Es ist so gut wie sicher: Dexter Morgan weilt weiterhin unter den Lebenden. Damit kopiert sich das Franchise selbst – und begeht einen verhängnisvollen Fehler.
Durch den vorgetäuschten Serientod der Hauptfigur reihte sich „Dexter“ nach acht grandiosen Staffeln in die Riege der unbeliebtesten Finalfolgen ein. Und wie es aussieht, hat Serienschöpfer Clyde Phillips nicht aus seinem Patzer gelernt. Im folgenden Teaser zum Spin-off „Dexter: Resurrection“ stellt Dexter (Michael C. Hall) die Frage: „Habt ihr mich vermisst?“ Meine Antwort: Nein, habe ich nicht. Denn du wurdest von Phillips höchstpersönlich endgültig für tot erklärt!
– Dieser Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wider und nicht zwangsweise die aller kino.de-Redakteur*innen. –
Ursprünglich gelobte Phillips mit dem Spin-off „New Blood“ Wiedergutmachung. Dieses Versprechen hielt allerdings nur bis zum aktuellen Ableger „Original Sin“. Direkt im Auftakt bestätigte sich, was ich bereits befürchtet hatte: Dexter Morgan ist noch am Leben. Und ich komme nicht umhin, zu sagen, dass ich mich betrogen fühle. Schon wieder.
– Achtung: Es folgen Spoiler zu „Dexter“, „Dexter: New Blood“ & „Dexter: Original Sin“ –
„Dexter“-Schöpfer verrät sich selbst
Wir erinnern uns: Jahre nachdem Dexter Morgan seinen eigenen Tod vorgetäuscht und sich unter neuer Identität in Iron Lake abgesetzt hat, spürt sein Sohn Harrison (Jack Alcott) ihn auf. Doch die Reunion ist nur von kurzer Dauer, denn schlussendlich sieht sich der Junge gezwungen, seinen eigenen Vater zu erschießen. Wie Clyde Phillips damals im Interview mit Deadline zu Protokoll gab, sollte das tatsächlich das Ende des sogenannten Bay-Harbour-Metzgers sein:
„Das würde ich dem Publikum nicht antun. Es wäre unehrlich. An diesem Punkt steht außer Frage, ob dies das Ende von Dexter ist. Dexter ist tot.“
Fast drei Jahre später beweist uns „Dexter: Original Sin“: Dexter ist nicht tot. Cylde Phillips hat es uns schon wieder angetan. In der Notaufnahme sind medizinische Fachkräfte bemüht, den Serienkiller zu reanimieren. Obwohl sein Herzschlag kurz aussetzt, gelingt es ihnen, den moralischen Mörder zurück ins Leben zu holen. Das freut nicht nur das Personal, sondern auch Dexter – mich aber nicht.
Neue „Dexter“-Serien brechen wichtigstes Versprechen
Versteht mich bitte nicht falsch: „Dexter“ hat – sofern ich das Ende ignoriere – einen festen Platz unter meinen Lieblingsserien. „New Blood“ ergänzte diesen Titel wunderbar um den Werdegang von Harrison. Auch Dexters Vorgeschichte als Ableger zu adaptieren, ist meiner Meinung nach völlig legitim. Die ersten zwei Episoden haben mich durch zahlreiche Anekdoten und eine interessante Erzählweise bestens unterhalten. Trotzdem fühle ich mich verraten.
Hatte Clyde Phillips offenbar die Stimmen der Fans erhört und uns mit „New Blood“ ein deutlich würdigeres Ende des Bay-Harbour-Metzgers beschert, zerstört er mit Dexters Reanimation in „Original Sin“ nun seine eigene Wiedergutmachung. Zwei große Indizien sprechen dafür, dass dem Killer noch eine lange Zukunft bevorstehen dürfte. Zum einen fallen einige Buchstaben im Wort „Emergency“ aus, als die Kamera sich darauf fokussiert. Übrig bleibt der Schriftzug „emerge“, was zu Deutsch so viel bedeutet wie „sich befreien“ oder „sich erheben“. Zum anderen ist bereits bekannt, dass Michael C. Hall für „Dexter: Resurrection“ (zu Deutsch: „Dexter: Wiederauferstehung“) vor der Kamera stehen wird.
Dexters Wunsch wird ignoriert
Eigentlich wäre es doch so einfach gewesen, an dem Schauspieler festzuhalten, ohne Dexter von den Toten zurückzuholen. Er hätte schlichtweg regelmäßig seinem Sohn Harrison als ratgebende Vision erscheinen können – so wie einst Harry (James Remar) und Debra (Jennifer Carpenter) Dexter zur Seite standen. Stattdessen zerstören „Original Sin“ und „Resurrection“ eine der für mich emotionalsten Szenen des „Dexter“-Franchises: den Abschiedsbrief an Hannah (Yvonne Strahovski). Darin hieß es:
„Wir wissen beide, dass – mit mir in der Nähe – ein normales Leben für Harrison nicht möglich sein wird. […] Wenn Harrison also keine dunklen Neigungen zeigt, bitte ich dich: Lass mich sterben. Damit mein Sohn leben kann.“
Und ja, Harrison leidet selbst unter einem düsteren Begleiter. Trotzdem ist sein Wertekompass deutlicher ausgerichtet als der von Dexter. So wie wir den Jungen kennengelernt haben, wäre es ihm gut möglich, den Drang zu morden zu unterdrücken. Also, wieso kann Clyde Phillips Dexter nicht einfach gehen lassen? Ich hoffe darauf, eine Antwort in „Original Sin“ oder spätestens „Resurrection“ zu erhalten. Momentan habe ich aber Angst, dass aus der Schadensbegrenzung von „New Blood“ ein Totalschaden wird.
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