In der kürzlich abgelaufenen Staffel 7 bewies „Game of Thrones“ erneut, warum die Serie ein weltweites Phänomen ist: Drachen, Eis-Zombies, so viel Spektakel sieht man sonst nirgendwo. Trotzdem war die vergangene Season für viele schwer erträglich. Denn „Game of Thrones“ hat seine Seele verloren.
– Achtung: Es folgen Spoiler für Staffel 7 von „Game of Thrones“ –
Mit seinem Staffelfinale stellte „Game of Thrones“ einmal mehr einen Zuschauerrekord auf, obwohl die Episode zuvor geleakt wurde und zahlreiche Spoiler die Runde machten. Keine Frage: Die HBO-Serie ist auf einem Allzeithoch in puncto Beliebtheit, Staffel 8 dürfte die jungen Rekorde sogar nach oben schrauben. Der Popularität zum Trotz hat die Qualität der Serie in Staffel 7 allerdings merklich gelitten, denn „Game of Thrones“ hat auf die alten Tage an Biss verloren.
Kurz & knapp: Das erwartet euch in Staffel 8 von „Game of Thrones“ (Video)
Bereits in Staffel 6 gab sich die Serie überraschend handzahm, in den neuen Folgen wurde das Problem aber offensichtlich. Mit Olenna Tyrell (Dianna Rigg), Petyr Baelish (Aidan Gillen) und Ellaria Sand (Indira Varma) verließen gerade einmal drei größere Charaktere die TV-Serie in Staffel 7, wobei nur Kleinfinger wirklich von enormer Bedeutung war. Fans sind durchaus anderes gewohnt.
Nun soll nicht einfach für den Schockeffekt am Ende jeder Episode ein Publikumsliebling geopfert werden, das wäre der Handlung definitiv nicht zuträglich. Es ist aber auffallend, wie inflationär „Game of Thrones“ inzwischen scheinbar ausweglose Szenarien aufbaut, aus denen sich große Charaktere letztlich doch befreien können – und das leider oftmals ohne jegliche Konsequenzen.
„Game of Thrones“ wurde zu dem, was der Schöpfer vermeiden wollte
George R. R. Martin, der Autor hinter der Romanvorlage, kritisierte „Der Herr der Ringe“ einmal, da die Helden in Tolkiens Werken zu oft tödlichen Situationen ausgesetzt sind und diese ohne größeren Schaden überstehen. Meist kommt dann eben in letzter Sekunde ein Riesenadler oder eine andere Hilfe von außen daher.
Genau dazu ist „Game of Thrones“ in letzter Zeit verkommen. Jon (Kit Harrington) wird jenseits der Mauer von Wiedergängern in einen Eissee gezerrt, befreit sich dann aber – wie auch immer –, nur um der Untotenarmee gegenüberzustehen. Ein Glück, dass Onkel Benjen (Joseph Mawle) angeritten kommt und ihn aus der Situation befreit. Schon in der Antike wurde dieser narrative Kniff als Deux ex machina verspottet.
Oder nehmen wir das Aufeinandertreffen von Daenerys (Emilia Clarke) und Jaime (Nikolaj Coster-Waldau) in der Mitte der Staffel. Die Verantwortlichen von „Game of Thrones“ rühmten sich im Behind-the-Scenes-Material, dass sie zwei Publikumslieblinge auf dem Schlachtfeld kollidieren lassen und man keinem von beiden den Tod wünsche. Nur was ist dieser Spannungsaufbau am Ende wert, wenn das Duell ohne Konsequenzen bleibt?
Zumal die Lösung reichlich plump wirkte. Jaime wird in letzter Sekunde von Bronn gerettet (Deus ex machina) und taucht am Anfang der nächsten Folge unversehrt wieder aus dem nahen Fluss auf. Den hat er übrigens in voller Rüstung wohl gut einen Kilometer durchschwommen, ohne von Daenerys‘ Truppen gefangen genommen zu werden. Solche Tricks kann man lediglich ein paarmal versuchen, bis nicht mehr die gewünschte Spannung entsteht, da der Zuschauer eh wieder mit einer harmlosen Auflösung rechnet.
„Game of Thrones“ hat ein Schreibproblem
Ohnehin nahm die Qualität der Schreibe in Staffel 7 deutlich ab, was von vielen bemängelt wird. Anscheinend will das Autorenteam hinter der Serie die Handlung an einen bestimmten Punkt bringen, aufgrund des Zeitdrucks geschieht dies aber selten organisch. Vielmehr werden Umstände, Motivationen und Aktionen so hingebogen, dass am Ende das gewünschte Ergebnis steht.
Der Nachtkönig (Vladimir Furdik) braucht einen Drachen, um die Mauer zum Einsturz zu bringen? Wir schicken ein Himmelfahrtskommando wegen einer bestenfalls wackeligen Idee hinter die Mauer, Daenerys als Rettung direkt hinterher und blenden die Logistik aus, dann kriegt er seine Massenvernichtungswaffe.
Es wirkt leider, als wären sich die Macher von „Game of Thrones“ der enormen Popularität zu stark bewusst. Das würde auch den enorm erhöhten Anteil von Witzen erklären und warum beispielsweise Ser Davos (Liam Cunningham) vom moralischen Anker zum derben Sprücheklopfer umfunktioniert wurde. In Zeiten der sozialen Netzwerke braucht man eben Material, dass die Zuschauer in Memes und Zitate umwandeln können. Gesehen und gesehen werden. Dass man deswegen sogar ein Meme in die Sendung einbaut und den Rückkehrer Gendry (Joe Dempsie) damit konfrontiert, dass er seit Staffel 3 gerudert sei, erscheint dennoch beispiellos.
Gibt es Hoffnung für Staffel 8?
Die große Frage am Ende des Tages ist: Kann „Game of Thrones“ das Ruder noch einmal herumreißen und in Staffel 8 zu bekannter Größe auflaufen? Das große Finale steht bevor und da George R. R. Martin dies als bittersüß ankündigte, kann man nur hoffen, dass der Sieg gegen den Nachtkönig mit reichlich Blutzoll gezahlt wird und Gefahren endlich wieder Konsequenzen haben.
Zur Erinnerung: Diese „Game of Thrones“-Tode haben uns am meisten geschockt (Video)
Da uns in der finalen Season lediglich sechs Folgen verbleiben, sollte man allerdings nicht davon ausgehen, dass die Serie die Zeit für ruhige und gut ausgearbeitete Dialoge findet. Teilweise sind diese ja sogar noch vorhanden, jedoch bei weitem nicht mehr in dem gewohnten und gewünschten Umfang.