Das Ende von „Game of Thrones“ spaltet die Gemüter. Als die letzte Folge über die Bildschirme lief und die Zuschauer erfahren haben, wer den Eisernen Thron von Westeros besteigen wird, haben Fans ihren Unmut im Internet zur Schau getragen. Eine Petition gegen die Schreiber wurde gestartet, während andere die Sachlage melancholischer betrachtet haben. Jeder Zuschauer wird dabei anders auf die letzten Szenen reagiert haben.
Die kino.de-Redaktion hat sich die finale Staffel - und alle vorherigen Staffeln - ebenfalls genauer angesehen, ließ ein paar Tage nach der Ausstrahlung des Finales ins Land streichen, um ausgiebig über das Gezeigte nachzudenken. Nun teilen wir euch unsere Meinung über 8 Staffeln „Game of Thrones“ mit. Ist es die beste Serie aller Zeiten? Oder enttäuscht das Ende womöglich zu sehr?
Vorsicht, Spoiler! Wir nehmen über den Inhalt aller 8 Staffeln kein Blatt vor den Mund.
Andi: „Großartige Unterhaltung, komplexe Charaktere und eine überwältigende Welt“
Andi: „Game of Thrones“ hat auch für mich über Jahre großartige Unterhaltung geboten: Komplexe Charaktere, eine überwältigende Welt und zahlreiche schockierende Wendungen. Mir persönlich war die Serie oftmals leider zu stark auf billige Sensation aus, mit übertrieben grausamen Toden, unnötiger Nacktheit und psychopathischen Bösewichten, die ich aufgrund ihrer Eindimensionalität eher langweilig fand. Dennoch, die Serie gilt zu Recht als eine der besten – zumindest bis Staffel 4. Anschließend hat „Game of Thrones“ für mich Stück für Stück all die Qualitäten verloren, die sie in den Serienolymp gehoben haben. Das übereilte und dadurch etwas lieblos wirkende Ende sorgt ebenfalls dafür, dass ich die Serie in zwei Hälften bewerte: Einer sehr gelungenen ersten und einer eher durchschnittlichen zweiten.
Olivia: „Eine der besten Serien überhaupt.“
Olivia: Die Story und die Charaktere haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Ich schaute eine Folge nach der anderen und konnte nicht mehr aufhören. Die Macher waren immer für eine Überraschung gut und die Handlung war selten vorhersehbar. Der einzige Makel in den 8 Staffeln ist für mich das Ende. Das habe ich mir anders, besser vorgestellt. Trotzdem ist „Game of Thrones“ für mich eine der besten Serien überhaupt. Spannend, emotional und perfekt inszeniert.
Mariana: „Einmalig epische (und brutale) Fantasy-Serie“
Mariana: Vermutlich ist mir die große Enttäuschung zur finalen Staffel von „Game of Thrones“ aus einem einfachen Grund erspart geblieben: Ich war nie ein die-hard-Fan der Serie und konnte damit das Finale ohne die emotionale Investiertheit verfolgen, die derzeit bei anderen Zuschauern zu überkochenden Reaktionen führt. Ich für meinen Teil habe mir die Fantasy-Serie von Anfang an gern angesehen, mit Spannung habe ich die Schicksale von Jon, Daenerys, Tyrion, Sansa & Co. verfolgt und dabei versucht, bei den vielen Twists und überraschenden sowie weniger überraschenden Toden die Übersicht zu behalten. Doch zwischen den Staffeln habe ich mir die Pausen gegönnt, um auch viel davon wieder zu vergessen – nur, um dann beim nächsten Staffelmarathon mit Freunden wieder fasziniert in die Welt von Westeros zu tauchen. Die siebte Staffel ging dann völlig an mir vorbei, und so konnte ich zuletzt die viel diskutierte vorletzte und letzte Staffel von „Game of Thrones“ nahtlos konsumieren, und was soll ich sagen: Ick fand beide jut – und bin auch mit dem Ende so zufrieden wie man bei dem gehasteten Plot eben zufrieden sein kann. Die Serienmacher D.B. Weiss und David Benioff haben uns seit 2011 eine einmalig epische (und brutale) Fantasy-Serie geliefert und diese nun nach bestem Wissen und Gewissen und in meiner Meinung nach klassischer „Game of Thrones“-Manier zu Ende gebracht – danke dafür und: Lasst ‘se einfach reden.
Teresa: „Die Fans der Bücher werden mit Warten bestraft.“
Teresa: Als „Game of Thrones“ bereits mit der ersten Staffel seines Siegeszug begann, stellte sich für mich erst mit der berühmten 9. Episode der richtige Hype ein. Der Tod von Ned Stark war der Moment, als ich wissen musste, wie es weiter ging. Packend, herzzerreißend und voller Überraschung - so definierte ich „Game of Thrones“. Damals gab ich Empfehlungen an Freunde und Familie. Die Bücher habe ich im Nu verschlungen, war über die Rote Hochzeit schockiert und sah mit den kommenden Staffeln, wie der Hype um die Serie immer weiter anstieg und unsere Watch-Party im Freundeskreis immer größer wurde.
Leider sah man Jahr um Jahr, wie der Moment immer näher kam, an dem George R.R. Martin von den Serien-Schreibern überholt wurde. Und genau darin liegt für mich Knackpunkt und Bewunderung für die Macher der Serie: Knackpunkt, weil ich es nie verstehen werde, wie Bücher verfilmt werden bevor die Geschichte beendet ist (an diesem Punkt gehen strafende Blicke Richtung George R.R. Martin, der es wahrscheinlich nie schaffen wird, die Saga zu beenden). Bewunderung, weil Weiss, Benioff und ihr Team die Herausforderung angenommen haben, mit der Gewissheit, dass sie viele damit enttäuschen werden. Chapeau für das schwierige Unterfangen und die fantastischen Bilder, die dabei abgeliefert wurden (Daenerys, der Drache - Wow!). Meine Anerkennung ist euch dafür sicher. Die letzten beiden Staffeln waren dann ein Ende per Schnelldurchlauf, wo man mitunter logische Handlungen schmerzlich vermissen musste. Aber zumindest wurde es so zum Ende gebracht, dass es für mich zufriedenstellend ist. Denn auch die Bücher sind nicht ohne Tadel: Obwohl es Martin schafft in seinem Epos eine komplexe Welt zu erschaffen, verliert er sich dabei zu oft an Details, ändert zu viel, und kommt dadurch nie auf einen finalen Punkt.
Alle Fans der Bücher werden mit dem Ende der Serie durch weiteres Warten bestraft. Zuletzt erschien 2011 das fünfte Buch, in dem Tyrion gerade einmal nach Essos reiste und Jon erstochen wurde. Die letzten zwei Bücher werden auf MS-Dos verfasst… Veröffentlichkeitsdatum? Das steht in den Sternen. In diesem Sinne: Winter is here.
Philipp: „Serien mit solch einer Wirkung gibt es nicht oft.“
Philipp: Dass „Game of Thrones“ in vielen Belangen eine herausragende Serie ist, zeigt sich ironischerweise allein schon durch die über eine Million Menschen, die in einer Petition aktuell eine Neuauflage der finalen Staffel fordern. Eine Serie, die in ihren Zuschauern keine Begeisterung wecken würde, würde wohl auch nicht so emotional diskutiert werden, wie es aktuell bei „Game of Thrones“ der Fall ist. Und so ist auch für mich die Betrachtung keine einfache. Ja, es gibt mit der Eile, in der die beiden letzten Staffeln abgehandelt wurden, ein großes Problem, welches ich mit der Serie gegen Ende hatte. Demgegenüber stehen – und mit einer eindeutig höheren Gewichtung – aber auch wundervolle Charaktere und ihre fantastischen Schauspieler, Handlungsverläufe, die mir die Kinnlade runterklappen ließen, Inszenierungen, die in Hollywood-Kinos erst einmal ihresgleichen suchen müssen und ein Soundtrack, für den ich mich bei Ramin Djawadi nur mit tosendem Applaus bedanken kann. Lange habe ich über Szenen nachgedacht, sind mir die musikalischen Themen der unterschiedlichen Figuren und Häuser im Ohr geblieben und beherrschte „Game of Thrones“ die Gesprächsthemen unter Freunden. Serien mit solch einer Wirkung gibt es nicht oft. Am Ende werde ich eher nostalgisch und weiß, dass diese vielen unterschiedlichen Einflüsse und Emotionen, die mir die acht Jahre bescherten, für immer positiv in Erinnerung bleiben werden.
Dennis: „Ein TV-Phänomen, wie es so vielleicht nur einmal in jeder Generation vorkommt.“
Dennis: Eines gleich vorweg: „Game of Thrones“ gehört unbestritten zu den besten Serien aller Zeiten. Die ausgefeilten Charaktere, die atemberaubenden Schauplätze und die zahlreichen fesselnden Handlungsstränge lockten nicht umsonst jede Woche zig Millionen Menschen vor ihre Bildschirme. „Game of Thrones“ war ein TV-Phänomen, wie es so vielleicht nur einmal in jeder Generation vorkommt. Punkt.
Umso ärgerlicher ist es, dass man viele Erfolgsrezeptoren der Serie am Ende einfach über den Haufen warf. Denn das Ende hat nicht nur mich, sondern auch unzählige Fans auf der ganzen Welt enttäuscht zurückgelassen. Die Showrunner David Benioff und D.B. Weiss verteidigten den Abschluss der Serie mit der Begründung, dass dies das Ende sei, was man von Anfang an geplant hätte. Das geht für mich auch weitestgehend in Ordnung, denn ich kritisiere nicht die Handlung der finalen Staffel, sondern viel mehr ihre übereilte Umsetzung. Denn schon während der 7. Staffel merkte man als Zuschauer, dass den Autoren auf einmal die Vorlage der Bücher fehlte und man sich plötzlich mehr auf Schauwerte konzentrierte, statt auf Charakterzeichnung, gute Dialoge und eine behutsam aufgebaute Story. Die 8. Staffel hetzte sich dann regelrecht durch die Geschichte, was sich im Vergleich zu früheren Staffeln, in denen jeder Klimax eines Handlungsstrangs bedacht und nachvollziehbar aufgebaut wurde, einfach falsch anfühlte. Wichtige Handlungspunkte wurden in den finalen Episoden überstürzt (Daenerys wird zum Bösewicht) und teils sogar beiläufig (Wer wird am Ende König?) abgearbeitet. Manche Handlungsstränge verliefen sogar komplett im Sand (Jon ist ein Targaryen). Viele Figuren wurden zudem nur noch zu Stichwortgebern degradiert (Cersei, Varys) und mit einigen Charakteren wussten die Macher einfach nichts mehr anzufangen (Bronn). Beweggründe und Handlungen zentraler Charaktere wie Jon, Daenerys oder Cersei wirkten zudem konstruiert und somit nicht mehr nachvollziehbar. Die Autoren hatten sich die Wendungen im Finale schlussendlich nicht ausreichend verdient, da für deren Aufbau einfach zu wenig Vorarbeit geleistet wurde oder eine schlüssige Herleitung fehlte. Viele Ereignisse, die hier in nur eine Episode gepackt wurden, hätte man früher in einer halben Staffel erzählt. Aber man wollte die Serie wohl auf Biegen und Brechen jetzt schnell über die Zielgerade lenken. Schade.
Die letzten beiden Staffeln mit nur 7 bzw. 6 Folgen auszustatten, war in meinen Augen die falsche Entscheidung. Stattdessen beide Staffeln ebenfalls mit jeweils 10 Folgen zu inszenieren, um alle Erzählungen gebührend und schlüssig aufzubauen, hätte vielleicht schon gereicht, um „Game of Thrones“ einen würdigen Abschluss zu bereiten. Dass diese großartige Serie am Ende seiner Erzählung und Charakterzeichnung nicht mehr treu geblieben ist, hinterlässt leider einen bitteren Nachgeschmack. Dass tut der ausgezeichneten Qualität der ersten 6 Staffeln allerdings keinen Abbruch.