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Sherlock Staffel 4 Folge 1 – Review (Spoiler!) – Freunde gehen, Feinde bleiben

Sherlock Staffel 4 Folge 1 – Review (Spoiler!) – Freunde gehen, Feinde bleiben

Ein neues Jahr, eine neue Staffel „Sherlock“. Am ersten Tag des taufrischen Jahres 2017 strahlte die BBC Folge 1 der neusten Season aus. Seit dem Ende von Staffel 3 warten Fans auf die Auflösung des Cliffhangers – und bekommen zum Auftakt der vierten Staffel statt Antworten vor allem Action, Explosionen, Kugelhagel und ein hochdramatisches Ereignis, das die Serie tiefgreifend verändern wird. Sherlock muss sich einer unerwarteten Herausforderung stellen und verlangt auch von seinen Fans Anpassungsfähigkeit, wenn die Serie strukturell neue Tendenzen ausprobiert.

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Sherlock die Vierte: Review zu „Sherlock – The Six Thatchers“

Sherlock (Benedict Cumberbatch) ist der alte, doch seine Welt wird sich in der neuen Staffel drastisch verändern. Der Meister des Sarkasmus denkt schnell, spricht noch schneller und erfreut sich im Anschluss an eine seiner monologartigen Tiraden der verdutzen Gesichtern seiner Gegenüber. Auch in „Sherlock“ Staffel 4 Folge 1 sind es genau diese Sekunden der Irritation, die sich Sherlock zum Vorteil macht, um seine Gegner zu überlisten.

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„The Six Thatchers“ war eine Hetzjagd, bei der nicht nur die Rollen von Jäger und Gejagtem schnell wechselten, sondern auch die betroffenen Antagonisten Sherlocks. Zeitweise wird dieser sogar selbst vernachlässigt, wenn die Handlung den Spuren von Mary (Amanda Abbington) folgt. Fans, die auf die Auflösung des Mysteriums um den scheinbar wundersam wieder von den Toten erwachten Moriarty (Andrew Scott) warten, werden schnell enttäuscht (oder im besten Fall davon abgelenkt), denn der Plot wird bald um eine andere Person und dessen Feinde kreisen: Marys Vergangenheit als Spezialagentin holt sie in Form des rachsüchtigen Kollegen Ajay ein, der sie tot sehen will. „Tell her, she’s a dead woman walking“, droht er Sherlock. Sherlock wird zum Boten einer Todesdrohung instrumentalisiert und wird seine dringlichste Aufgabe darin sehen, Mary und ihre Familie (Ehemann John Watson und Baby Rosemund) zu schützen.

Ebenso wie die Zuschauer hält Sherlock an der Suche nach Moriarty fest. Er wird krampfhaft versuchen, die Rolle seines Erzfeindes in dieser Intrige auszumachen und verliert dadurch wichtige Zeit. Am Ende löst Sherlock den Fall doch (und das ist auch richtig so: Die Überlegenheit Sherlocks ist die nötige Genugtuung, die Fans immer wieder abholt und in ihrer Begeisterung für den eigensinnigen Detektiv bestätigt).

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Dennoch, bis zum großem Paukenschlag gab es Durststrecken, die bestenfalls durch das visuelle Vergnügen an einfallsreichen Szenenübergängen, Schnitten und Überblendungen überbrückt wurden. Das formale Geschick der Macher tröstete über stellenweise Langweile hinweg. Zugegeben, eine rasante Folge, in der die Handlung im Minutentakt Kapriolen schlägt, braucht wohl dosierte Entspannungsmomente.

Watsons (Martin Freeman) geheimer Chat mit einer schönen Unbekannten aus dem Bus, die ihn beinah zum Ehebruch animiert, ist sicherlich eine solche Entschleunigung – scheitert jedoch daran, sich dramaturgisch in die Dynamik einzufügen, sprich der Handlung etwas hinzuzufügen. So wohnt man der sich anbahnenden Affäre distanziert bei und wird mindestens bis zur nächsten Folge im Dunkeln über die Relevanz dieser Nebenhandlung bleiben – vor allem angesichts des tragischen Endes (Spoiler kommen. Wirklich. Wer jetzt weiterliest, ist selbst schuld): Mary stirbt.

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Es ist also höchst unwahrscheinlich, dass der trauernde Witwer Watson einen Babysitter für Rosemund anruft, um dann unbeschwert mit einer Neuen im Hotelzimmer das Leben zu genießen (oder gleich im Ehebett, da ist ja jetzt ein Platz frei). Ist da tatsächlich schon mehr gelaufen als SMS? Könnte dies Watsons Leben noch unglücklicher machen, plagen ihn nun doch Gewissensbisse gegenüber seiner nicht nur toten, sondern auch betrogenen Frau? Wie es in diesem Punkt weitergeht, bleibt abzuwarten – der Serie würde es kaum Abbruch tun, die Sache an dieser Stelle bereits fallen zu lassen.

Alternativ könnte die Serie den eigentlich im Mittelpunkt stehenden Figuren mehr Raum geben. Ist es ein Trugschluss zu denken, die Dynamik ginge verloren, würde die Kamera einen Augenblick auf einem Motiv verweilen? Würde die Gefühlsentwicklung, die sich in einem Gesicht spiegelt, für mehr als 10 Sekunden gezeigt? Würde die Kamera hinsehen und uns Zuschauern eine Chance für Mitgefühl lassen? (Zum Beispiel als Ajay unerwartet durch die Kugel eines Polizisten getötet wird - eine zu einfache Lösung, die einfordert, im Gegenzug zumindest die ambivalenten Gefühle Marys zu thematisieren.) Die Tendenz in Richtung Action-Serie scheint in dieser Folge im Interesse der Macher zu sein, fordert jedoch ihren Tribut.

Kritik zu „Sherlock“ Staffel 4 Folge 2

Alte Freunde gehen, alte Feinde bleiben

Zurück zum Ende: Eine unerwartete Gegenspielerin wird entlarvt. Sie war die Unbekannte im Rätsel um das Scheitern des „Tiblis Incident“. Sie gab die Identität von Marys Kollegen preis und verdammte diese somit zu jahrelanger Gefangenschaft und grausamer Folter bis zum Tod. „The English woman“, hinter der Ajay her war, war also keineswegs seine loyale Kollegin Mary, sondern schlicht und (nicht-)einfach eine Protokollantin aus den innersten Regierungskreisen. Einmischung war ihre hinterhältige Art, den Traum einer verpassten Agentenkarriere auszuleben. Verletzt über ihr endgültiges Scheitern, greift sie zur Waffe. In Zeitlupe folgen wir der goldenen Kugel in Richtung Sherlocks Torso – und laden bei einer Großaufnahme des roten Fleckens, der sich auf Marys weißem Shirt ausbreitet. Sie hat sich vor Sherlock geschmissen. Watsons Blick verspricht, Sherlock das nie zu verzeihen.

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Der Abschied von einer derart wichtigen Nebenrolle wie Mary mag seinen berechtigten Moment an Tragik einfordern. Dennoch werden wohl nur Freude der Gefühlsduselei den dramatischen Höhepunkt am Ende nicht wenigstens ein kleines bisschen zäh finden. Einerseits, weil der Zuschauer gerade 90 Minuten lang auf Action, Explosion, Kugelhagel und Faustkampf eingestellt worden ist, andererseits, weil viele wichtige Fragen offenbleiben, die auf Antwort drängen: Die Protokollantin wird abgeführt. Die Suche nach dem angekündigten neuen männlichen Feind, sowie dem nicht tot zu kriegenden Moriarty geht weiter.

Auch was danach passiert, hinterlässt den bitteren Nachgeschmack der Niedergeschlagenheit. Sherlocks Fähigkeiten konnten die Katastrophe nicht abwenden. Um die Kluft zwischen ihm und Watson zu überbrücken, kommt der stolze Sherlock mit seinem wachen Geist und seiner Kombinationsgabe nicht mehr weiter. Nun ist sein Einfühlungsvermögen im Zwischenmenschlichen gefragt: Sherlocks Schwachpunkt und die vielleicht größte Herausforderung für ihn bisher.

Am Ende steht man am Anfang, mit leeren Händen – Alles zerfließt wie Wasser

Große Ereignisse schlugen Wellen, deren Zerstörungswut auch in den nächsten Folgen noch spürbar sein wird. Apropos Wellen: Wasser spielt eine Rolle. Der brenzlige Zweikampf zwischen Sherlock und Ajay fand in einem Pool statt. Auch mit Moriarty hatte Sherlock einmal ein Duell in einer Schwimmhalle (in Staffel 1). Der Ort des finalen Showdowns in dieser neuen Folge war ein Aquarium - ebenjener Ort, an dem die Parabel auf den wartenden Tod am Anfang erzählt wurde. Der gewiefte Beobachter hätte den Bösewicht, die Protokollantin, anhand dieser symbolischen Verknüpfung von Gefahr/Tod und Wasser entlarven können: Als Sherlock anfänglich im Meeting mit ihr spricht und über sie nachdenkt, erscheinen Wasserspiegelungen als Lichtspiel auf seinem Gesicht. Eine bildfüllende Aufnahme von Wasser am Ende der Folge gibt Anlass zur Spekulation, dass dieses Motiv vielleicht noch für weitere Folgen wichtig sein könnte – nicht undenkbar bei einer derart detailverliebten ausgearbeiteten Serie, in der jedes Wort, jede Geste, jedes Objekt potenziell bedeutungsschwanger ist.

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Überhaupt stehen die 90-minütigen Folgen weniger als zuvor für sich selbst, sondern funktionieren zunehmend gleitend. Handlungsstränge verstricken sich zu einem dichtmaschigen Netz aus gegenseitigen Abhängigkeiten, dessen Auswirkungen folgenübergreifend agieren. So gleicht sich „Sherlock“ den Kriterien an, die man von der Gattung Serie an sich erwartet. Ankreiden kann man das der Krimi-Serie nicht. Es nimmt dem Format aber ein Stück weit die Außergewöhnlichkeit, für die sie gelobt wurde. Andererseits werden Fans dadurch besser eingebunden: Insider-Wissen wird nützlicher und notwendiger und der Status der Fangemeinde dadurch exklusiver.

„Sherlock“ Staffel 4 Folge 1 im Stream

Hierzulande sind die neusten Folgen von „Sherlock“ Staffel 4 im Stream verfügbar. Eine Episodenliste und Infos zu den deutschen Sendeterminen erfahrt ihr ebenfalls im angegebenen Link. Wie geht es weiter mit der beliebten und gelobten BBC-Serie? Ob Staffel 4 die letzte sein wird, lest ihr hier.

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