Europa, irgendwann in der nahen Zukunft: Roboter, täuschend echt als Menschen gestaltet, die sogenannten „Hubots“, dienen den Menschen als Arbeitskräfte, Gesellschafter und Spielzeug jedweder Art. Doch während die meisten Hubots programmierungsgemäß den Aufträgen der Menschen Folge leisten, gibt es eine Gruppe „wilder“ Hubots, die sich von den anderen Serienhubots unterscheidet: Diese individuell angefertigten Hubots haben Gefühle, ein Gewissen und Wünsche. Bereits 2012 sorgte REAL HUMANS in Schweden für einen großen Erfolg. Nun kommen auch deutsche Serienfans in den Genuss dieser komplexen und anspruchsvollen Fernsehunterhaltung. REAL HUMANS verknüpft diverse Handlungsstränge kunstvoll miteinander: Da gibt es die Familie Engman, die sich einen Hubot zulegt, zunächst zum Unwillen der Mutter. Der Rest der Engmans ist jedoch sofort begeistert von „Anita“, die ein Teil der Familie wird. Opa Lennart vermisst seinen Hubot namens Odi, der nicht nur Auto fahren konnte, sondern auch für ihn einkaufen ging, aber aufgrund eines technischen Defekts entsorgt werden soll. Gegen den neuen weiblichen Hubot, der einem Hausdrachen ähnelt, wehrt sich der alte Mann entschieden, ähnlich wie Roger, der dem Hubot, in den sich seine Frau dummerweise verliebt hat, kurzerhand den Saft abdrehen möchte. Und dann gibt es da noch die wilden, empfindsamen und eigenwilligen Hubots, die unter der Führung der kaltblütigen Niska, gesetzwidrig ohne Besitzer, ihre eigenen Wege suchen. Einer von ihnen träumt beispielsweise davon, wie die Menschen zu werden und sucht die Nähe zu Bibel und Kirche. Immer wieder formuliert die Serie Grenzüberschreitungen, wirft Fragen auf, schafft Ambivalenzen und setzt sie an Stelle von Normen und Eindeutigkeit. Gekonnt vermischt das von Lars Lundström konzipierte Format verschiedene Genres wie Science-Fiction, Thriller, Horror und klassische Dramaserien nach amerikanischem Vorbild, wobei sowohl der Humor als auch die Spannung wesentliche Gestaltungsmomente sind. Dass mit der geschickt konstruierten Dramaturgie auch eine tiefergehende moralische Auseinandersetzung mit zentralen, aktuellen Themen einhergeht, zeichnet die Serie besonders aus. In einer immer stärker technisierten und automatisierten Welt stellt sich die Frage nach Sinn, Zweck, Möglichkeiten und Gefahren dieses Prozesses. Nebenbei wird der immer stärker werdende Optimierungswahn der heutigen Gesellschaft auf die Spitze getrieben. REAL HUMANS gelingt so auf spannende und anspruchsvolle Weise die Verbindung zwischen Unterhaltung und Denkanstößen. Ein Serienhighlight mit hohem Suchtpotenzial.
Jurybegründung:
Die stark auf Kontinuität hin konzipierte Fortsetzungsserie etabliert in der ersten Episode mehrere Handlungsstränge, die alle mit dem zentralen Thema der Serie verbunden sind. Jeder Handlungsstrang ist so angelegt, dass er sich früher oder später mit anderen Handlungssträngen überschneidet und befasst sich mit einem bestimmten Aspekt des zentralen Themas. Es geht um Menschmaschinen, in der Serie Hubots genannt, die mal mehr Mensch, mal mehr Roboter sind, und es geht um die Frage, wie der Mensch mit diesen von ihm selbst angefertigten Wesen umgehen soll. Einige Hubots können vollkommen selbständig agieren, haben sogar Gefühle, andere wiederum sind für bestimmte Arbeitsbereiche programmiert, weitere werden gezielt manipuliert und auf dem Schwarzmarkt vertrieben. Alle müssen sich jedoch beizeiten an einer Steckdose aufladen. Über diese multiperspektivische Behandlung des Themas gelingt es der Serie, wichtige Fragen zum Menschsein im Allgemeinen aufzuwerfen. Zudem wird durch die sehr durchdachte serielle Dramaturgie von Anfang an enorm viel Spannung aufgebaut. Einige Folgen platzieren am Ende einen gut ausgewählten Cliffhanger, um die Spannung auf die Spitze zu treiben. Die Dialoge sind intelligent geschrieben, treiben die Handlung voran und vermitteln zudem viel über das Thema der Serie, ohne sich dabei in allzu philosophische Gefilde zu begeben. Die Musik erreicht eine suggestive Kraft und trägt zur Spannungssteigerung bei. Den einzelnen Handlungssträngen entspricht eine spezifische Bildsprache, die gezielt heutige Sehgewohnheiten bedient. So ist das Umherziehen der wilden Hubots durch den Wald im Stil der TWILIGHT-Filme gehalten. Die ganze Serie zeichnet sich durch einen großen Gestaltungswillen aus.
Sich sichtbar und gewinnbringend an narrativen Strategien der hoch gelobten neuen US-amerikanischen Serien orientierend, ist REAL HUMANS eine atemberaubende, intelligente und originelle Vision einer vielleicht nicht allzu fernen Zukunft.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)