Zwei Jahre nach dem Luther-Jahr erzählt Stefan Haupt in seinem Film die Geschichte des Schweizer Geistlichen Ulrich Zwingli, der im Jahr 1519 nach Zürich kommt und von dort die Reformation der Kirche zu seinem Lebensziel macht.
Als Ulrich Zwingli sein Amt als Priester in Zürich antritt, ahnen die Bürger nicht, welche großen Pläne der ehrgeizige und tatkräftige Geistliche in sich trägt. Denn wir schreiben das Jahr 1519 und Luthers Reformationsthesen greifen in ganz Europa um sich. Auch Zwingli setzt sich für diese ein, praktiziert einen Gottesdienst in deutscher Sprache, übersetzt mit seinen Glaubensbrüdern und Mitstreitern die Bibel aus dem Lateinischen und kämpft für das Ende des Ablasshandels. Doch Zwinglis Reformen sind nicht unumstritten. Schon bald kämpfen Staat und Kirche gegen den Mann, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Religion näher zu den Menschen zu bringen. Unterstützung erhält Zwingli auch von Anna, einer jungen Witwe, die zu seiner Vertrauten und Ehefrau wird. Und die spürt, dass ihr Mann bereit ist, für seinen Glauben bis zum Äußersten zu gehen. Zum Jahrestag der Reformation in der Schweiz widmet sich Stefan Haupts Film ZWINGLI - DER REFORMATOR dem Wirken des Mannes, der maßgeblich dafür verantwortlich war, dass es eine solche Reformation überhaupt geben konnte. Der Film hält sich dabei an die historischen Begebenheiten - und stellt diese dank eines bis ins Detail genauen Kostümdesigns auch authentisch dar. Kamera und Lichtsetzung schaffen es, den Nebel, die kalte Feuchtigkeit und den Schmutz der Umgebung auf die Leinwand zu bannen, die chorale musikalische Untermalung unterstützt dieses Gefühl, und dazu ist Max Simonischek ein engagierter und von einem inneren Feuer angetriebener Fixpunkt innerhalb eines überzeugenden Ensembles. ZWINGLI - DER REFORMATOR ist nicht nur ein faszinierendes Porträt eines charismatischen Visionärs, sondern auch ein genau recherchiertes historisches Drama über ein Stück Schweizer Geschichte, das die Welt veränderte.
Jurybegründung:
Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.
Zwingli - Der Reformator ist ein Historienfilm aus dem Jahr 2019 von Stefan Haupt mit Maximilian Simonischek, Sarah Sophia Meyer und Oscar Bingisser, der nach zeitgenössischen Quellen die Geschichte des Kirchenreformators Huldrych Zwingli in Zürich erzählt. Aus der Sicht einer Witwe werden wir Zeugen der Anfänge der Schweizer Reformation.
Der Film beginnt mit der Ankunft des Priesters Ulrich Zwingli (Max Simonischek) im Jahre 1519 in Zürich. In seinen Predigten diskutiert er all das, was mit der katholischen Kirche seiner Meinung nach falsch läuft - wie Luther prangert er den Ablasshandeln an, kritisiert den Kult um Prunk und Reichtum und stellt die lateinische Messe in Frage, da sie nicht für alle verständlich sei. Anna Reinhart (Sarah Sophia Meyer), die als Witwe mit drei Kindern ihr Leben bisher vor allem in Angst vor der Kirche verbracht hat, schreckt zunächst auch vor Zwinglis Botschaften zurück, da diese als radikal und schädlich gelten. Doch gerade in Zeiten der Pest erlebt sie, dass der Reformator die Nächstenliebe, die er durchsetzen will, auch selbst offen lebt. Die beiden nähern sich an und heiraten letztlich sogar - eine weitere Forderung des Priesters. Doch die Kirchenoberen, die sich entmachtet fühlen, lassen die Aufbruchsstimmung bald kippen. Mit Hilfe der Habsburger ziehen sie gegen die gegen die Reformation ins Feld.
Stefan Haupts Film, der für den deutschen Markt hochdeutsch synchronisiert wurde, ist sehr klassisch konstruiert und folgt einer geradlinigen Dramaturgie. Die visuelle Inszenierung strebt eine mimetische historische Rekonstruktion an, der jedoch durch das Budget Grenzen gesetzt sind, was man an den spärlichen Schauplätzen und der begrenzten Anzahl an Komparsen merkt. Die Musik wurde vor allem in Stil eines Hollywoodmelodrams affirmativ eingesetzt. So hat der Film offenbar keine besondere künstlerischen Ambitionen, sondern strebt ein interessiertes aber nicht unbedingt vorgebildetes Publikum an, um die Botschaften der Reformationen zu vermitteln. Mit der Reformation konstituierte sich die europäische Aufklärung, was oft in Vergessenheit gerät und durch den Film betont wird.
Dabei kommt den Film entgegen, dass das Thema Zölibat heute aktuell und wichtig erscheint. Auch die ideologische Abgrenzung zu Luther wird deutlich, was die Vielschichtigkeit der Reformationsbewegungen deutlich macht. Hier bleibt der Film historisch dezent erzählt, bleibt nah an den verfügbaren Fakten. Die eher nüchterne, unprätentiöse Inszenierung kann als der gelungenee Versuch einer genauen Beobachtung historischer Alltäglichkeit gesehen werden.
Zwingli - Der Reformator mag auf diese Weise weniger als ein ambitioniertes Werk der Filmkunst gelten, sondern als eine differenzierte filmische Verhandlung von Glaubensfragen und ethischen Entscheidungen, die das Publikum noch lange nach der Rezeption beschäftigen sollen. Aus diesem Grund bewertete die Jury den Film mehrheitlich mit dem Prädikat „besonders wertvoll“.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)