Trotz drastischer Zukunftsszenarien kann man nicht sagen, dass das Thema Klimawandel oder das Genre Ökothriller in den vergangenen Jahren in der Filmwelt außerordentlich präsent gewesen wären. Mit „Der Schwarm“ legte das ZDF 2023 immerhin eine aufwändige und millionenschwere Serien-Produktion in dem Genre vor, und auch die Streaminganbieter Netflix, Apple TV+ u.a. nahmen sich zuletzt häufiger des Themas an. Hier kommen 7 (und einige mehr) Empfehlungen für ausgezeichnete Spielfilme und Serien, die sich um Umwelt, Natur und die Rolle des Menschen darin drehen.
1. „Der Schwarm“ (2023)
Zwar wehren sich Autor und Cast mit Händen und Füßen gegen die Bezeichnung „Öko-Thriller“, aber wenn diese Story keine Allegorie auf Mensch vs. Natur sein soll, dann weiß ich auch nicht. Die achtteilige Serie ist die teuerste ZDF-Serie aller Zeiten, und das sieht man dem „Schwarm“ auch an: weltweite Schauplätze, starke Unterwasserszenen, ausgezeichnetes CGI und Effekte. Zur Handlung: Das Meer und seine bewohnenden Spezies beginnen weltweit, Menschen anzugreifen - von Orcas und Krebsen zu pandemischen Fischen und Tsunamis. Das Wissenschafts-Ensemble versucht der Sache auf den Grund zu gehen und trifft auf eine zuvor unbekannte Intelligenz.
„Der Schwarm“ traf 2023 auf gemischte Kritiken, auch bei Bestseller-Autor Frank Schätzing selbst, ist aber letztlich ein spannender Wissenschaftsthriller mit faszinierender Prämisse.
2. „Extrapolations“ (2023)
Die Serie „Extrapolations“ wollte 2023 genau das sein, wogegen sich der „Schwarm“ wehrt: eine warnende Vorschau auf die nahe Zukunft unter den Umständen der Klimakatastrophe. So könnte es aussehen, 2037 bis 2070, wenn wir ungefähr so weitermachen.
Bei der Besetzung kommt man aus dem Staunen kaum heraus: Neben Kit Harington („Game of Thrones“), den man als aalglatten Konzernboss kaum erkennt, tauchen zahlreiche Stars auf wie Meryl Streep, Edward Norton, Tobey Maguire, Diane Lane, David Schwimmer („Friends“), Indira Varma („Game of Thrones“). Hochkarätig ist da noch untertrieben. Showrunner Scott Z. Burns schrieb vorher u.a. die genaue und packende Pandemie-Vorhersage „Contagion“, auch „Extrapolations“ ist ein plausibler Entwurf. Als Anthologieserie mit einem großen Bogen erzählt jede einzelne Folge einen Aspekt oder Schauplatz der großen Klima-Veränderung: von der unter den Meeresspiegel sinkenden Synagoge in Miami über den allerletzten Buckelwal bis zu Sonnenstürmen in Indien - und benennt auch die Schuldigen: Die Menschheit hat sich um die Gegenwart gekümmert, nicht um die Zukunft. Realpolitik und Konzerne treiben die Welt in den Untergang.
3. „Don’t Look Up“ (2021)
„Don’t Look Up“ (2021) ist eher eine schwarze Komödie als ein Öko-Thriller: Der Klimawandel kommt hier in Form eines Kometen auf die Erde zu, den ein Großteil der Menschen und Medien einfach ignoriert. Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence versuchen als Wissenschaftler*innen eine Öffentlichkeit und die Politik zu erreichen, doch der ist es egal. Eine apokalyptische Satire und Abrechnung mit Social Media, Oberflächlichkeit und Fake-News - bis zum bitteren Ende.
4. „The Last of Us“ (2023)
Was, „The Last of Us“ als Öko-Schmöko-Serie? Das ging vielleicht unter, aber: In „The Last of Us“ (Serie wie Spiel) wird der Klimawandel verantwortlich gemacht für die Mutation des Cordyceps-Pilzes, der in der nahen Zukunft einen Großteil der Menschheit auslöscht. Die wunderschönen Szenenbilder zeigen die Natur, die sich die Ruinen der menschlichen Zivilisation zurückerobert. Und wer so will, kann Zombiefilme auch generell als Gleichnisse auf die Vergänglichkeit des Menschen vor der Macht der Natur lesen. Einer der größten Serien-Neustarts 2023 stellte gleichermaßen Fans, Kritik und Publikum zufrieden, „The Last of Us“ ist die Zombieserie für Leute, die keine Zombieserien mögen.
5. „Okja“ (2017)
Der südkoreanische Oscar-Preisträger Bong Joon-ho („Parasite“) muss mit mehreren Filmen in dieser Liste auftauchen: „The Host“ (2006) ist ein vielschichtiger Genremix aus Monsterfilm/Familiendrama/ Komödie/Gesellschaftsdrama, in dem die menschengemachte Verschmutzung mit Chemikalien ein Monster auf Seoul losgehen lässt.
„Snowpiercer“ (2013) spielt in einer Zukunft, in der eine Geoengineering-Maßnahme gegen die Erderwärmung fehlgeschlagen ist und eine neue Eiszeit herbeiführte. Die letzten menschlichen Überlebenden fahren mit einem Zug durch eisige Landschaften, streng getrennt nach Klassen.
Und nicht zuletzt „Okja“ (2017), das als eine Art Abenteuerfilm ebenfalls Gesellschaft und Natur verhandelt, Tierrechte und Konzerne. Alle drei Bong-Joon-ho-Filme sind Meisterwerke für sich.
„The Host“ bei Amazon Prime sehen
„Snowpiercer“ bei Netflix
„Okja“ bei Netflix
6. „Soylent Green“ (1977)
„Soylent Green“ von 1977 gilt als einer der ersten Öko-Thriller und hat diverse popkulturelle Referenzen nach sich gezogen (in Songs, bei den Simpsons, und Fans von den Ärzten ist vielleicht die Vorläuferband „Soilent Grün“ ein Begriff). Charlton Heston spielt einen Polizisten im New York des Jahres 2022, in einer Welt, die weitestgehend von der Menschheit und Kapitalismus verschmutzt und zerstört wurde. Die meisten Menschen haben keinen Zugang zu ausreichend Wasser und Nahrung, statt Obst und Gemüse gibt es das künstliche Essen „Soylent Rot“, „Soylent Gelb“ und „Soylent Grün“ (jetzt neu!).
Bemerkenswert: Die krasse Enthüllung, für die der Film meistens zitiert wird, ist in der Buchvorlage „New York 1999“ gar nicht enthalten. Autor Harry Harrison fand, diese Änderung sorge für eine Boulevardisierung des Films, aber er schrieb 1984, dass er zumindest zu 50% mit dem Film zufrieden war. Ein Klassiker.
7. „Prinzessin Mononoke“ und „Wall-E“
Diese Animationsabenteuer sind sicher keine Thriller, verhandeln aber kunstvoll und mitreißend das Sujet der Zerstörung der Natur. Das Motiv spielt in vielen Studio-Ghibli-Filmen eine Rolle, besonders zentral in Hayao Miyazaki Meisterwerk „Prinzessin Mononoke“ (1997).
Auch „Wall-E“ (2008) ist längst ein Klassiker des vermeintlich niedlichen Pixar-Stils mit ernsthafter Botschaft - die Müllhalde ist leider die Erde.
8. Mehr Öko-Thriller
- „The Happening“ (2008, M. Night Shyamalan)
- „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ (2008, Scott Derrickson)
- „Salt and Fire“ (2015, Werner Herzog)
- „Geostorm“ (2017, Dean Devlin)
- „Die Wolke“ (2006, Gregor Schnitzler)
- „Deepwater Horizon“ (2016, Peter Berg)
- „Night Moves“ (2013, Kelly Reichardt)
- „The Day After Tomorrow“ (2004, Roland Emmerich)