Wenn die Versicherungsbranche zur Jahrestagung nach Cedar Rapids lädt, erwartet die Teilnehmer ein buntes geselliges Programm mit Spiel, Spaß und Show. Vor dem Hotel steht ein junge Prostituierte bereit, aber Tim Lippe aus Brown Valley versteht ihr Angebot nicht. Der brave Provinzler staunt über den Pool des Hotels, aber die Späße seines Zimmergenossen Deanzie und der aufgeschlossenen Maklerin Joan sind zu frivol für seinen Geschmack. Die Kollegen merken schnell, dass der Mann aus Wisconsin ein wenig mehr Lebenserfahrung brauchen könnte. Wer glaubt, eine solche mehrtägige Jahrestagung sei nichts weiter als eine zähe Pflichtveranstaltung, dem wird die muntere Komödie Willkommen in Cedar Rapids die Augen öffnen.
Regisseur Miguel Arteta rekrutiert bekannte Darsteller für die markanten Charaktere dieser Geschichte. Ed Helms, der in Hangover den biederen Zahnarzt spielte, ist der ordentliche Tim Lippe, der im Strickpullunder zum geselligen Abend im Hotel erscheint, dort aber nicht trinkt und nach einem aufmunternden Klaps von der Maklerin Joan schockiert auf sein Zimmer geht. An diesem Mann ist die Welt in den vergangenen Jahrzehnten irgendwie vorbeigezogen. Er hat eine lose Beziehung mit seiner früheren Lehrerin Macy, die ihn aber keineswegs als Partner fürs Leben betrachtet. Sigourney Weaver verleiht dieser Figur eine herrlich trockene Emanzipiertheit.
Tims Freude über seine Junior Suite im Hotel endet bereits beim Eintreten, denn es befindet sich schon jemand drin: Der schwarze Versicherungsmakler Ronald Wilkes, gespielt von Isiah Whitlock, Jr., ist der vernünftigere und verträglichere von Tims beiden Zimmergenossen. Der andere ist der berüchtigte Dean Ziegler mit der großen Klappe, vor dem ihn bereits sein Chef gewarnt hatte. Ziegler, genannt Deanzie, hält nichts von vornehmer Zurückhaltung, weder beim Trinken, noch im Gespräch mit dem christlich-steifen Tagungspräsidenten. John C. Reilly ist die Figur des Deanzie auf den Leib geschrieben, in dieser Rolle zieht er alle Register seines komödiantischen Repertoires. Wenn er das leicht peinliche Großmaul und den aufdringlichen, aber wohlmeinenden Kumpel spielt, muss er nicht übertreiben und seine Figur nicht der Lächerlichkeit preisgeben. Überhaupt sind die Charaktere in diesem Film witzig, gerade weil sie nicht albern werden müssen.
Anne Heche steht als verführerische Maklerin Joan an dieser Grenzlinie zwischen ironischer Schlagfertigkeit und harmlosem Spaß, die der Film auslotet. Sie sagt Tim, dass sie die Jahrestagung als Chance begreife, aus ihrem Alltag als Ehefrau und Mutter auszubrechen. Sexuelle Treue ist für diese Joan, zumindest in Cedar Rapids, so was von vorgestrig, als wäre sie ohne amerikanische Filme sozialisiert worden.
Unerfahrene Leute wie Tim sind leicht zu beeinflussen und absturzgefährdet, aber der Slogan Wir versichern Ihre Träume ist nicht nur das Motto seiner Firma, er steht auch für wahre Freunde. So eilen schließlich Deanzie, Ronald und Joan dem schwer berauschten Tim zu Hilfe, der mit der jungen Prostituierten auf der Party ihres drogenseligen Onkels tanzt. Dessen Holzhütte und die humorlosen Einheimischen davor sehen aus wie Leihgaben aus Winter´s Bone, nur in einem lockereren Kontext. Wenn Jahrestagungen mit ihrem geselligen Beisammensein so gut wie hier dazu beitragen können, dass Berufstätige nicht als verbiesterte Einzelkämpfer enden, dann deswegen, weil es sympathische Leute wie Tim, Deanzie, Ronald und Joan auch in anderen Branchen gibt.
Fazit: Wer denkt, das gesellige Beisammensein auf einer Jahrestagung sei nicht lustig, der sollte die von Ed Helms, John C. Reilly und Anne Heche gespielten Versicherungsmakler nach Cedar Rapids begleiten.