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„Polizeiruf 110: Diebe“ (Episode 410): Kritik

„Polizeiruf 110: Diebe“ (Episode 410): Kritik
© NDR / Christine Schroeder

Vor zwei Jahren endete die explosivste Ära der deutschen Krimi-Landschaft, in Rostock wehten die Fahnen aber nur kurz auf Halbmast. Zwar knirschte es anfangs noch ein wenig auf dem frisch lackierten Flaggschiff, doch spätestens jetzt heißt es wieder volle Fahrt voraus. Warum der fünfte gemeinsame Auftritt von Anneke Kim Sarnau und ihrer neuen Partnerin Lina Beckmann ihr bislang bester ist, erfahrt ihr in Mareks Kritik zum „Polizeiruf 110: Diebe“.

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Welche Kommissare ermitteln im „Polizeiruf 110: Diebe“?

„Du kannst gar kein Arschloch sein.“ Allein die Mischung aus Fassungslosigkeit und stiller Bewunderung, mit der Katrin König diesen Satz über ihre Kollegin Melly Böwe ausspricht, wäre am Anfang ihrer Zusammenarbeit kaum denkbar gewesen und weist dem Rostocker „Polizeiruf 110“ feinfühlig den Weg in die Zukunft. Dass die immer mit seiner wilden Vergangenheit verbunden bleibt, ist bei den konsequent linear erzählten Räuberpistolen in der Hansestadt gang und gäbe, wurde zuletzt aber bereits durch eine ungewohnt nüchtern gehaltene Kriminalgeschichte in deutlich ernsthaftere Fahrwasser gelenkt als noch zu Zeiten des omnipräsenten Lebemanns Sascha Bukow.

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Als der Kommissar seinen von Anfang an wackeligen Ritt auf der Rasierklinge zwischen kriminellen Seilschaften und halbwegs redlichem Familienleben ins Hafenbecken setzte, hinterließ er nicht nur reichlich verbrannte Erde, sondern auch seine Lebensliebe Katrin König. Die reagierte wütend und wurde in den ersten Begegnungen mit ihrer neuen Partnerin Melly Böwe, die ausgerechnet die Halbschwester von ihrem Verflossen ist, in eine emotionale Einseitigkeit gedrängt, die den Neuanfang in Rostock schwierig machte. Spätestens jetzt ist von den durchaus verständlichen Befindlichkeiten so gut wie nichts mehr übrig und auch Kommissar Volker Thiesler, der sich in seinem Karriereweg übergangen fühlte, packt wieder mit an. Da der eigentliche Kriminalfall ebenfalls überzeugt, ergibt sich ganz automatisch ein fesselnder Krimi, der sich in die ruhmreichen Annalen an der Ostsee mühelos einreihen kann.

Hätten Bukow und König beim „Tatort“ ermittelt, wären sie in folgendem Video natürlich vertreten. Dank ihres neusten Auftritts kann man das auch von dem Duo König und Böwe behaupten, ohne dass der Rollmops vor Schreck vom Brötchen flutscht.

Worum geht es im „Polizeiruf 110: Diebe“?

Die drogensüchtige Mascha ist zwar dem Heroin verfallen, ihrer kleinen Tochter Holli aber dennoch eine liebevolle Mutter, was auch die empathische Kommissarin Böwe berührt, weshalb sie im Verlauf ihres fünften Einsatzes in der Hansestadt einige fatale Fehler begeht. Weitaus abgebrühter tritt ihre Kollegin König auf, die aus Prinzip keinem Junkie traut, besonders, wenn ein Mord im Spiel ist.

Bei einer ihrer nächtlichen Einbruchstouren haben Mascha und Holli sich ausgerechnet im Haus der gerade getöteten Journalistin Vera Bödecke die Taschen vollgemacht, was natürlich zumindest die derangierte Mutter verdächtig macht. Veras zum Witwer gewordener Ehemann hat allerdings eine gänzlich andere Theorie, die das gewaltsame Ableben seiner betagten Ehefrau mit den zweifelhaften Machenschaften einer Investmentfirma in Verbindung bringt, die es auf das Vermögen älterer Menschen abgesehen hat. Eigentlich eine willkommene Entlastung für Mascha, doch auch die schwer gezeichnete junge Frau spielt nicht mit offenen Karten.

Mareks „Polizeiruf 110“-Kritik: Der bislang beste Rostocker Krimi nach dem Neuanfang

Fast schon märchenhaft mutet die wunderschön fotografierte Eröffnungssequenz des neusten Rostocker „Polizeirufs 110“ an, wenn Mutter und Tochter in einem Meer aus Seifenblasen durch die Nacht tanzen. Die Realität ist freilich eine gänzlich andere. Mascha Kovicz missbraucht ihr Kind als Komplizen bei ihren Raubzügen und setzt sich auf der Toilette eines einschlägigen Lokals einen Schuss, während das kleine Mädchen geduldig vor der Tür ausharren muss.

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Die bewusst ambivalent gehaltene Ouvertüre dient nicht nur als Beschreibung einer gestohlenen Kindheit, sondern sorgt zugleich dafür, dass die unterschiedlichen Charaktere der beiden Kommissarinnen sichtbar werden und letztlich aufeinanderprallen. Die bisweilen exzentrisch auftretende, im Kern aber weiche Melly Böwe will helfen, während ihre mit vielen Wassern gewaschene Kollegin die Notlage von Mascha Kovicz ausnutzen möchte. Dass die beiden Polizistinnen dennoch respektvoll miteinander umgehen, bereichert besonders die Figur der mitunter zornig gezeichneten Katrin König um eine Facette, die sowohl ihr als auch dem gesamten Rostocker Geflecht gut tut. Das darf sich wieder hauptberuflich auf seinen Fall konzentrieren, der sich diesmal auf zwei parallel erzählte Geschichten erstreckt, die nach 90 packenden Minuten in einem erschreckenden Finale münden, das in seiner Härte so nicht zu erwarten war. Dass der Schluss als Schlag in die Magengrube wirklich berührt, liegt dabei nicht zuletzt genau an der vergleichsweise zurückhaltend agierenden Besetzung auf dem Revier, die in ihrem generalüberholten Gewandt eine überzeugende Figur abgibt und als Blaupause für die Zukunft ein großes Versprechen abgibt. Die Krimi-Hochburg Rostock lebt und das auch ohne Charly Hübner alias Sascha Bukow.

Der „Polizeiruf 110: Diebe“ wurde am Sonntag, dem 25. Februar 2024 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt für sechs Monate in der Mediathek als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es zum „Tatort“ und der überragenden Kieler Episode „Borowski und der Wiedergänger“.

„Tatort“-Quiz: Wie gut kennt ihr den Krimi-Dauerbrenner wirklich?

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