Im Angesicht des Verbrechens: Zehnteilige Dramaserie über die Berliner Russen-Mafia, in deren Zentrum ein junger Polizist russisch-jüdischer Abstammung steht.
The „Heat“ is on! Mit seiner wegweisenden Fernsehserie über die Berliner Russenmafia erweist sich Dominik Graf erneut als echter „Sieger“ und deutscher Ausnahmeregisseur.
Ganz poetisch taucht Dominik Graf in seine Handlung ein. Eine junge Frau schwimmt nackt in einem idyllisch gelegenen See. Sie taucht ab zu einem Panzer, der, so die Stimme aus dem Off, seit dem Großen Krieg hier liegt. Unter Wasser, so die Stimme weiter - es ist die der jungen Schwimmerin Jelena -, wird sie laut Prophezeiung der Großmutter ihren zukünftigen Mann sehen. Und dann erscheinen Gesichter, darunter das von Marek. Schnitt. Polizist Marek hängt an einem Fallschirm, genauso wie sein Partner, sein buddy Sven und eine befreundete Kollegin. Ausgelassen ist die Stimmung, am Boden angekommen lieben die drei sich unter Fallschirmseide. Um Freundschaft geht es, um (käufliche) Liebe, um Drogen und Geld…
Und vor allem um die Suche nach Glück - und das „Im Angesicht des Verbrechens“. Die Ukrainerin Jelena landet bald in Berlin, nicht wie vom Schlepper versprochen als Bedienung, sondern als Prostituierte in einem Club namens „King George“. Der wird betrieben von der Freundin des Chefs des Nobel-Restaurants „Odessa“, Mischa, dem Ehemann Stellas - sie wiederum ist die Schwester vom lettischen Juden Marek. Komplexe Familien- und Freundschaftsverhältnisse, die an US-Überserien wie „
The Sopranos“ oder „
The Wire“ erinnern. Nicht nur inhaltlich, sondern auch formal. Graf hat 480 Serienminuten verantwortet, die genial sind, vergleichbar mit Fassbinders „Alexanderplatz“ oder Edgar Reitz‘ „Heimat“.
116 Tage wurde gedreht, um die 10 Mio. Euro soll das Budget betragen haben und am Ende war die Produktionsfirma bankrott. Mitten im Schnitt wurde das Projekt eingestellt - und dann hat man sich doch eines Besseren besonnen. Zum Glück. Mehr als ein Jahr lang recherchierte Rolf Basedow, neben Günter Schütter Grafs Stammautor, im Milieu jüdischer Russen, studierte ihre Sprache, Gewohnheiten und Regeln. Was ein ausgefeiltes Drehbuch zur Folge hatte, eins mit sorgfältig ausgearbeiteten Charakteren und einem Blick fürs Detail. In ihm fußt die Qualität des Mehrteilers - und in seiner brillanten Umsetzung.
Mit leichter Hand verknüpft Graf die zahlreichen Handlungsstränge, hält das Tempo hoch, inszeniert sex and crime, dass einem der Atem stockt. Um rivalisierende Russen-Clans kreist der Plot, um Ehre und Verrat, um Betrug und offene Rechnungen. Mit traumwandlerischer Sicherheit führt er sein vorzügliches Ensemble, die „guten“ Bullen Max Riemelt und Ronald Zehrfeld, den smarten russischen Zigaretten-Paten Misel Maticevic und seine willensstarke Frau Marie Bäumer, den korrupten Unternehmer Bernd Stegemann und den coolen Killer Georgii Poyolotskyi. Keine der Figuren gerät zum Klischee, alle sind gut wie böse, mal loyal, dann wieder auf den eigenen Vorteil bedacht. Kriminalfilm und Mafiadrama, Familien- und Gangstersaga, Road Movie und Love Story - und zwischen den Bildern grüßen „Traffic“ und „Heat“, „Good Fellas“ und natürlich auch „Die Sieger“. So brillant kann Fernsehen sein. geh.