Die Netflix-Serie „Mindhunter“ von David Fincher ist bekannt für ihre authentische Darstellung von Serienmördern. Mit der Hilfe von Serienkillern versuchen die FBI-Agenten Holden Ford (Jonathan Groff) und Bill Tench (Holt McCallany) in den späten 1970er Jahren erste Erkenntnisse in der Kriminalpsychologie zu erlangen. Edmund Emil Kemper III., oder auch der Co-ed Killer genannt, ist dabei eine der befragten Figuren. Kemper gilt als einer der berühmt-berüchtigsten Serienmörder der Vereinigten Staaten von Amerika, der bis heute seine Strafe im Gefängnis absitzt. Wir haben uns das zerrüttete Leben von Ed Kemper mal etwas näher angeschaut.
Schon als Kind war Kemper gewalttätig
Schon in jungen Jahren zeigte Ed Kemper ein auffälliges antisoziales und psychopathisches Verhalten. So tötete er auf brutale Art die Familienkatzen. Später erzählte er in Interviews, dass er schon als Kind Rituale entwickelte, an deren Ende er die Köpfe und Hände der Puppen seiner beiden Schwestern entfernte. Außerdem gehörte es zu seinen Lieblingsspielen, sich als Opfer eines elektrischen Stuhls oder einer Gaskammer auszugeben. Daher verwundert es eher wenig, dass seine Mutter ihn oft zum Schlafen in einen Schrank einsperrte, aus Angst, er würde seinen Schwestern etwas antun.
Mit 15 Jahren schon ein Mörder
Während Kemper eine enge Beziehung zu seinem Vater hatte, betonte er wiederum die stark dysfunktionale Beziehung zu seiner Mutter. Sie soll eine neurotische, dominierende Alkoholikerin gewesen sein, die ihn immer wieder hänselte, erniedrigte und verbal missbrauchte. Am Ende verbrachte er seine Jugend bei seinen Großeltern. Doch nach einem schlimmen Streit im Jahre 1964 erschoss er seiner Großmutter in der Küche. Daraufhin schleppte er die Leiche ins Schlafzimmer, wo er auf die Heimkehr seines Großvaters wartete, den er dann in der Einfahrt erschoss. Daraufhin rief der damals 15-Jährige die Polizei und saß schließlich für knapp fünf Jahre in der Hochsicherheitsbesserungsanstalt Atascadero ein.
Kemper wird zum Serienmörder
Nach seiner Entlassung lebte Kemper mit 21 Jahren wieder bei seiner Mutter. Obwohl er im Laufe der Jahre immer schlimmere Streits mit ihr hatte, war er nicht fähig, sich von seiner Mutter zu trennen. Im Mai 1972 begann er seine Mordserie, wobei seine Vorgehensweise immer dieselbe war: Kemper nahm Anhalterinnen in seinem Auto mit, die ihm gefielen, fuhr mit ihnen in eine verlassene Gegend und tötete sie dort durch Erschießen, Erstechen oder Ersticken. Die leblosen Körper brachte er dann nach Hause, wo er sie misshandelte. Sein Verhalten als Serienmörder ist einer der interessantesten Fälle in der Kriminalpsychologie, weswegen Kemper auch seinen Auftritt in der Netflix-Serie „Mindhunter“ bekam.
Ermordung der Mutter als Abschluss
Nach eigener Aussage, begab sich Kemper immer dann auf die Jagd nach Opfern, wenn seine Mutter ihre Wut an ihm ausgelassen hatte. Am 20. April 1973 tötete er schließlich seine Mutter. Auch an ihrer Leiche verging er sich, wie er es bei seinen vorherigen Opfern getan hatte. Nach der Ermordung seiner Mutter, vollzog er an deren besten Freundin dasselbe Mordritual. In späteren Interviews beschrieb er all seine Morde so detailliert, dass sie sogar Teil des Drehbuchs für Finchers Serie wurden.
Perfektes Double
Der Schauspieler Cameron Britton, der Ed Kemper in „Mindhunter“ darstellt, nutzte genau diese Interviews und Videoaufzeichnung über Kemper, um ihn so authentisch wie möglich darzustellen. Er imitiert den Serienkiller nicht nur mimisch und gestisch, sondern auch mittels der Rede so perfekt, dass seine schauspielerische Leistung dem Auftreten Kempers zum Verwechseln ähnlich ist.
Die Polizei hielt sein Geständnis erst für einen Scherz
Nach dem Mord an der Mutter stellte sich Kemper selbst bei der Polizei per Telefonanruf, jedenfalls wollte er es. Aber das Problem war, dass die Beamten ihm nicht glauben wollten. Sie kannten Kemper sehr gut, haben oft mit ihm zusammen getrunken und geredet, und hielten den Anruf des netten Riesen für einen Scherz. Nach mehreren Stunden und zahlreichen Telefonanrufen von Kemper wurde schließlich der jüngste Polizist aus dem Team losgeschickt, um zu schauen, ob an dem angeblichen Morden Kempers etwas dran ist. Der Tatort wurde, zum Erschrecken aller, genau so vorgefunden, wie von Kemper beschrieben.
Lieber tot als lebendig
Nach dem Mord an der Mutter verurteilte ein Gericht Kemper zu einer mehrfachen lebenslangen Freiheitsstrafe, die er in der CMF in Vacaville, Kalifornien absitzt. Laut eigener Aussage hätte er für sich selbst Tod durch Folter gefordert. Dieses Urteil wollte er auch vor Prozessbeginn an sich selbst vollziehen, jedoch schlugen zwei Selbstmordversuche fehl.
Vom Serienmörder zum Hobby-Psychologen
Schließlich arrangierte sich Kemper irgendwann insoweit mit seiner Situation, dass er sich selbst als einen psychologischen Fall zu betrachten und zu analysieren begann. Er wurde somit nicht nur zu seinem eigenen Psychologen, sondern bot anderen Kriminologen seine Hilfe bei der Aufklärung seines Falls an. Er gilt bis heute als ein Mustersträfling, der jedoch keinen Vorteil daraus ziehen zu wollen scheint.
Fan der Serie „Police Story“
In einem Interview outete sich Ed Kemper als großer Fan der Serie „Police Story“, von der er überhaupt erst sein Insider-Wissen über die polizeilichen Strukturen gelernt habe. Die Serie lief von 1973 bis 1978 im Fernsehen. Joseph Wambaugh, der selbst jahrelang als Polizist verschiedenen Rangs tätig war, gilt nicht nur als Autor der Serie, sondern schrieb neben dieser ebenso andere Werke, die Einblicke in die Polizeiarbeit bieten.
Ungewollter Bezug in „American Psycho“
Nicht nur in Mindhunter bekommt Ed Kemper als Charakter seinen Auftritt. Auch in „American Psycho“ wird auf den Serienmörder mehrfach Bezug genommen, einmal sogar ungewollt. Ein Zitat des Serienkillers Patrick Bateman (Christian Bale) wird im Film eindeutig an den Serienkiller Ed Gein angelehnt, obwohl es von Ed Kemper stammt.
Auch in der zweiten Staffel ist Kemper zu sehen
Die Geschichte des Serienmörders Ed Kemper ist ebenso brutal wie interessant. Bis heute wirft der Fall immer wieder neue Fragen auf, wobei das hilfsbereite Auftreten Kempers gegenüber der Ermittler wohl am meisten auf befremdliche Art fasziniert. Kein Wunder also, dass Netflix diesen tiefgründigen Charakter nicht so schnell aufgibt. Auch in der neuen Staffel unterstützt Kemper die FBI-Agenten Ford und Tench.