Hier stellt die kino.de-Redaktion ihre persönlichen Highlights vor. Neben den üblichen Verdächtigen findet ihr auch einige Geheimtipps. Hier findet ihr das Top-Ten-Ranking basierend auf den Bewertungen der einschlägigen Filmseiten.
Marek Bang – „Matrjoschka“
Und täglich grüßt die Matrjoschka: Natasha Lyonne, die viele noch als Jessica aus den „American Pie“-Filmen kennen dürften, spielt eine New Yorkerin, die an ihrem 36. Geburtstag in eine Zeitschleife gerät und Tag auf Tag das Zeitliche segnet. Die kurzweilige Serie nähert sich ihrem altbekannten Thema mit viel schwarzem Humor und kann ihm dank frischer Gesichter und überraschender Wendungen tatsächlich neues Leben einhauchen.
„Matrjoschka“ könnt ihr auf Netflix sehen.
Helena Ceredov – „Unbelievable“
Einfach unglaublich, besser kann man die Mini-Serie basierend auf einem Pulitzer Preis-ausgezeichneten Artikel von 2015 nicht beschreiben. „Unbelievable“ zeigt die schockierenden Gründe dafür, warum die Aufklärungsrate bei Vergewaltigungen so niedrig ist. Das heikle Thema wird höchst einfühlsam und respektvoll aufgearbeitet. Die Frauen nicht nur als leidende Opfer, sondern auch als starke Kämpferinnen gezeigt – ohne dabei die schweren psychischen Folgen außer Acht zu lassen. Nein, für einen lustigen Serienabend ist „Unbelievable“ nichts. Wer sich für eine realistische Darstellung der Polizeiarbeit interessiert und die tollen Darstellerinnen mag (allen voran Toni Collette, Merritt Weaver, Kaitlyn Dever) sollte sich die Netflix-Serie trotzdem unbedingt ansehen.
Platz 2: „Doom Patrol“
Platz 3: „Sex Education“
Gregor Elsholz – „I Think You Should Leave“
Eine Sketch-Comedy-Serie, deren Humor irgendwo zwischen Monty Python und The Lonely Island angesiedelt ist. Jede Folge von „I Think You Should Leave“ ist ein surreales Mosaik aus überraschenden Eskalationen, unangenehmer Situationskomik und absurden Gastauftritten. Bizarr, bescheuert und brillant. Die Serie findet ihr auf Netflix.
Platz 2: „Kingdom“
Platz 3: „Derry Girls“ Staffel 2
Andreas Engelhardt und Sebastian Werner – „Chernobyl“
Andreas Engelhardt: Ich hatte mir vor Jahren einige Dokumentationen über die Tschernobyl-Katastrophe angesehen – und doch hat mich die diesjährige Serie kalt erwischt. „Chernobyl“ inszeniert das ungreifbare Grauen glänzend auf nüchterne Art, ohne aber die Emotionen zu kurz kommen zu lassen, was bei einem Ereignis dieser Tragweite die perfekte Wahl ist. Großartige Leistungen der Schauspieler*innen, tolle Dialoge, ein fesselnder, einzigartiger Soundtrack und die gezielte Aufbereitung der großen Themen tun ihr Übriges. Denn „Chernobyl“ hat trotz des eh schon gewaltigen Unglücks, das abgedeckt werden muss, die Muße, gekonnt auf die Hintergründe, den Parteiapparat und sein Lügengebäude und tragische Einzelschicksale einzugehen. Auf „Chernobyl“ muss man Lust haben – aber dann belohnt einen die Serie auch mit ihrer grandiosen Qualität auf allen Ebenen.
Platz 2: „BoJack Horseman“ Staffel 6
Platz 3: „Dark“ Staffel 2
Sebastian Werner: Selten habe ich bei einer Serie so fassungslos, ohnmächtig und wütend vor dem Fernseher gesessen, wie bei „Chernobyl“. Mit ansehen zu müssen, wie der russische Staat sprichwörtlich über Leichen geht (beziehungsweise damals wirklich gegangen ist), nur um den Schein von der Überlegenheit des Sozialismus zu wahren, ist wirklich schwer zu ertragen. Da ich in der DDR aufgewachsen bin und diese Propaganda hautnah miterlebt habe, ist der Horror der Ereignisse für mich noch viel unmittelbarer. „Chernobyl“ ist in meinen Augen die beste und wichtigste Serie des Jahres, wenn nicht des Jahrzehnts.
Platz 2: „Watchmen“
Platz 3: „Mindhunter“ Staffel 2
Susan Engels und Dennis Gottschalk – „Euphoria“
Susan Engels: „Euphoria“ ist düster, themen- und bildgewaltig. In der kontrovers diskutierten HBO-Serie geht es um Drogen, Sex, Missbrauch und Identitätsfindung. Die durchweg großartige Besetzung, ein genialer Soundtrack und die schonungslose Darstellung problembehafteter Biografien und emotionaler Abhängigkeit, macht die Serie für mich zur besten des Jahres.
Wer eine „Teenie-Serie“ mit Tiefgang, drastischer Schönheit und einem realistischen Einblick in die Gefühlsblessuren der Generation Z sucht, wird „Euphoria“ lieben! Die Serie findet ihr bei Sky.
Platz 2: „Mindhunter“ Staffel 2
Platz 3: „Chernobyl“
Peer Göbel – „Good Omens“
Fast 30 Jahre mussten Fans auf die Verfilmung des Buchs von Terry Pratchett und Neil Gaiman warten, herauskam eine rasante sechsteilige BBC-Miniserie. Die Grundidee: Ein Engel und ein Dämon arbeiten heimlich zusammen, um die Apokalypse aufzuhalten. „Good Omens“ ist ein großer Spaß, mit einem brillanten David Tennant, viel britischem Humor und einigen Seitenhieben auf Gott und die Welt.
Kristina Kielblock – „The Boys“
„The Boys“ basiert auf einem Comic von Garth Ennis und Darick Robertson und erzählt von der korrupten Seite der allseits so beliebten Superhelden. Ennis ist erklärtermaßen kein Superhelden-Fan und orientiert sich eng an den krassen Comics. Daher ist die Serie frühestens ab 16 Jahren zu empfehlen. Wem die Vergötterung der Marvel-Helden auf den Wecker geht, wird sich von dieser Serie verstanden fühlen.
Platz 2 „The Purge“ Staffel 2
Außerdem hat mich in diesem Jahr „The Purge“ Staffel 2 positiv überrascht. Nachdem die erste Staffel ausgesprochen langweilig war, bietet die zweite Staffel eine interessante Prämisse und eine spannende Geschichte.
Platz 3: „Skylines“
Zu guter Letzt hat mich „Skylines“ mit echtem Frankfurter Flair überzeugt, leider hat Netflix die Serie nicht verlängert.
Anne Nauditt – „Skylines“
Der talentierte Hip-Hop-Produzent Jinn erhält die Chance seines Lebens: einen Vertrag beim Frankfurter Label „Syklines“. Doch als der Bruder des Labelchefs und berühmten Rappers Kalifa aus dem Nichts wieder auftaucht, fangen die Probleme an – Drogen, Gewalt, Verrat. Und genau dann, wenn die Serie so richtig spannend wird, ist sie leider auch schon wieder vorbei. Die kurzweilige Netflix-Produktion sorgt durch Auftritte von echten Rapper*innen wie Azad, Olexesh und Nura für Authentizität und überzeugt mit der besonderen Dynamik zwischen Produzent Jinn und der kriminellen Zilan. Wie es mit den Charakteren von Edin Hasanovic, Murathan Muslu und Peri Baumeister weitergeht, erfahren wir leider nicht, denn Netflix hat sich gegen eine zweite Staffel entschieden. Nichtsdestotrotz, wer Serien wie „4 Blocks“ mag und sich für die Hip-Hop-Szene interessiert, sollte sich die sechs Episoden „Syklines“ nicht entgehen lassen!
Platz 2: „4 Blocks“ Staffel 3
Platz 3: „Dark“ Staffel 2
Teresa Otto – „Modern Love“
„Modern Love“ ist eine Anthologie-Serie mit viel Herz, großen Schicksalen und persönlichen Geschichten. Basierend auf der gleichnamigen Kolumne in der New York Times stürzen sich A-Lister wie Anne Hathaway, Andy Garcia oder Tina Fey auf die begehrten Rollen, die sich allen Facetten der Liebe widmen. Von der ersten Begegnung, der großen Liebe, der platonischen Freundschaft, verpassten Chancen und dem Stadium kurz vor dem Ende – in 8 Folgen à 30 Minuten wird alles thematisiert. Kreiert wurde die Amazon-Prime-Serie von einem Iren mit Musik im Blut: John Carney inszenierte bereits in „Can A Song Save Your Life?“ eine filmische Liebeserklärung an New York.
Platz 2: „The Crown“ Staffel 3
Platz 3: „Crazy Ex-Girlfriend“ Staffel 4
Philipp Schleinig – „Fleabag“ Staffel 2
Was Serienschöpferin und Hauptdarstellerin Phoebe Waller-Bridge mit „Fleabag“ geschaffen hat, darf in meinen Augen zu Recht als eine Meisterleistung bezeichnet werden. Die Tragikomödie lässt uns am Leben von Fleabag teilhaben – eine Mittdreißigerin, die mit typischen Problemen einer dysfunktionalen Familie, schwierigen Beziehungen und der Selbstständigkeit zu kämpfen hat. Wäre da nicht aber die große Tragik in der Geschichte, die uns schon in den ersten Folgen klarmacht, dass die Serie neben dem treffsicheren schwarzen Humor auch noch eine ganz andere Seite zu bieten hat.
„Fleabag“ ist witzig, todtraurig, intelligent, überraschend und emotional – und es ist dieser nachvollziehbare, weil realistische Ansatz vom Konzept „Leben“, das plötzliche und unerwartete Tief nach dem Hoch, der die Serie in zwei Staffeln zu einem zeitlosen Klassiker avancieren lässt.
In Staffel 2 stößt zudem Andrew Scott („Sherlock“) zum ohnehin schon fantastischen Cast und überzeugt als Priester, der seinen Einstand in der ersten Folge gibt, die wiederum allein für sich gesehen bereits eine Meisterleistung von Serieninszenierung ist.
Mehr als diese insgesamt 12 Folgen aus zwei Staffeln wird es von „Fleabag“ wohl nicht geben, denn Waller-Bridge hat es genau auf dieses Konzept angelegt, leider und gut so.
Platz 2: „The Crown“ Staffel 3
Platz 3: „Chernobyl“