Kristen Stewart ist nicht nur einfach Teenie-Vampir in der Twilight-Zone. Diese Rolle scheint sogar fast eine Art Ausrutscher zu sein in ihrer Filmographie, die eher von Indie-Filmen geprägt ist. Letztes Jahr etwa in Adventureland, der kaum in den deutschen Kinos gelaufen ist, oder in Das gelbe Segel/The Yellow Handkerchief, auch nur ganz klein. Und nun in Welcome to the Rileys, wo sie ebenfalls das zart ausschauende, anämisch-zerbrechlich erscheinende Mädchen spielt, das aber tatsächlich zäh und recht tough ist.
Jake Scott, der Regisseur, ist immerhin der Sohn von Ridley, der Film wurde produziert von Scott Free, der Firma von Ridley und Tony Scott also eigentlich kein Film, der unabhängig von Hollywood, jenseits von Hollywood entstanden ist. Wie ohnehin und allgemein das Indie-Label vor allem auf Filme angewandt wird, die vorgeblich neue, andere Geschichten auf besondere, originelle Weise erzählen. Was aber vor allem bedeutet, dass die Filme ein kleineres Budget haben, und dass sie Geschichten vielleicht etwas expliziter, etwas verkanteter erzählen als klassische Hollywooddramen.
Jake Scott, von Haus aus Musikvideoregisseur, erzählt hier eine Geschichte von drei Menschen, einem Ehepaar und einer jungen Stripperin/Hure, und eigentlich ist es nichts Neues. Aber er hat den Vorteil seiner Schauspieler, vor allem James Gandolfini und Kristen Stewart, die eine besondere Chemie entfalten. Gandolfini, der Macher, der Familienmensch, der anpackt und dabei sein Inneres auch vor sich selbst verschließt: er ist der pragmatische Amerikaner, allerdings mit tiefer seelischer Wunde. Und Kristen Stewart, die zarte, junge Hure, die 21 sein kann, wahrscheinlich aber erst 16 ist, die im Rotlicht-Sumpf von New Orleans lebt, die schon so vernarbt ist, dass ihr kein Leid mehr zugefügt werden kann.
Doug Riley trifft sie, Mallory, zufällig, und er nimmt sich kurzerhand ihrer an. Sie findet das eigentlich erstmal ganz süß, einer, der sich um sie kümmert, ohne sie gleich ficken zu wollen, der vielleicht ihr neuer [i]pimp [/i]werden will. Aber Doug hat anderes vor.
Die verschiedenen Sphären der Rileys und Mallorys zeigt sich in den Behausungen: das Familienhaus der Rileys, Suburbia, geschniegelter Rasen, fein hergerichtet, nette Nachbarn Lois Riley verlässt dieses Heim nie, sie geht nicht nach draußen, draußen lauert Gefahr, Unbekanntes, innen nur gibt es Geborgenheit, Heimeligkeit. Und Doug ist Heimwerker, Geschäftspartner eines Baumarktes, er richtet diese schönen Häuser her. Bei Mallory packt er gleich an, krempelt ihre verlotterte Bretterbude in den Slums von New Orleans um, als erstes nimmt er sich die braun-versiffte Toilette an, bürstet sie von Grund auf um
Er will für Mallory ein Heim erschaffen, wie es das der Rileys ist, will seine Welt für sie kopieren. Denn sie ist nur Ersatz für ihn, Ersatz für die verunglückte Tochter, die im Teenageralter gestorben ist.
Dieser Verlust, dieses Trauma, diese unaufgearbeitete Lücke im Leben der Rileys ist der Angelpunkt des Films; und ja: es gelingt Scott durchaus, daraus eine emotionale, tragisch-schöne Geschichte zu schaffen. Freilich krankt der Plot auch etwas durch diese Monokausalität, was die Rileys betrifft da ist die tragische Vorgeschichte von Mallory sehr viel komplexer, gerade weil sie nicht erzählt, nur leicht angedeutet wird.
Andererseits zeigt sich gerade in Mallorys Welt, dass Welcome to the Rileys eben doch nicht frei, nicht unabhängig, kein wirklicher Independent-Film ist: denn bei ihrem Lapdance für Doug, in lasziver Reizwäsche, sind eben doch sichtbar ihre Brustwarzen mit Pflaster (!) verklebt, was kaum zu ihrer Rolle als Hure passt. Kristen Stewart ist eben ein Star, da gibt es Verträge, was zu sehen sein darf und was nicht; auch nicht in einem kleinen Film wie diesem.
Fazit: Gut inszeniertes Drama mit glänzenden Schauspielern, das Kristen Stewart in einer weiteren sogenannten Independent-Produktion zeigt.