Anwältin verliebt sich in Handwerker: Die sympathische Komödie erzählt eine typische Downdating-Geschichte, ohne eine Fallstudie draus zu machen.
Es gibt keine Sonnenuntergänge überm Meer, aber ansonsten könnte dieser scheinbar versehentlich auf den Samstag gerutschte ARD-Freitagsfilm auch eine „Herzkino“-Romanze sonntags im ZDF sein; und das muss trotz des nicht ganz unbegründeten Vorurteils gegenüber „Rosamunde Pilcher“ und „Inga Lindström“ keineswegs gegen den Film sprechen. „Zum Glück gibt’s Schreiner“ orientiert sich dramaturgisch an den Rahmenbedingungen der romantischen Komödie, entpuppt sich jedoch als hochaktuelle Geschichte über das Zeitgeistphänomen „Downdating“: Weil sich viele Männer in der Beziehung mit erfolgreichen und entsprechend einkommensstarken Frauen schwertun, suchen die sich ihre Partner unterhalb der eigenen Karrierestufe.
Romanautorin Annette Lies („Saftschubse“) und Michael Kenda haben aus ihrem Drehbuch allerdings keine Fallstudie gemacht. Die Romanze beginnt ohnehin ganz anders. Katharina Kopf (Henriette Richter-Röhl), Anwältin mit Spezialgebiet Insolvenzrecht und rund um die Uhr auf den Beruf fixiert, muss eine Woche Zwangsurlaub nehmen: Ihre verwitwete Mutter Johanna (Thekla Carola Wied) hat sich bei einem Sturz das Handgelenk gebrochen. Die beiden Frauen haben kaum Kontakt, und das soll auch so bleiben, findet Katharina, weshalb sie das Elternhaus gegen den Willen der zwar noch rüstigen, aber auch von Arthrose bedrohten Mutter seniorengerecht umbauen lassen will. Johanna wohnt in einem Münchner Vorortvorort, die Auswahl an Handwerkern ist ohnehin nicht groß. Trotzdem ist Katharina einigermaßen verblüfft, dass sie den als Erstbesten ausgewählten Mike Müller (Jochen Matschke) bereits kennt: Das spätere Liebespaar, das sich fortan den genretypischen Schlagabtausch liefert, ist sich bereits ein paar Mal über den Weg laufen, und diese Begegnungen waren der gegenseitigen Sympathie nicht gerade förderlich.
Das Drehbuch lebt vor allem von den Dialogduellen zwischen Katharina und Mike, die in völlig unterschiedlichen Welten leben. Während die Souveränität, mit der Henriette Richter-Röhl die Karriereanwältin verkörpert, nicht weiter überrascht, ist Jochen Matschke eine echte Entdeckung. Der Schauspieler ist beileibe kein Anfänger mehr, hat bislang aber vor allem Episodenrollen gespielt. Das Drehbuch liefert ihm zwar perfektes Material, doch er erweckt die bodenständige Figur auf genau die richtige Art zum Leben: einerseits mit großer Entspanntheit, andererseits mit dem nötigen Biss, um Mikes schlagfertige Konter spontan wirken zu lassen.
Weil Johanna gleichfalls Gefallen an dem jungen Mann und seinen handwerklichen Fähigkeiten findet, wird aus dem Umbau eine größere Sache, zumal Schreiner Mike auch schöne Möbel entwirft. Der unvermeidliche Beziehungsrückschlag erfolgt, als das Paar ein Wochenende in München verbringt und Katharina krampfhaft versucht, den Mann an ihrer Seite als Möbeldesigner zu verkaufen; eine Dünkelhaftigkeit, über sich die Mike selbstredend empört. Regie führte Neelesha Barthel, deren Debüt die sehenswerte deutsch-indische Multikulti-Kinokomödie „Marry Me!“ (2015) war. Gemessen an der Originalität dieses mit vielen überraschenden Zutaten gewürzten Films ist „Zum Glück gibt’s Schreiner“ bloß guter Fernsehdurchschnitt. Die Arbeit mit den Schauspielern ist allerdings ausgezeichnet. Davon abgesehen erfreut der Film immer wieder durch kleine Überraschungen. Neben dem Downdating-Thema verarbeitet das Drehbuch zudem auch den Generationenkonflikt: Johanna hat nur wenig Verständnis für den Lebenswandel ihrer Tochter, die nicht mal kochen kann, worüber sich auch die Nichten wundern; für Katharina stammt dieses Weltbild aus den Fünfzigern. Davon abgesehen ist es zur Abwechslung mal sehr angenehm, dass eine Frau in ihr Heimatdorf zurückkehrt und sich nicht wieder aufs Neue in ihre Jugendliebe verliebt. tpg.