Das Staffel-Finale von “Die Ringe der Macht“ enthüllt die Antwort auf die größte Frage: Wer ist Sauron?
+++ Spoiler-Warnung: Wer Folge 8 noch nicht gesehen hat, sollte dies vorher tun, um sich die Spannung nicht zu nehmen. +++
Wie viele Spekulationen erfolgten schon nach den ersten Trailern und erst recht nach den ersten Folgen der “Ringe der Macht“, welche Figur in der Serie Sauron sein könnte (sei es die blasse Gestalt mit der Kapuze, der Meteoriten-Mann, oder der “Vater“ der Orks Adar) und wann der Dunkle Herr auf dunklem Thron endlich auftauchen würde. Die Produktion hielt zudem bis zur letzten Folge geheim, wer für Sauron gecastet wurde.
Wer ist Sauron in „Die Ringe der Macht“?
Das Finale der ersten Staffel von “Die Ringe der Macht“ enthüllt nun den großen Gegenspieler, und den Showrunnern der Amazon-Serie ist ein wahrer Coup gelungen: Sauron war schon seit diversen Folgen zu sehen, aber noch nicht enthüllt. Die Showrunnern Patrick McKay und JD Payne können hier die Tolkiensche Welt um eine stimmige, epische, tragische Geschichte erweitern, die zentrale Figuren berührt und ihnen mehr Tiefe gibt – ohne grob dem Tolkien-Erbe zu widersprechen. Denn Sauron war die ganze Zeit sichtbar, in plain sight. Er reiste an der Seite von Galadriel, rettete ihr das Leben, wird von ihr erst überredet, nach Mittelerde zurückzukehren. Und wurde von Galadriel dorthin gebracht, wo die Ringe der Macht geschmiedet werden. Was? Wer? Genau, die Rede ist von Halbrand. Wir hatten uns schon vor Wochen festgelegt, und jetzt ist es raus: H=S.
H=S – Halbrand ist Sauron
Seit einigen Wochen verfolgen wir hier die Spur und sammeln Hinweise, die auf Halbrand als Sauron hindeuten. Die letzte Episode warf nochmal mit den Mystikerinnen und dem „Fremden“ eine Nebelkerze, und dann kam der Paukenschlag. Hier als Liste: die Hinweise und die Auflösung der Halbrand-Theorie.
- Halbrand hilft beim Schmieden der Ringe, gibt sogar die entscheidenden Anstöße. Das ist die Rolle, die bei Tolkien verbrieft ist: Sauron schmiedet zusammen mit Celebrimbor die Ringe.
- Er enthüllt seine Identität gegenüber Galadriel und versucht, sie auf seine Seite zu ziehen.
- Die Auflösung kam dann doch ziemlich schnell, innerhalb einer halben Folge, aber Hinweise waren schon lange da. Von Anfang an war in den Textzeilen von Halbrand eine Doppeldeutigkeit angelegt – die Folgen zu sehen mit der Annahme, dass sich Halbrand als Sauron entpuppen würde, war ein besonderer Genuss. Seine Äußerungen waren keine Lügen, sondern passten in beide Versionen, z.B. gegenüber Galadriel: “Ich bin nicht der Held, den du suchst.“
- Auch in Folge 8 gab es dazu ein schönes Beispiel. Halbrand sagt zu Galadriel: „Someone like me – working with the Elven smiths of Eregion!“ („Wer hätte gedacht, dass jemand wie ich mit den Elbenschmieden von Eregion arbeitet!“)
- Folge 7 schien zunächst wenig zu der Frage nach Sauron beizutragen, aber endete mit einer entscheidenden Wendung: Galadriel bricht mit dem verletzten Halbrand auf, um ihn zu den Elben zu bringen. Also dorthin, wo die Ringe der Macht geschmiedet werden. Er kommt als Freund, ist ein hervorragender Schmied, und zur Zusammenarbeit mit den elbischen Schmieden war es nur noch ein kleiner Schritt. Das ließ alle anderen Sauron-Kandidaten erblassen und war deutlich stimmiger, als den bei Tolkien hinterlegten Charakter „Annatar“ plötzlich in der zweiten Staffel auftauchen zu lassen.
- Folge 6 enthielt ebenfalls einen starken Hinweis: Halbrand erkennt Adar wieder – als denjenigen, der ihn getötet hat. Adar wiederum erkennt ihn nicht, da Sauron in neuer Gestalt auftritt. Zu den Vermutungen, Halbrand habe eine Frau oder ein Kind durch Adar verloren, sagt dieser nichts.
- Adars Bericht, Sauron sei tot, denn er habe ihn getötet, passt zur Hintergrundgeschichte von Halbrand, der Galadriel bei ihrem ersten Treffen sagte, er sei von Orks aus seiner Heimat vertrieben worden. Seine körperliche Form wurde damals getötet, sein Geist nahm dann schließlich die Gestalt von Halbrand an. Daher erkennt ihn Adar nicht wieder, da er vermutlich beim letzten Zusammentreffen völlig anders aussah.
- Auf die Frage von Bronwyn: „Seid ihr der König, der uns versprochen wurde?“ Antwortet Halbrand nur sehr vage mit „Ja“ – ein fast tragischer Zug liegt in seinem Blick.
- In Folge 5 entschuldigt er sich bei Galadriel für den Tod ihres Bruders – den er als Sauron tatsächlich auf dem Gewissen hat.
- Hier einige Halbrand-Zitate aus der fünften Folge: “Du weißt nicht, was ich getan habe. Du weißt nicht, wie ich überlebt habe.“ “Was weißt du von der Dunkelheit?“
- Aber auch in den früheren Folgen passen seine Aussagen: Sein Name hänge davon ab, “wen man fragt“. Bei seiner ersten Begegnung mit Galadriel: “Das Aussehen kann auch trügen.“
- Für Halbrand gibt es keine Vorlage bei Tolkien, trotzdem hat er (anders als die anderen neu erfundenen Charaktere Nori, Arondir, Adar etc.) mit den wichtigsten historischen Figuren zu tun (Galadriel, Elendil, dem Numenorischen Königshaus) – die Drehbuchautoren haben mit ihm also definitiv etwas Wichtiges vor.
- Die erste Staffel lief und lief, und es schien immer unwahrscheinlicher, dass Sauron bisher nicht vorgestellt wurde und einfach als neue Figur auftaucht (z.B. plötzlich eine Figur namens Annatar die elbischen Schmiede besucht) oder unter dem Schicksalsberg erscheint.
- Halbrands Hintergrund ist gleichzeitig spezifisch wie unklar: ein König aus den “Südlanden“ (also Mordor), der für das Böse gekämpft hat.
- Er richtet Galadriels Blick erst auf die Südlande: In Folge zwei enthüllt er, dass er von dort von den Orks vertrieben wurde.
- Das erste, wofür sich Halbrand auf Numenor interessiert, ist das Schmieden. Er stellt später eine Schwertklinge her, von der sogar die Gildenmeister beeindruckt sind.
- Als er von den Numenorern angegriffen wird, kämpft Halbrand skrupellos und brutal. Er hat kein Problem damit, den Menschen um ihm herum wehzutun, genau wie die anderen Mitreisenden auf dem Floß dem Seeungeheuer zu opfern, um selbst zu entkommen.
- Zwar gibt es bei Tolkien keinen Halbrand, aber er passt in Tolkiens Erklärung hinein, dass Sauron im Zweiten Zeitalter in verschiedenen Gestalten erschienen ist.
- Der Elbenkönig Gil-galad prophezeit in der ersten Folge: Galadriel hätte mit ihrer fortgesetzten Suche vielleicht gerade das Böse am Leben erhalten, das sie besiegen wollte. Und genau so kommt es nun.
- Hinweise sind sogar im Soundtrack versteckt: Das “Halbrand’s Theme“ besteht aus derselben Tonfolge wie das “Sauron’s Theme“ – nur rückwärts gespielt. Kein Scheiß. Und das haben Leute auf Reddit schon vor rund einem Monat herausgefunden. Bei einem klassisch ausgebildeten Komponisten wie Bear McCreary ist ein solches Verfahren kein Zufall.
- Showrunner JD Payne sagte gegenüber Gamesradar: “Wir können verraten, wenn Sauron erscheint, könnte das auf eine Weise sein, die das Publikum nicht erwartet.“
- Die allererste Zeile in “Die Ringe der Macht“ lautet: “Nichts ist von Beginn an böse.“ Was hier Galadriel in den Mund gelegt wird, stammt aus Tolkiens Feder im Herrn der Ringe. Elrond spricht dort explizit von Sauron: “Denn nichts ist böse von Anfang an. Selbst Sauron war es nicht.“ (Band 1, S. 405)
Was uns in der zweiten Staffel der Serie erwarten dürfte, verraten wir euch im Video:
Zuletzt hatten wir hier noch vermutet, dass die Sauron-Auflösung erst in Staffel 2 erfolgt. Das Finale hat nun die anderen Theorien ausgeschlossen – dass sich Halbrand doch “nur“ als kommender Nazgul entpuppt, oder als König der Toten später im Herrn der Ringe sein Versprechen einlöst. Genauso hatten wir hier auch spekuliert, ob er Galadriel auf seine Seite zu bringen versucht – we told you so. Die Frage nach Sauron ist also nicht mehr der große Cliffhanger bis zum Start der neuen Staffel, aber uns stehen noch ganz andere große Ereignisse aus Tolkiens Vorlage bevor: