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„Avatar“-Kritik: Lohnt sich die Netflix-Adaption einer der besten Serien aller Zeiten?

„Avatar“-Kritik: Lohnt sich die Netflix-Adaption einer der besten Serien aller Zeiten?
© Netflix

Gespannt und angespannt blicken „Avatar“-Fans auf den Start der Adaption auf Netflix. Kann die Live-Action-Version an den Erfolg von „One Piece“ anschließen oder droht ein neues „Cowboy Bebop“?

Nach dem erfolgreichsten Manga aller Zeiten wagt sich Netflix an eine Adaption der laut IMDb immerhin siebtbesten Serie aller Zeiten: „Avatar – Der Herr der Elemente“. Live-Action-Umsetzungen haben bei dem Streamingdienst inzwischen fast schon Tradition, wirklich gelungen ist in den Augen der meisten allerdings nur „One Piece“. Dem gegenüber stehen vor allem kritisierte Versuche wie „Cowboy Bebop“ und „Death Note“.

Da der erste Versuch einer Live-Action-Adaption mit der Realverfilmung von M. Night Shyamalan krachend scheiterte – die Fans verschweigen die Existenz von „Die Legende von Aang“ sogar gerne gänzlich –, befürchten etliche das Schlimmste. Dass die „Avatar“-Schöpfer Bryan Konietzko und Michael Dante DiMartino die Netflix-Serie aufgrund kreativer Differenzen verließen, versprüht ebenfalls wenig Zuversicht. Die ersten Trailer wussten hingegen zumindest optisch zu überzeugen:

Lohnt sich also nun das Einschalten von „Avatar – Der Herr der Elemente“? Unser Fazit fällt tatsächlich gemischt aus, aber lest selbst.

Celina: Sehenswerte Fantasy-Serie und solide Adaption eines Meisterwerks

Nach „One Piece“ war ich optimistisch, dass Netflix eine gute Live-Action-Adaption von der geliebten Zeichentrickserie „Avatar – Der Herr der Elemente“ liefern kann. Lediglich die Tatsache, dass die Schöpfer der Originalserie aufgrund von „kreativen Differenzen“ von der Produktion zurücktraten, dämpfte meine Erwartungen. Schließlich haben „Avatar“-Fans, mich eingeschlossen, das Trauma von „Die Legende von Aang“ bis heute nicht überwunden und werden es vermutlich auch nie ganz.

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Der erste Trailer und die vorab von Netflix veröffentlichten Charakterbilder stimmten mich allerdings positiv und ich freute mich tatsächlich auf die Live-Action-Serie. Nachdem ich nun alle acht Folgen gesehen habe, kann ich sagen, dass Netflix‘ „Avatar – Der Herr der Elemente“ nicht nur für „Avatar“-Fans sehenswert ist, sondern auch anderen Fantasy-Fans einen tollen Einstieg in die vielseitige Welt von Avatar Aang bietet. Vermutlich gefällt die Live-Action-Serie sogar jenen, die das Orignal nicht kennen, etwas besser als den eingefleischten Fans, die die Zeichentrickserie zu Recht als eine der besten aller Zeiten werten. Die Netflix-Adaption hat es sicherlich schwer, in solch große Fußstapfen zu treten und kann meiner Meinung nicht ganz an das Original heranreichen, liefert aber dennoch ein solides und unterhaltsames Ergebnis, das insbesondere ab der zweiten Folge mitreißender wird.

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Versprochen wurde uns eine originalgetreue Neuauflage und die liefert uns die Netflix-Adaption im Großen und Ganzen. Zwar gibt es viele kleinere Änderungen bei einigen Details und Handlungsabläufen (die Netflix-Serie verknüpft die einzelnen Handlungsstränge früher und fasst sich bei den einzelnen Entdeckungsabenteuern von Team Avatar deutlich kürzer) und die Tonalität ist gerade bei den heiteren Momenten ernster als die Zeichentrickserie. Die Netflix-Serie ist aber für sich betrachtet stimmig und funktioniert insgesamt gut. Positiv war für mich auch die Tatsache, dass wir erstmals Ereignisse gezeigt bekommen, die so in der animierten Serie nie zu sehen waren, wie beispielsweise den Angriff der Feuernation auf den Südlichen Lufttempel.

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Durch Straffungen wirken jedoch einige Charakterentwicklungen zu schnell und insgesamt weniger charismatisch als in der animierten Vorlage. Während die Änderung rund um Sozins Kometen durchaus nachvollziehbar ist, fehlen beispielsweise der komplexen Figur Sokka durch den „feministischeren“ Feinschliff jene Ecken und Kanten, die im Original wichtig für seine spätere, starke Charakterentwicklung sind. Auch Aang fehlt etwas von seinem typisch leichtmütigen Charme, der im Kontrast zu seiner schweren Lebenslast steht. An manchen Stellen lässt die Netflix-Serie im Vergleich zum Original etwas das komödiantische Timing vermissen, dafür konnte sie bei mir in Sachen Emotionalität mit einigen überraschend rührenden und teilweise sogar schaurigen Momenten punkten.

Letztendlich ist Netflix‘ „Avatar: Der Herr der Elemente“ eine unterhaltsame Fantasy-Serie, die das hervorragende Ausgangsmaterial solide adaptiert und meine Erwartungen erfüllen, allerdings nicht großartig übertreffen konnte. Wer nach den Trailern Lust auf die Netflix-Serie bekommen hat, wird auch (oder eben gerade) als Nicht-„Avatar“-Fan sicherlich Spaß haben. Mindestens um mitreden zu können, ist die Neuauflage natürlich Pflicht für alle unbändigen Fans der Fantasy-Welt rund um Avatar Aang.

Andi: Kein Vergleich zum Original

Wie etliche andere wurde ich durch den Netflix-Hype während der Corona-Pandemie auf „Avatar – Der Herr der Elemente“ aufmerksam – und zum Glück, kann ich da nur schreiben! Auch dank der alles in allem fantastischen Fortsetzung „Die Legende von Korra“ ist „Avatar“ schnell zu meinem Lieblingsfranchise geworden. Inzwischen besitze ich etliche Comics, Bücher und Merchandise und es juckt mich schon wieder in den Fingern, die beiden Serien erneut zu sehen.

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Durch meine Liebe für das Original lässt sich leicht meine Skepsis für die Adaption erklären. Mit Blick auf den Film, der nicht genannt werden soll, halte ich es frei nach Boromir aus „Der Herr der Ringe“: „Avatar“ hat keine Live-Action-Adaption. „Avatar“ braucht keine Live-Action-Adaption.

Nach der Sichtung der Netflix-Fassung muss ich jetzt festhalten: Ich bleibe tatsächlich lieber beim Original. 

Wenig überraschend muss die neue Version einiges ändern, um die Handlungen der eigentlich circa 20 Minuten andauernden 20 Folgen in acht längere Episoden zu pressen. Zudem sind die Narrative deutlich linearer; die Sehgewohnheiten haben sich schließlich geändert, die klassischen „Abenteuer der Woche“-Formate ziehen heutzutage nicht mehr so. Die größte Überraschung war für mich allerdings, dass ich mit dem Gros dieser Änderungen gar kein wirkliches Problem habe.

Die Verantwortlichen haben es durchaus gut verstanden, die Handlungen verschiedener Original-Folgen zu kombinieren und ein insgesamt stimmiges Ganzes daraus zu basteln. Natürlich: Manche Änderungen waren in meinen Augen unnötig, beispielsweise das Zhao (Ken Leung) plötzlich ein Niemand im Militär der Feuernation ist oder Sokkas gestrichene Charakterentwicklung, die auch heutzutage noch relevant gewesen wäre. Aber alles in allem konnte ich in fast jeder Entscheidung, narrativ vom Original abzuweichen, einen Sinn erkennen, wodurch sie für mich kein Knackpunkt waren; außer die frühe Etablierung von Azula (Elizabeth Yu): Das deutliche, mehrfache Aufzeigen ihres eigentlich erst später offenbarten inneren Konflikts sind verschenktes Potenzial.

Dennoch scheitert die Netflix-Serie meiner Meinung nach in mehreren Punkten daran, die Magie der Zeichentrickserie einzufangen. Die Verantwortlichen haben sich beispielsweise dazu entschieden, deutlich düsterere, brutalere Darstellungen zu wählen; anscheinend möchte man ein älteres Publikum ansprechen. Dem fallen allerdings Humor und die Leichtigkeit des Originals zum Opfer. Eine Stärke der Zeichentrickserie ist es ja gerade, diese auflockernden Elemente den ernsten Themen gegenüberzustellen. Durch die neue Erzählstruktur gibt es viel weniger Szenen, in denen Aang (Gordon Cormier), Katara (Kiawentiio) und Sokka (Ian Ousley) eine außerordentlich starke Freundschaft aufbauen und zu einem Team werden; ganz zu schweigen davon, dass mein MVP Momo offenbar zu teuer zum Animieren war und deswegen genau wie Appa praktisch keine Rolle spielt. Zugleich wollte man offensichtlich die bekannten humoristischen Einlagen nicht wiederholen, die Eigenkreationen verblassen jedoch leider im Vergleich; Sokka ist weiterhin eine der witzigsten Figuren… aber nicht mal ansatzweise so unterhaltsam wie sein Zeichentrick-Pendant.

Dass die veränderte Struktur ihre Probleme mit sich bringt, wird auch bei den Dialogen deutlich. Schließlich muss die Netflix-Serie einiges an neuem Kitt erfinden, um die Übergänge zwischen ursprünglich getrennten Handlungen herzustellen. Dabei fällt die Adaption in die leider weitverbreitete Falle, die Figuren viel zu viel sagen zu lassen. Ihre innersten Emotionen, Absichten, Ängste – all das und viel mehr wird einfach direkt in oftmals monologartig wirkenden Sequenzen ausgesprochen. Das wirkte auf mich an etlichen Stellen äußerst plump, weil uns Zuschauer*innen nicht zugetraut wird, mitzudenken und das Innenleben der Figuren selbst zu entschlüsseln. Darunter leiden gerade die zwischenmenschlichen Szenen und entsprechend die Beziehungen der Figuren zueinander, weil sie sich nicht organisch aufbauen und entfalten können.

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Besonders Onkel Iroh (Paul Sun-Hyung Lee), der gemeinhin beliebteste Charakter des ganzen Franchise, ist ein Schatten seiner Selbst. Das liegt nicht am Darsteller, sondern an dem, mit dem er arbeiten muss. Original-Iroh glänzte mit philosophischen, moralischen Ratschlägen, war eine stets freundliche, respektvolle Person, bei der zugleich immer klar blieb, dass sie zu den mächtigsten Figuren gehört. In der Netflix-Serie wird er hingegen am Anfang auf seine Vorliebe für Tee fast schon reduziert, was witzig gemeint war, aber wie mit dem Vorschlaghammer umgesetzt wirkte. Seine Weisheit verblasst ebenso wie Sokkas Humor im Vergleich zum Original.

Für mich gehört das „Avatar“-Franchise auch mit zum Besten, was man in Sachen Action-Inszenierung geboten bekommen kann. Das Zeugnis der Adaption lautet jedoch leider „war stets bemüht“. Wirklich packende Choreografien kommen aufgrund der vielen Schnitte nicht zustande, zudem sind die Kämpfe im Vergleich auch nicht so umfangreich gestaltet. Das ist eben eines der Probleme einer Live-Action-Umsetzung: Budget und physische Grenzen sorgen dafür, dass Zeichentrick beziehungsweise Animation einen klaren Vorteil hinsichtlich des Spektakels hat.

Würde ich das Original nicht kennen, hätte ich mit Netflix‘ „Avatar – Der Herr der Elemente“ sicherlich deutlich mehr Spaß gehabt und es insgesamt wohl als vielversprechende Fantasy-Serie abgeheftet; wobei die Dialoge und Charakterzeichnungen garantiert trotzdem einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen hätten. Die Frage, ob sich die Sichtung lohnt, hängt jedoch für mich untrennbar mit der Zeichentrickserie zusammen und da fällt das Urteil für mich klar aus: Ich vermisse hier einen eigenen künstlerischen Wert. Es fühlt sich mehr wie das Aufwärmen des Originals an, verbunden mit der Fingerübung, die fantastischen Orte realistisch darzustellen. Es nimmt nicht einmal mehr Zeit in Anspruch, die Zeichentrickserie zu sehen, sie ist qualitativ in fast jeglicher Hinsicht überlegen – lediglich bei der Optik (Zeichentrickstil von 2005 im Vergleich zu einer Live-Action-Adaption von 2024) würde ich mit mir streiten lassen. Doch wenn ich die Action betrachte, ist selbst dieses Argument schon wieder obsolet…

Ihr fühlt euch in der Welt von Aang und Co. wie zu Hause? Dann sollte dieses Quiz kein Problem für euch sein:

Quiz zu „Avatar – Der Herr der Elemente“: Kannst du 13/15 Fragen richtig beantworten?

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