Er war einer der legendärsten Modeschöpfer der Haute Couture: Yves Saint Laurent. Mit nur 21 Jahren wird er in den 1960er Jahren zum Assistenten von Christian Dior, übernimmt nach dessen Tod sogar die Leitung des Modehauses Dior. Der Aufstieg ist rasant, der schüchterne und innerlich zerrissene Mann wird zur Stil-Ikone. Sein Herz verliert er bald an den charismatischen und bodenständigen Pierre Bergé, der für Yves bald schon unverzichtbar in allen wichtigen Fragen des Lebens wird. Bergé „verwaltet“ die Marke „Yves Saint Laurent“ und gibt dem Freigeist die nötige Erdung und Stärke. Doch bald schon werden für Yves Drogen und Partys wichtiger als die Arbeit und seine manisch-depressiven Anfälle offenbaren immer stärkere Abgründe eines innerlich zerrissenen Genies. Der Film von Jalil Lespert setzt den Fokus klar auf die Beziehung von Yves Saint Laurent und Bergé und zeichnet vor diesem persönlichen Hintergrund wichtige Stationen im Leben des Modeschöpfers. Erste Erfolge, Modeschauen, wichtige Bezugspersonen - all dies spielt eine wichtige Rolle. Doch es ist die Liebes- und Arbeitsbeziehung zwischen dem Künstler Saint Laurent und dem Kopfmenschen Bergé, die primär auf höchst sensible Art und Weise beschrieben wird. Die Hauptdarsteller Pierre Niney und Guillaume Gallienne sind Mitglieder des berühmten französischen Nationaltheaters, entsprechend brillant, subtil und eindrucksvoll wirkt ihr Spiel. Es genügen Nuancen der Mimik, der Gestik und der Sprache, um Gefühle zum Ausdruck zu bringen und eine Beziehung voller Konflikte und tiefer Empfindungen zu beschreiben. Zudem gelingt es, dank eines stimmungsvollen Soundtracks und einer stilsicheren Inszenierung, auch das Milieu und den Zeitgeist der 1960er Jahre einzufangen. So ist YVES SAINT LAURENT nicht nur ein gelungenes Biopic über eine der wichtigsten Mode-Ikonen. Es ist ein überzeugendes Porträt einer Zeit und einer Welt, in der hohe Mode auch hohe Kunst war.
Jurybegründung:
Vom Beginn seiner Karriere zu Beginn der 1960er Jahr bis zum Jahr 1979 reicht die Handlung von Jalil Lesperts Annäherung an den französischen Superstar der Mode, Yves Saint Laurent. Und es war wahrlich eine schillernde Zeit, in denen sich der aus Algerien stammende und beinahe linkisch wirkende Mann anschickte, die Modewelt zu revolutionieren.
Zwar ist es mehr als verständlich, dass ein Film über eine Persönlichkeit wie den Modemacher nicht dessen gesamte Laufbahn nachzeichnen kann, ohne das übliche Kinoformat zu sprengen. Dennoch blieb es für die Jury ein wenig unverständlich, warum die Handlung und damit die Geschichte eines begnadeten Modemachers so jäh endet, wo zu diesem Zeitpunkt immerhin noch gut 30 Jahre seines Leben vor ihm liegen. Überhaupt blieb die Frage offen im Raume stehen, ob man eine Würdigung eines bedeutenden Mannes so sehr auf einen Aspekt seines Lebens - seine Verbundenheit zu einem anderen Mann - fokussieren solle. Bedauerlich ist auch, dass der Film weder ästhetisch noch erzählerisch die Extravaganz des Porträtierten ausstrahlt. Eher auf konventionelle Art werden hier Episoden und Stationen eines bewegten Lebens nachgezeichnet, fast so, als folge man einer Chronistenpflicht und nicht der Lust am Erzählen und der Inszenierung, die Mode- und Filmbranche miteinander vereint. Dabei gehen aber die psychologischen Momente der Hauptfigur fast verloren: Warum Yves Saint Laurent drogensüchtig wurde, seine Gründe für die manisch-depressiven Episoden, die ihn plagten - all dies wird zwar gesetzt, aber weder ergründet noch in eine entsprechende visuelle Form gepackt. Gerade in diesen Extremsituationen, in denen der Film mehr hätte wagen können und müssen, bleibt er ein wenig farblos. Weil der Film sich wenig darum bemüht, den Gründen für die innere Zerrissenheit Yves Saint Laurents nachzugehen, scheint die Figur keine motivierte Entwicklung durchzumachen, sondern bleibt zumeist auf feststehende Charakteristika reduziert, die zudem von den immer gleichen Gesten wie dem nervösen Fummeln an der Brille beinahe schon plakativ zur Schau gestellt werden.
Die Zeiten der Krise, des Zweifelns, der Erschöpfung, die dem Modemacher arg zugesetzt haben müssen, werden zwar andeutungsweise gezeigt, wirklich verständlich sind sie aber laut Ansicht der Jury nicht.
Ausdrücklich lobte die Jury den überaus stimmigen Einsatz der Filmmusik und die sehr gelungenen darstellerischen Leistungen der Akteure. Nach einer ausführlichen Diskussion entschied sich die Jury daher, das Prädikat „wertvoll“ für YVES SAINT LAURENT zu bestätigen.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)