Jenny – echt gerecht: RTL-Dramedy-Serie über Anwaltsgehilfin Jenny, die mit ihrer lebhaften Art ihren neuen Arbeitsplatz aufmischt.
Unverdrossen sucht RTL nach einer Serie, die an den Erfolg des Dauerbrenners „Der Lehrer“ anknüpft. „Jenny - echt gerecht“ erfüllt schon mal eine wichtige Voraussetzung. Selbst wenn nicht alle Folgen sehenswert sein sollten: Die Hauptdarstellerin ist es jedes Mal.
Birte Hanusrichter ist als Titelheldin ein derartiger Wirbelwind, dass sich unwillkürlich die Frage stellt, warum sie mit immerhin schon Ende dreißig nicht längst ein Star ist. In der „Katie Fforde“-Romanze „Eine Liebe in New York“ (ZDF 2014) erinnerte sie mal an Stefanie Stappenbeck, mal an Annette Frier. Als Titelheldin der RTL-Serie wirkt sie wie eine (wenn auch ältere) Zwillingsschwester von Josefine Preuß in deren komischen Rollen. Die Parallelen sind frappierend, und das nicht nur wegen Jennys überschäumendem Temperament; auch Mimik und Körpersprache sind verblüffend ähnlich, ohne dass Hanusrichter eine Kopie der populären Kollegin wäre.
Ähnlich wie „Beck is back“ orientiert sich „Jenny - echt gerecht“ an der bewährten Mischung aus Comedy und sozialem Anspruch von „
Danni Lowinski„. Die Berlinerin Jenny Kramer ist zwar keine Juristin, kommt dem Beruf aber so nahe, wie das ohne Staatsexamen nur möglich ist. Eingefädelt ist das ebenso clever wie amüsant: Jenny, die wegen ihrer großen Klappe ständig den Arbeitsplatz wechseln muss, hat zwei Kinder von zwei Vätern. Einen der beiden hat sie verklagt, weil er keinen Unterhalt zahlt. Da ihr Anwalt, Maximilian Mertens (August Wittgenstein), den Gerichtstermin verpennt hat, taucht sie in seiner Kanzlei am Ku’damm auf, um ihn zur Rede zu stellen, und wird von seiner Kollegin und Freundin Agnes (Isabell Polak) für die neue Bürohilfe gehalten. Jenny hat gerade wieder mal einen Job verloren, also greift sie zu; Mertens hütet sich, den Irrtum aufzuklären, weil sie sonst seinem Boss (Peter Benedict) erzählen würde, dass er verkatert den Pro-bono-Termin verpasst hat.
Schon diese Vorgeschichte macht Lust auf mehr, selbst wenn Jenny als Figur viele Vorbilder hat: stets knallbunt gekleidet, ein bisschen chaotisch, knapp bei Kasse, aber mit unbestechlichem Gespür für Ungerechtigkeiten. Außerdem hat sie ein großes Herz, das sie gern auf der Zunge trägt. All‘ das macht sie zum exakten Gegenstück des zunächst ausschließlich auf den Erfolg fixierten Anwalts. Wie bei „Beck is back“ funktionieren die Folgen als Mischung aus Justizdrama und Krimi, weil Jenny nie locker lässt. In ihrem ersten „Fall“ geht es um ein ukrainisches Zimmermädchen, das vom mutmaßlich zukünftigen Bürgermeister geschwängert worden ist, was der Mann jedoch leugnet. Pikant wird die Sache, weil Kanzleichef von Bergen, der Vater von Mertens‘ Freundin, den Politiker als Mandanten gewinnen möchte. In der zweiten Folge geht es gar um Mord; auch die weiteren Episoden sind eine gelungene Mischung aus Krimi und Komödie.
Erster Gegenspieler der Heldin ist dabei stets Maserati-Fahrer Mertens, den Jenny regelmäßig davon überzeugen muss, dass Gerechtigkeit wichtiger als Paragrafen ist. Anfangs wirkt die Rolle etwas eindimensional, aber es gelingt Wittgenstein, dem arroganten Anwalt von Folge zu Folge mehr Format zu verleihen, weil Jennys klare moralische Haltung auf ihn abzufärben scheint. Die Machart orientiert sich am üblichen Stil der RTL-Dramedy-Serien. Allerdings sind die einzelnen Folgen zum Teil durchaus spannend, zumal die Fälle vor Gericht gern eine unerwartete Wendung nehmen. Trotzdem steht die heitere Seite im Vordergrund; dafür sorgt schon allein Birte Hanusrichter, die selbst aus einer schlichten Szene wie Jennys erster Tour als Beifahrerin in Mertens‘ Sportwagen ein komödiantisches Kleinod macht. tpg.