von seinem Leben noch übrigbleibt.
Das hat was zu tun mit dem Klischee vom traurigen Clown, vom Witzereißer, der eigentlich ein ganz einsamer und unglücklicher Kerl ist. Aber vielleicht ist ja an diesem Klischee auch was dran, zumal, wenn es sich um jüdische Komiker handelt wie es hier der Fall ist, und wie es bei Woody Allen der Fall ist, der genau dasselbe Motiv immer wieder aufgreift. Zu deiner Zeit gab es schon Scheidungen, sagt George einmal zu Ira, da hast du es viel schwerer als ich. Bei ihm nämlich sind die Eltern auf ewig zusammengewesen, und die Kindheit damit unendlich viel unglücklicher. Und hatten damit viel mehr Material zum Witzigsein.
In der Tat geht Apatow sehr viel subtiler vor, als dieser Kern des Klischees es vermuten lassen würde. Und das liegt nicht zuletzt an Adam Sandler, der wieder mal beweist, dass er eben nicht nur den Kindskopf spielen kann, wie es auch seine Figur George Simmons in seinen Filmen getan hat und damit stinkreich geworden ist. Sondern dass er seine Charaktere auch mit Leben füllen kann; wenn er will. Und dabei auch selbstironisch sein eigenes Ich sehr souverän durch den Kakao zieht. Seth Rogen dagegen fällt um einiges ab: sein Ira Wright passt einfach mit seiner offenen Art, mit seiner Emotionalität und seiner Einfühlsamkeit in andere nicht in das Comedian-Klientel, das der Film beschreibt. Er ist allzu sehr als Identifikationsfigur des Publikums aufgebaut, er, der sehr schnell Freundschaft schließt mit dem egozentrischen, aufbrausenden, sich selbst und alle anderen hassenden George. Der nur in wenigen Momenten offenbart, dass er seine bezahlte Assistenzstelle bei George was bedeutet, das George ihn auf jede Weise missbrachen darf auch als Karrieresprungbrett begreift.
Dabei dauert der Film 140 Minuten; aber dafür packt Apatow auch gleich drei Filme in diesen einen Film rein. Am Anfang ist es eine Mentoren-Geschichte, George sucht sich Ira aus als Gagschreiber und für seelischen Beistand vorm Schlafengehen, wenn Ira mit George plaudern muss, bis der einschläft. Und dabei fördert er Ira auch, nimmt ihn unter seine Fittiche, nur um ihm dann auch wieder mal kräftig eins auf die Nase zu geben.
Das wird dann zu einer Krankheitsgeschichte, und hier ist Apatow nah dran, sentimental auf die Tränendrüse zu drücken. Du bist mein einziger Freund, und ich kann dich nicht mal leiden, sagt George zu Ira; weil er nur ihm von seiner tödlichen Leukämie erzählt hat. George wird jetzt mit den existentiellen Fragen konfrontiert, und er verliert seine Attitüde des zynisch-distanzierten Possenreißers. Ja: er macht eine Wandlung durch, wie sie jede Figur des Hollywood-Krankheitskitschfilmes durchmacht. Und glücklicherweise kriegt Apatow noch die Kurve im dritten Teil des Films, wenn er auf Liebe und Romantik macht, und das auf ziemlich verdrehte Weise: George nämlich setzt alles daran, seine Ex-Freundin wiederzugewinnen, die allerdings inzwischen wenn auch unglücklich verheiratet ist und zwei kleine Töchter hat. Verheiratet übrigens mit einem fluchenden Australier, der auch gerne Witze reißen können würde. Hier lässt Apatow jeder möglichen warmherzigen, positiven Hollywood-Mainstream-Botschaft die Luft raus, weil George sich halt doch nicht so einfach vom cool distanzierten Saulus zum liebenden, familientauglichen Paulus wandeln kann.
Fazit: Eine Komödie? Nein: ein schonungsloses Porträt von Komikern; voller Witze, die sich aber am Unglück und an der Einsamkeit abarbeiten.