Wagt sich jemand nach Netflix‘ „One Piece“-Serie bald auch an eine „Dragon Ball“-Live-Action-Adaption heran? Die jahrelange Stimme von Son-Goku hat daran seine Zweifel…
Einer der Gründe, warum Fans vor dem Start besorgt auf die Live-Action-Fassung von „One Piece“ blickten, waren nicht nur zuvor gescheiterte, vergleichbare Netflixtitel. Vor „Cowboy Bebop“ und „Death Note“ gab es beispielsweise schon den allseits gehassten Live-Action-Film „Dragonball: Evolution“. Eine IMDb-Bewertung von vernichtenden 2,5 Punkten spricht Bände darüber, was das Publikum von diesem Unterfangen hält, das mit der beliebten Manga- und Anime-Vorlage praktisch nichts mehr gemein hatte.
Ganz anders verhält es sich zum Glück bei Netflix‘ „One Piece“. Hier wurden zwar auch einige Änderungen vorgenommen, doch die Adaption folgt dem Original in den wichtigsten Punkten und erfreut sich deswegen bei den Fans angesichts der im Vorfeld geäußerten Zweifel überraschend großer Beliebtheit. Das blieb natürlich auch nicht dem Streamingdienst verborgen: Netflix hat Staffel 2 von „One Piece“ bereits bestellt, etliche weitere befinden sich zudem in Arbeit. Wie es aber zunächst für Ruffy (Iñaki Godoy) und Co. weitergeht, verrät euch unser Video:
Ist der Live-Action-Anime-Fluch damit also besiegt? Öffnet „One Piece“ jetzt anderen ambitionierten Projekten die Tore? Vielleicht sogar Akira Toriyamas „Dragon Ball“, das auch „One Piece“-Schöpfer Eiichirō Oda verehrt und in seinem eigenen Werk wiederholt huldigt? Besser nicht. So lautet zumindest die eindeutige Antwort von Sean Schemmel, seines Zeichens die englische Stimme von Son-Goku seit 1999, als er die Rolle für „Dragon Ball Z“ übernahm. Im Gespräch mit Bleeding Cool verriet er, warum er weiterhin nicht an gelungene Live-Action-Adaptionen von Anime glaubt – und dabei bezieht er tatsächlich auch „One Piece“ mit ein:
„Es ist seltsam, denn ich habe sozusagen einen Insider-Blick und ich habe während meiner gesamten Karriere beobachtet, wie Hollywood versucht, Anime zu verstehen und sie haben es immer noch nicht verstanden. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sich die Trends des Anime-Genres jemals gut in Live-Action umsetzen lassen werden. Ich bin nicht ganz überzeugt. Ich habe nur einen Teil der Live-Action-Serie ‚One Piece‘ gesehen und ich finde sie ehrlich gesagt schrecklich. Der Live-Action-Film zu ‚Dragon Ball Z‘ (‚Dragonball: Evolution‘, Anm. d. Red.) war aus einem anderen Grund ebenfalls schrecklich. Sie hatten auf halbem Weg den Regisseur gewechselt, bevor die Produktion überhaupt begonnen hatte. Es ist interessant zu sehen, wie Hollywood versucht, in diesen Bereich einzusteigen.“
Son-Goku-Sprecher benennt große Probleme bei Anime-Adaptionen
Schemmel stellt jedoch klar, dass die „One Piece“-Serie bei ihm nicht durchfällt, weil die Verantwortlichen unbedingt etwas falsch gemacht hätten, sondern weil sie womöglich vor einer unlösbaren Aufgabe standen:
„Es ist interessant und es tut mir leid, dass ich mich so äußere. Ich habe das Gefühl, dass ich als öffentliche Person so nervös bin, wenn ich sage: ‚Ich mag die ‚One Piece‘-Realserie nicht besonders.‘ Das ist nicht unbedingt die Schuld der Crew und des Casts. Sie sind wahrscheinlich alle talentiert. Das liegt eher an der Umsetzung und an der Übersetzung des Genres. Sobald wir einen echten Versuch eines hochbudgetierten [Studios] sehen, das sich um die Effekte kümmert, machen sie einen Anime, weil man auch einen großen Teil des Anime unter einen Hut bringen muss. Ein großer Teil des Stils sind riesige Augen, was einen großen Unterschied im Stil ausmacht. Wenn man Anime dreht, sind alle Menschen mit normal großen Augen zu sehen, aber Anime hat diese riesigen Augen, die alle seit Jahrzehnten faszinieren. Das ist Teil des Stils und nur das allein, zusammen mit den Haaren, den Spezialeffekten und der Thematik, kann es sein.“
Wenn es etwas an Netflix‘ „One Piece“-Serie zu kritisieren gibt, dann vermutlich genau das: Den Stil und die Dimensionen des Originals vermag die Live-Action-Version nicht adäquat wiederzugeben. Die großen, ausdrucksstarken Gesichter, die sowohl in den besonders ernsten als auch besonders witzigen Momenten zur vollen Geltung kommen, fehlen in der Realserie, wodurch auch diese Stärke des Manga und Anime verloren geht. Wie stark wiederum die Geschichte teilweise verändert wurde, erfahrt ihr hier:
Die spektakulären Kämpfe leiden hingegen unter Budgetrestriktionen, weswegen sogar ein großer Kampf von Ruffy komplett fehlte und die anderen deutlich kürzer ausfielen. Gerade letzterer Punkt dürfte einer ernstzunehmenden „Dragon Ball“-Live-Action-Adaption im Weg stehen, schließlich sind die Kämpfe dort noch bombastischer als bei „One Piece“; wobei auch dort die Vorlagen immer größer und eindrucksvoller in ihren Konfrontationen werden und man darf gespannt sein, wie Netflix das in den nächsten Staffeln adaptieren wird.
Goku-Sprecher Sean Schemmel, der übrigens unter anderem auch Meister Kaio vertont, sieht lediglich eine Hoffnung für künftige Anime-Adaptionen: Seiner Meinung nach müssten ausschließlich die Leute, die mit Anime aufgewachsen sind und das Genre verstehen, in entscheidende Hollywood-Positionen vorrücken. Dann sei es auch kein Selbstläufer, aber mit solchen Voraussetzungen könne man einen ernsten Test wagen. Ein vielversprechendes Ergebnis erhofft sich der skeptische Schemmel davon allerdings nicht, er lasse sich allerdings gerne eines Besseren belehren.
Wenn ihr seine Voraussetzung erfüllt und mit Anime wie „One Piece“ und „Dragon Ball“ aufgewachsen seid, dann sollte das folgende Quiz doch kein Problem für euch sein – oder?