Obwohl „Adolescence“ ohnehin schon ambitioniert war, fiel den Machern noch eine besondere Idee ein – die letztlich fast gescheitert wäre.
Mit „Adolescence“ hat Netflix einmal mehr einen großen Serien-Hit an der Hand, der gefühlt völlig aus dem Nichts einschlug. Die britische Serie besticht nicht nur mit ihrem gesellschaftlich wichtigen und leider höchst aktuellem Thema, sondern auch mit einer beeindruckenden Inszenierung: Alle vier Folgen der Mini-Serie wurden als One-Take gestaltet, also jeweils in einer einzelnen Aufnahme ohne Schnitt.
Dadurch kommt es zu einigen spektakulären Momenten, unter anderem in den letzten Minuten der zweiten Episode: Die Kamera hebt da plötzlich ab, fliegt durch den Himmel und landet nach einer kurzen Reise neben Darsteller Stephen Graham.
Im Gespräch mit The Guardian gab Regisseur Philip Barantini jüngst Einblicke in die Entstehung dieser ausgefallenen Sequenz, die natürlich mit Hilfe einer Drohne erstellt wurde. So verriet er unter anderem, dass diese Aufnahme zunächst deutlich simpler gestrickt war, bevor jemandem der zündende Einfall kam:
„Die ursprüngliche Idee war, dass die Drohne einfach abhebt, über den Tatort fliegt und dann weiterfliegt. Das sollte das Ende der Episode sein. Aber dann sagte Toby Bentley, der Netflix-Executive, am Mittwoch der Drehwoche: ‚Wäre es nicht großartig, wenn wir am Ende Stephen dabei hätten?‘“
Das stellte die Verantwortlichen jedoch vor eine gewaltige Aufgabe, denn die Dreharbeiten für jede einzelne Episode fanden jeweils innerhalb einer Woche statt. Wie Stephen Graham enthüllte, drohte das Vorhaben deswegen zu scheitern:
„Wir haben jeden Tag einen Take am Morgen und einen am Nachmittag gemacht. Am Mittwoch hatte Toby seine Idee. Also dachten wir: ‚Verdammt, damit bleiben uns nur noch Donnerstag und Freitag, um es richtig zu machen.‘ Am Donnerstag waren die Winde zu stark. Am Freitagmorgen waren die Winde in Ordnung, aber die Drohne wackelte und fiel.“
Es wurde sogar schon ein Plan B entwickelt. Der sah vor, die Drohne ganz wegzulassen und die Episode mit einer Aufnahme von Graham zu beenden, der dabei vor der Schule gestanden hätte, wo der Großteil der Episode spielte. Ein Versuch blieb jedoch noch:
„Freitagnachmittag war unsere letzte Chance. Es ist der letzte Take. Mal sehen, was passiert. Alle ziehen an einem Strang. Wir sind alle bereit. Und der letzte Take ist der, den ihr seht.“
Weitere Fakten zum aktuellen Netflix-Hit findet ihr in unserem Video:
Ihr könnt den Kameramann in „Adolescence“ beim Arbeiten sehen
Regisseur Philip Barantini verriet zudem, wie die Drohnen-Szene entstand:
„Als Ashley [Walters] (Darsteller von Ermittler Bascombe, Anm. D. Red.) in seinem Auto wegfährt, haben wir ein Team, das hinter [Kameramann Matthew Lewis] herankommt und die Kamera mit einem Haken an eine Drohne hängt. Dann fliegen wir mit der Drohne über die Stadt. Währenddessen drückt Matt in seinem Van aufs Gas. Er fährt zum Endpunkt, fängt die Drohne mit zwei anderen Leuten, trennt sie ab und beginnt, in Richtung von [Stephen Grahams] Gesicht zu gehen.“
Man kann den Kameramann sogar praktisch bei der Arbeit beobachten, wie Barantini enthüllte:
„Wenn ihr es noch mal anseht, seht ihr, wie sein Van auf den Parkplatz fährt, während die Drohne landet.“
Tatsächlich ist in der Szene ein weißer Van zu sehen, der unter der Drohne auf den Parkplatz einfährt, auf dem kurz darauf Stephen Graham zu sehen ist. In diesem Auto befand sich also Matthew Lewis und ermöglichte so mit seinem Einsatz, dass die spektakuläre „Adolescence“-Szene im letzten Versuch doch noch gelang.