Die erste Staffel von Robert Kirkmans „Invincible“ ist auf Amazon erschienen und beweist, Superheld*innen müssen nicht immer aus dem Hause Marvel stammen.
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Ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen, würde ich mich ganz klar als Fan des Marvel Cinematic Universe (MCU) bezeichnen. Bis auf einen bestimmten „Thor“-Film habe ich jedes MCU-Spektakel mit voller Spannung mehrfach gesehen, und auch wenn „mein Spider-Man“ für immer Tobey Maguire bleiben wird (egal wie peinlich er auch tanzt), erfreute ich mich bislang über jeden einzelnen Auftritt von Tom Holland. Und doch, obwohl mein Herz für das umfangreiche Franchise schlägt und ich die nächsten Serien und Filme kaum erwarten kann, gehe ich den Comic-Adaptionen immer regelmäßiger fremd und merke, dass das Gras auf der anderen Seite auch grün, vielleicht sogar grüner wächst.
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So zum Beispiel habe ich bei Amazon Prime „Invincible“ entdeckt. Die Animationsserie für Erwachsene erzählt von Mark Grayson (im Original Steven Yeun), einem Teenager, dessen Superkräfte sich endlich entfalten, wodurch er in die Fußstapfen seines Vaters Nolan alias Omni-Man, dem stärksten Superhelden der Welt, treten darf. Mit Fähigkeiten wie übermenschlicher Stärke, dem Fliegen und einer hohen Schmerzresistenz übt sich Mark, unterstütz von seinem Vater, fortan als Invincible am Superhelden-Dasein.
Die komplette erste grandiose Staffel von „Invincible“ auf Amazon Prime Video streamen
Zusätzlich kommen jedoch die alltäglichen Probleme eines Teenagers hinzu, denn die Schule, Freunde und die erste Freundin dürfen schließlich auch nicht vernachlässigt werden. Klingt nicht schlecht, aber auch nicht wirklich besonders. Wieso also wage ich es, die Serie mit einem Franchise wie dem MCU zu vergleichen?
Auch Netflix hält so manchen Geheimtipp versteckt. Unsere Favoriten findet ihr in unserem Video:
„Invincible“ besticht mit Ehrlichkeit
– Achtung: Es folgen mögliche Spoiler zur ersten Staffel von „Invincible“ –
Die Superheld*innen-Serie mag vielleicht auf den ersten Blick keine außergewöhnliche Handlung besitzen, lässt man sich aber auf sie ein, fällt einem plötzlich auf, was wirklich dahintersteckt. „Invincible“ vereint Spannung, Witz und Tragik auf gekonnte Weise miteinander, ohne sich dabei unnötig zu wiederholen oder den Anschein zu erwecken, dass hier eine Situation oder Emotion erzwungen wird. Man hat das Gefühl, das hier erstmals tatsächlich vorgeführt wird, wie das Leben von Superheld*innen aussehen würde, ganz ehrlich und ungeschönt.
Diese nackte Wahrheit kann die Serie vor allem darstellen, weil es eine Animation ist und weil sie eine Freigabe ab 18 Jahren besitzt. Wenn bei „Invincible“ jemand im Kampf stirbt oder bei einem Angriff eine Stadt zerstört wird und dabei logischerweise unzählige Menschen umkommen, wird es dem Publikum ungeschönt gezeigt. Damit wir uns richtig verstehen, ich lobe die Serie nicht, weil sie literweise Blut und abgetrennte Körperteile zeigt, sondern weil sie den Mut besitzt, den Terror darzustellen und was dieser mit den Figuren anstellt, ohne dabei in eine pseudointellektuelle Emo-Schiene zu fallen, die man so aus einem anderem großen Comic-Franchise kennt.
Nicht zuletzt beweist das schockierende Finale der ersten Staffel, wie man diese grauenvollen Momente in Szene setzt, aber auch, wann man sie – zumindest für einen Moment – loslassen muss. Ein solches Geschick habe ich bereits in der Amazon-Serie „The Boys“ zelebriert, aber in der MCU-Serie „The Falcon and the Winter Soldier“ vergeblich gesucht. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass ich mich auf dem neuen, vermeintlich grüneren Rasen zur Ruhe setze und meinem geliebten MCU den Rücken zukehre, sondern nur, dass ich – und das sollten wir alle – auch gerne anderen Superheld*innen außerhalb der bekannten Konsorten des MCU oder des DC-Universe eine Chance gebe und dass ich mich jetzt schon riesig auf „Invincible“ Staffel 2 freue.
Beim „The Boys“-Quiz hatte ich die volle Punktzahl erreicht. Testet jetzt, wie gut ihr euch mit der Amazon-Serie auskennt: