Mit „Gerry Star“ feiern die Schauspieler Tom Gronau und Max Wolter ihren Einstand hinter der Kamera. Wir haben die Serienschöpfer zum Interview getroffen.
Wer das Jahr 2025 mit einer ordentlichen Portion Humor beginnen möchte, sollte die Augen Richtung Prime Video wenden: Mit „Gerry Star – Der schlechteste beste Produzent aller Zeiten“ liefert Amazon Nachschub für all jene, die von Mockumentary-Serien wie „Stromberg“, „The Office“ und „Die Discounter“ nicht genug bekommen können. Verantwortlich für das Comedy-Highlight des Januars sind zwei Nachwuchstalente, die sowohl das Drehbuch verfasst als auch auf dem Regiestuhl Platz genommen haben. Im Gespräch haben sie uns verraten, wie sie mit Grenzen umgehen, wie es um eine zweite Staffel steht und wie viel von der titelgebenden Figur Gerry Star (Sascha Nathan) in ihnen selbst steckt.
kino.de: Ihr habt beide primär Erfahrung vor der Kamera. Was hat euch dazu bewogen, jetzt dahinter Platz zu nehmen?
Max: „Wir haben uns als Schauspieler in der Filmuniversität kennengelernt. Tom war drei Jahre über mir und wir haben an einem Storyteller Award von RTL teilgenommen. […] Wir haben damals als Achtergruppe zusammengearbeitet und das hat alles nicht so richtig funktioniert, […] aber da haben wir uns gefunden und gesagt: ‚Hey, lass doch mal was gemeinsam schreiben.‘“
kino.de: Ihr beschreibt euch selbst als ‚Greenhorns‘. Wie ist es euch gelungen, Amazon trotzdem von eurer Idee zu überzeugen?
Tom: „Also, wir sind mit Pyjama Pictures (Produktionsfilrma, Anm. d. Red.) zusammengekommen, genauer mit Carsten Kelber, und die haben uns ehrlich gesagt immens geholfen, das Projekt zu verkaufen.“
Max: „Das ist ja das gleiche Team wie bei ‚Die Discounter‘.“
kino.de: Gab es von Amazon Bedingungen oder Vorgaben zwecks Umsetzung?
Tom: „Also, das ist das Coole in dieser Zusammenarbeit mit Amazon, dass die einem sehr große Freiheiten lassen und sehr viel Vertrauen aufbringen. Wir hatten eine Lektorin an unserer Seite, die uns dramaturgisch beraten hat. Es gibt natürlich Leute, die da noch rübergucken, aber das ist total positiver Input und hilft, damit sich der Stoff weiterentwickelt.“
Max: „Da haben wir sehr viel gelernt. Ina[-Christina Kersten], unsere Produzentin, hat uns sehr beim Drehbuchprozess unterstützt. Zum Beispiel bei Dingen, von denen wir dachten, das seien Kleinigkeiten, wie Cliffhanger.“
kino.de: „Gerry Star“ zeichnet sich teilweise durch sehr düsteren Humor aus. Wie findet man da die richtige Grenze?
Max: „Ich glaube, die Grenze liegt immer beim Betrachter. Wir wollten unbedingt die Geschichte von Gerry Star erzählen.“
Tom: „Richtig. Und dieser Charakter ist höchst problematisch, was der so tut, ist böse. Und wenn man dem folgt, entstehen natürlich solche Situationen.“
Max: „Es ist eigentlich sehr, sehr, sehr tragisch und durch diese Anhäufung wird es dann ‚leider‘ lustig.“
Tom: „Ich würde sagen, dass der Charakter Gerry eigentlich aus einer persönlichen Urangst von uns entstanden ist. Er würde alles für den Erfolg tun und über jede Grenze gehen.“
Max: „Weil er unbedingt sein Ziel erreichen will. Und er merkt nach 30 Jahren: Es klappt nicht.“
kino.de: Wenn die Serie aus eurer Urangst geboren wurde, wie viel Gerry Star steckt dann in euch selbst?
Max: „Schon viel, traurigerweise. Viele seiner schlechten Eigenschaften stecken auch in uns. Wir überspitzen das natürlich komplett. Aber beispielsweise der Kontrollzwang: Würde sich Gerry einfach zurücklehnen und das Schicksal entscheiden, würde er endlich Erfolg haben, aber er will es unbedingt kontrollieren und das steckt auch in uns drin.“
Tom: „Ja, total. Und dass Eigen- und Fremdwahrnehmung weit auseinanderliegen können. Dadurch entsteht dann die Komik bei Charakteren wie Gerry – dass er sich sehr anders sieht, als andere ihn sehen.“
kino.de: Habt ihr bereits Pläne für eine zweite Staffel?
Tom: „Pläne haben wir.“
Max: „Wir würden auf jeden Fall wissen, wo Gerry Star endet. Dafür haben wir eine sehr lustige Idee. Für den Weg dorthin haben wir aber noch nichts.“
Tom: „Richtig. Das ist ja auch alles noch nicht sicher.“
kino.de: Das war ja euer erstes Projekt in diese Richtung. Welche unerwarteten Herausforderungen haben euch nahezu zur Weißglut getrieben?
Max: „Zur Weißglut getrieben haben uns die ewigen Gags von Sascha Nathan (spielt Gerry Star, Anm. d. Red.). Er hat diesen Slapstick-Humor. Er wollte sich immer was einklemmen, umfallen, ausrutschen. In jedem Take hat er irgendwas gefunden.“
Tom: „Genau, aber Sascha ist genau der Richtige für diese Rolle. […] Wir waren uns zu 100 % sicher: Das ist Gerry Star.“
kino.de: Wie viel Raum habt ihr den Schauspielenden für Improvisation gelassen?
Max: „Es ist keine Impro-Serie. Es hält sich schon ans Drehbuch, denn uns ist aufgefallen, wenn man vom Skript abweicht, dann ist die Improvisation zwar sehr lustig, aber dann arbeitet man nicht an der Szene. Das zu mischen, ist dann schwierig.“
Tom: „Das stimmt. Es gibt ein paar improvisierte Momente, die noch drin sind, aber das sind nicht so viele. Und: Bei den Interviews in der Serie wurde auch manchmal improvisiert. Da haben wir einfach Fragen zu bestimmten Situationen gestellt und dann haben die Schauspielenden darauf geantwortet.“
kino.de: Das hört ihr bestimmt nicht zum ersten Mal: Es lassen sich gewisse Parallelen zu „Die Discounter“ erkennen. Zufall oder seid ihr Fans?
Max: „Es ist natürlich eine Mockumentary. Es ist das gleiche Genre. Es sind die gleichen Produzenten. Es ist der gleiche Anbieter. Deshalb ist klar, dass die Leute da Ähnlichkeiten sehen. Aber für uns sind die Kleinen Brüder (Produktionsfirma von Bruno Alexander, Emil und Oskar Belton, Max Mattis, Leo Fuchs, Anm. d. Red.) mehr Vorbild gewesen als ihre Serie ‚Die Discounter‘. Wir hätten es wohl niemals für möglich gehalten, dass es ein erreichbares Ziel ist, die Serie mit Pyjama und Prime umzusetzen, wenn die kleinen Brüder nicht vorher gezeigt hätten, dass so was möglich ist.“
kino.de: Welche Serien und/oder Filme inspirierten eure Arbeit als Regisseure und Drehbuchautoren für „Gerry Star“?
Max: „‚The Big Lebowski‘ auf jeden Fall. Und ‚Better Call Saul‘.“
Tom: „‚The Office‘.“
Max: „‚Stromberg‘ auf jeden Fall auch. Ralf Husmann, bester Mann! Was der schreibt, ist wirklich großartig!“
Tom: „Was uns aber auch wichtig war, um einen Unterschied zu anderen Mockumentarys darzustellen: Wir wollten visuell in eine andere Richtung gehen. Wir wollten, dass die Serie ästhetisch so aussieht, wie Gerry sich selbst gern sehen würde.“
Max: „Und ‚Die Discounter‘ lieben wir natürlich auch.“
Tom: „Und ‚Jerks‘!“
kino.de: Bei der Handlung ist direkt klar: So was hat es noch nicht gegeben. Wieso ausgerechnet eine Band in einer Bowlinghalle?
Max: „Wir haben als Schauspieler einen ähnlichen Traum wie die Band. Wir wollten eine Geschichte erzählen, in der wir uns selbst wiederfinden, weil wir einen Traum haben, aber oft dabei scheitern. So ist das entstanden. Und wir spielen auch sehr gern Bowling. Wir sind nur leider sehr schlecht.“
Tom: „Es geht bei uns immer darum, wer wird Letzter und wer wird Vorletzter.“
kino.de: Ihr habt mit Gaststars wie Finch zusammengearbeitet. Wie kam es dazu?
Max: „Ein sehr guter Freund von mir hört immer Finch, wenn er die Autobahn entlang brettert. […] Durch ihn bin ich auf Finch gestoßen und seitdem richtig großer Fan. Es kommt jetzt leider nicht die romantische Geschichte, dass wir ihn angeschrieben haben. Es kam einfach die Idee auf ‚Wie wäre es, wenn wir Finch fragen?‘ Dann hat die Produktion ihn angeschrieben und er hatte Bock.“
Tom: „Es war richtig cool, mit ihm zu arbeiten. Er ist ein richtig netter, lässiger Typ.“
kino.de: Welche Gastauftritte wünscht ihr euch für die Zukunft?
Max: „Thomas Müller! Ich bin Bayern-Fan, weil ich zehn Jahre in München gewohnt habe. Ich bin großer Fußball-Fan und Thomas Müller ist für mich eine Legende. Auch wenn es thematisch gar keinen Sinn ergibt, wäre das mein absoluter Traum-Cameo.“
Tom: „Lustig. Für mich wäre es Alexander Zverev.“
Max: „Ich dachte, du nimmst Gary Barlow.“
Tom (lacht): „Wollte ich erst, aber dann dachte ich, den kennt ja Deutschland gar nicht.“
Max: „Das stimmt, dabei ist der so berühmt, der ist von Take That! Tom hört ihn, das ist sein Guilty Pleasure. So ist übrigens auch der Name Gerry entstanden.“
Tom: „Genau. Wir schreiben ihn ein bisschen anders, aber tatsächlich war das ein Grund.“
Wie viel Gary Barlow und Gerry Star abseits des Namens miteinander zu tun haben, erfahrt ihr ab sofort im Stream bei Prime Video. Dort findet ihr alle acht Episoden der Mockumentary-Serie. Einen ersten Eindruck liefert euch der offizielle Trailer zu „Gerry Star – Der schlechteste beste Produzent aller Zeiten“: