Breit müssen bei den besten Pferden drei Dinge sein (Stirn, Bug, Nüstern) und bei einem guten Film die Leinwand. Der farbenfrohe, überragend geschnittene und fotografierte Scope-Film vermag mehr als nur die Spezial-Zielgruppe pferdevernarrter Mädchen zu erreichen. Jenseits von Folklore-Kitsch und Klischees wird hier eine archaische Geschichte erzählt, modern im Behauptungswillen der weiblichen Hauptfigur, souverän und schnörkellos in den filmischen Mitteln, geradezu vorbildlich im Einsatz der Filmmusik.
Wie in einem Märchen aus 1001 Nacht wird hier der Wandel in einer streng patriarchalischen Gesellschaft als Kinderfilm erzählt. Das Mädchen Zaina lehnt sich gegen die verkrusteten Strukturen ihres Dorfes tief in Marokkos Landesinneren auf. Die Liebe zu ihrem Pferd und die allmählich aufkeimende Zuneigung zu ihrem leiblichen Vater, der einst sie und ihre Mutter verstoßen hat, geben ihr die Kraft zur Opposition gegen eine Gesellschaft, in der Kinder und Frauen eher als Gegenstände, denn als Menschen betrachtet werden.
„Zaina“ ist ein imposanter Film vor dem Hintergrund der traumhaften Landschaften des Atlasgebirges und marokkanischer Wüsten, gefilmt in prächtigem Cinema-Scope, stimmungsvoll und sensibel unterlegt mit zeitgenössischer marokkanischer Musik und stimmiger Folklore. All das bietet viel für Augen und Ohren.
Die anrührende Geschichte vom Mädchen Zaina, die gegen alle Widerstände zum Pferderennen der Touareg in Marrakesch (wie einst ihre Mutter) will, ergreift schnell Besitz von Herz und Seele des Zuschauers. Im erbitterten Tauziehen zwischen dem leiblichen Vater Mustapha und Omar, dem örtlichen Geld-Adeligen, der den Tod der Mutter verschuldete, muss Zaina dem ungewissen Ausgang der Auseinandersetzungen alles riskieren. Der Film hat viele ergreifende Momente, die das Kino-Publikum bis ins dramatische Finale mitfiebern lassen.
Die streng archaisch anmutende Geschichte wird flüssig, unprätentiös und schnörkellos erzählt, ist mit glaubwürdigen Schauspielern gut und authentisch wirkend besetzt und verzichtet auf den ansonsten Genre üblichen Kitsch. Erfreulicherweise ohne die Stereotypen von Wüstenfilmen, wirkt der wahrhaftige Film sehr authentisch und keineswegs naiv erzählt. So erfährt der Betrachter viel über Land und Leute und deren Mentalität, ohne dass die Geschichte folkloristisch wirkt.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)