Zum Tod meiner Mutter: Berührendes und streng komponiertes Drama um eine Frau, die ihre Mutter in den Tod begleitet.
Jessica Krummacher, die sich mit ihrem Langfilmdebüt „Totem“, der 2011 in Venedig in der Kritikerwoche lief, als eigenwillige Regiestimme empfahl, legt mit „Zum Tode meiner Mutter“ ihren zweiten Langspielfilm vor. Die von Birte Schnöink gespielte Protagonistin Juliane spricht selbst den Titel aus, direkt in die Kamera, wie auch der Arzt von Julianes Mutter Kerstin, die unheilbar krank ist und sterben will. In dürren Worten stellt er fest, die einzige erlaubte Möglichkeit sei, dass Kerstin Essen und Trinken verweigert. Was das bedeutet, macht Krummacher in der Folge erfahrbar. Juliane beschließt, ihre Mutter in den Tod zu begleiten, es dauert über zwei Wochen lang, ein unerträglich und endlos scheinender, schmerzhafter Prozess, der seinem Publikum einiges abverlangt, herzzerreißend ist und Tränen kostet. Außer dem Schmerz des Wartens und der zur Verzweiflung rührenden Absurdität der erforderlichen Frage des Krankenpersonals, ob Kerstin etwas essen oder trinken mag, wird aber auch die tiefe Verbundenheit zwischen Mutter und Tochter, die liebevolle und professionelle Behandlung durch die Pflegerin deutlich. Zuvor hat Juliane Freunde besucht, um Ihnen ihre Entscheidung mitzuteilen, was auch leise Komik beinhaltet, wenn das Existenzielle, kaum zu Fassende mit dem Banalen, Alltäglichen kontrastiert wird, Juliane den allzu zutraulichen Hund des Paares wegschieben will oder in der Wirtschaft über die regionale Spezialität gesprochen wird. Die aufgeräumten Bilder der statischen Kamera vom Hospizzimmer werden mit Sonnenlichtdurchfluteten kontrastiert, in denen Juliane im Wald spazieren geht oder der im Rollstuhl sitzenden Mutter auf der Wiese aus dem Briefwechsel von Bertolt Brecht und Helene Weigel vorliest. Der auf eigenen Erfahrungen der Filmemacherin basierende Film wirkt ebenso authentisch wie kunstvoll. Der röchelnde Atem, das erschöpfte Gesicht, der verkrampfte Körper von Elsie de Brauw, die erschöpft wirkende Birte Schnöink im Sessel neben dem Bett. Sie beide spielen mit Bravour und äußerster Zurückgenommenheit. Ja, man sieht und fühlt, wie lange es dauert, zu sterben, aber Krummacher schafft es, in diesem streng komponierten Kammerspiel, dem auch eine gewisse Schönheit innewohnen zu lassen. Ein mutiger Film.
Heike Angermaier.