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Zwei Herren im Anzug: Familiensaga von Josef Bierbichler, die sich von 1914 bis 1984 erstreckt und eine Geschichte aus drei Generationen einer bayerischen Wirtsfamilie erzählt.

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Handlung und Hintergrund

Von 1914 bis 1984: Die Familie des alten Seewirts (Josef Bierbichler) gehört zu den Alteingesessenen. Der Seewirt hat die Weimarer Republik erlebt und wie das bäuerliche Leben durch Maschinen verändert wurde. Dann kam der Zweite Weltkrieg, die Kriegsverbrechen der Nazis, die während der Restauration unter den Teppich gekehrt werden. Die Gaststätte am See hat alles miterlebt. Jetzt beginnt der Seewirt, sich zu erinnern.

Nach dem Tod seiner Frau Theres (Martina Gedeck) setzt sich der Seewirt mit seinem Sohn (Simon Donatz) zusammen. Der Leichenschmaus bietet Anlass, sein Leben, die großen Umwälzungen, die Fehler und vertanen Chancen noch einmal Revue passieren. Es ist eine Geschichte voller Abgründe. Es ist die Saga einer bayerischen Familie, die exemplarisch für ein Stück deutscher Vergangenheit steht.

 „Zwei Herren im Anzug“ — Hintergründe

Der Schauspieler Josef Bierbichler („Das weiße Band“) hat in seinem Debütroman „Mittelreich“ die eigene Familiengeschichte als Grundlage für eine beeindruckende Saga genutzt. Poetisch wuchtvoll, mal grotesk, dann wieder soziologisch erläuternd erzählt der Roman von den historischen Umwälzungen, die auch vor dem bayerischen Gutshof nicht Halt machen. Diese Geschichte hat Bierbichler nun als Regisseur und in der Hauptrolle selbst verfilmt.

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Für die Verfilmung seiner Geschichte baut Bierbichler auf ein starkes Schauspieler-Ensemble. Theres, die Frau des Seewirts, wird von Martina Gedeck („Wir töten Stella“) gespielt, deren Sohn von Simon Donatz („Winterschläfer“). In weiteren Rollen sind Irm Hermann („Fack Ju Göhte 3“) und Sarah Camp („Aimée & Jaguar“) zu sehen.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Josef Bierbichler
Produzent
  • Stefan Arndt,
  • Uwe Schott
Darsteller
  • Josef Bierbichler,
  • Martina Gedeck,
  • Simon Donatz,
  • Sophie Stockinger,
  • Irm Hermann,
  • Wowo Habdank,
  • Sarah Camp,
  • Andreas Lechner,
  • Benjamin Cabuk
Drehbuch
  • Josef Bierbichler
Kamera
  • Tom Fährmann
Schnitt
  • Karina Ressler
Casting
  • Franziska Aigner-Kuhn
Buchvorlage
  • Josef Bierbichler

Kritikerrezensionen

    1. Epochale Verfilmung von Josef Bierbichlers Roman „Mittelreich“, in dem Vater und Sohn sich gemeinsam an das Leben des Vaters erinnern.

      Bayern, Sommer 1984. Es ist der Tag, an dem die Mutter beerdigt wurde. Der Leichenschmaus ist vorbei, alle Gäste sind fort, zurück bleiben der Vater und der Sohn. Sie sind sich nicht besonders nah, eigentlich nie gewesen. Und doch entscheidet der Vater, dass es nun an der Zeit sei, dem Sohn alles zu erzählen. Die ganzen Erinnerungen, die ganzen Erlebnisse, das ganze Leben. Mit ZWEI HERREN IM ANZUG verfilmt Josef Bierbichler auf kongeniale Weise seinen eigenen biographisch gefärbten Roman „Mittelreich“ und erzählt neben der sehr persönlichen und berührenden Geschichte einer Familie gleichsam auch generationsübergreifend von rund hundert Jahren deutscher Geschichte. Zentral ist dabei auch und gerade die Kriegsgeneration, die durch äußere Umstände davon abgehalten wurde, ihre eigenen Träume zu verwirklichen. Das Drehen an Originalschauplätzen und die sorgfältige Ausstattung unterstützen den authentischen und quasi-dokumentarischen Eindruck, viele Szenen und Dialoge lassen aufgrund ihrer hohen literarischen Umsetzung die Erinnerung an Grass und Böll aufkommen. Doch trotz der oft theaterhaften Inszenierung gelingen Bierbichler auch immer große Kinobilder voller Emotionen und Ausdruckskraft, unterstützt von einem beeindruckenden choralen Score. Die Schauspieler, allen voran Simon Donatz als Sohn, Martina Gedeck als Mutter und Josef Bierbichler selbst als grantliger Vater, der sein ganzes Leben offenlegt, verkörpern ihre Rollen authentisch und mit großer Kraft. ZWEI HERREN IM ANZUG ist Familien- und Heimatepos zugleich. Eine bildstarke Umsetzung einer wortstarken Vorlage.

      Jurybegründung:

      Die Kamera fährt über den großen bayerischen See auf einen Bootssteg zu, an dessen Ende das schmucke Gasthaus der Familie des Seewirts steht. An einem Spätsommertag im Jahr 1984 wurde die alte Seewirtin beerdigt, die Trauergäste sind gegangen und in der Gaststube sitzen nur noch der alte Seewirt Pankraz und sein Sohn Semi. Pankraz erinnert sich an den Sommer 1914, daran, wie er als kleiner Junge von seinem großen Bruder Toni aus dem See gezogen wird, an die euphorische Stimmung unter den Leuten bei der Mobilmachung. Toni kehrt als psychisches Wrack aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Der Vater wird später bestimmen, dass Pankraz, der eine Karriere als Sänger hätte machen können, die Gastwirtschaft und den Bauernhof übernehmen muss.
      In großartigen Kinobildern, die bis ins kleinste Detail präzise ausgestattet sind, erzählt Regisseur Josef Bierbichler in 138 Minuten eine Saga aus dem 20. Jahrhundert. Nach Motiven seines Romans „Mittelreich“, angelehnt an die Geschichte seiner Familie, hat er das Drehbuch geschrieben und die Rolle des Pankraz übernommen. Für Pankraz‘ Kindheit und Jugend, die Jahre zwischen den Kriegen und seine Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg sind die Bilder schwarz-weiß, ab Anfang der 50er Jahre, wenn Semis Erinnerungen einsetzen, werden die Bilder farbig. In der ersten Hälfte des Films, in der viele Laiendarsteller auftreten, ist die Bodenständigkeit der Dörfler spürbar. Mit den Flüchtlingen aus dem Osten, dem Wirtschaftswunder und dem Fernsehen beginnt sich die Bäuerlichkeit langsam aufzulösen („alle haben den Krieg überlebt, aber keiner war mehr dahoam“). Die fulminante Sequenz eines Faschingsballs ist ein Höhepunkt des Films. Während das Fest völlig aus dem Ruder läuft, tobt draußen ein gigantischer Sturm („reinstes Wagnerwetter“), ein riesiger Baum droht auf das Gasthaus zu stürzen. Pankraz läuft davon, hinaus auf den halb zugefrorenen See. Am nächsten Morgen sieht der kleine Semi, wie der lebensmüde Vater auf einer Eisscholle treibt und um Hilfe schreit.
      Bierbichler ist mit ZWEI HERREN IM ANZUG ein großes bayerisches Epos gelungen, das an die Tradition des Kinos von Fassbinder und Achternbusch anknüpft. Die Seewirtsfamilie ist wunderbar besetzt: Josef Bierbichler als Pankraz, Martina Gedeck als seine Frau Theres, Simon Donatz als Sohn Semi sowie Irm Hermann und Sarah Camp als seine Schwestern Philomena und Hertha. Alle Gewerke sind auf hohem Niveau. Besonderes Lob verdienen nach Auffassung der Jury die Bildgestaltung von Tom Fährmann, das Szenenbild von Josef Sanktjohanser und die Originalmusik von Tim Kreuser. Als roter Faden erscheinen die „zwei Herren im Anzug“ immer wieder im Film, bis sie am Ende Pankraz zu seiner grauenvollsten Erinnerung führen, die er komplett verdrängt hatte. Die Jury war begeistert, wie es Bierbichler gelungen ist, durch einen kleinen Kosmos die große Welt zu erzählen und vergibt einstimmig das Prädikat „besonders wertvoll“.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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