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„Polizeiruf 110: Der Dicke liebt“ (Episode 412): Kritik

„Polizeiruf 110: Der Dicke liebt“ (Episode 412): Kritik
© MDR / filmpool fiction / Felix Abraham

Zum 50. Geburtstag verwöhnte der MDR alle Krimifans mit einer Sonderfolge des „Polizeirufs 110“, die eine überzeugende Brücke zu den Anfängen des DDR-Pendants zum „Tatort“ schlug. Nun sind die Kommissare Koitzsch und Lehmann zurück und knüpfen eindrucksvoll an die Qualität ihres Debüts an, wie ihr in Mareks Kritik zur Episode „Der Dicke liebt“ erfahrt.

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Welche Kommissare ermitteln im „Polizeiruf 110: Der Dicke liebt“?

Vor drei Jahren reanimierte der MDR den Hallenser „Polizeiruf 110“ und schuf mit der so stillen wie stimmungsvollen Sonderfolge „An der Saale hellem Strande“ eine fast schon elegische Hommage an die mittlerweile über 50 Jahre alte Krimireihe, die sich einst in der DDR als Gegenentwurf zum westdeutschen „Tatort“ zum Straßenfeger entwickelte. Keine einzige Actionsequenz, noch nicht einmal eine erfolgreiche Auflösung am Ende der 90 Minuten waren als klare Antithese zum oftmals ruppigen, vermeintlich großen Bruder zu verstehen und auch der ursprünglich gar nicht eingeplante Nachfolger fällt nicht gerade durch eine Überdosis an Remmidemmi auf. Stattdessen gibt es einmal mehr einen authentischen Einblick in die langsamen, aber präzisen Mechanismen hartnäckiger Polizeiarbeit, erneut überragend vorgetragen von Peter Schneider und Namensvetter Peter Kurth.

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Letzterer wurde 2015 für seine unsentimentale, in jedem Augenblick berührende Darstellung eines an Muskelschwund erkrankten Boxers im Drama „Herbert“ völlig zurecht mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet und hätte in einer gerechten Welt dafür auch den Oscar gewinnen müssen. Nicht ohne Grund erinnert sein Kommissar Henry Koitzsch mit der glänzenden Lederjacke und dem leisen Duktus an die einstige Paraderolle, zumal der Regisseur erneut Thomas Stuber heißt und ganz genau weiß, wie er den Theaterstar optimal in Szene setzen muss. Herzstück des neuen „Polizeirufs 110“ ist allerdings Gaststar Sascha Nathan, der als mordverdächtiger Lehrer mit pädophilen Neigungen eine denkwürdige Vorstellung abgibt, die ebenfalls mit einem Goldjungen ausgezeichnet werden müsste. Leider ist Halle aber nicht Hollywood, was die Qualität dieses außergewöhnlichen Krimis allerdings nicht schmälern sollte.

Wenn die Kommissare Koitzsch und Lehmann dauerhaft an Bord bleiben, müssen wir unser Video der besten „Tatort“-Teams um eine „Polizeiruf 110“-Rubrik erweitern.

Worum geht es im „Polizeiruf 110: Der Dicke liebt“?

Eine Wohnung voller Kuscheltiere, ein Schnappschuss von seiner minderjährigen Schülerin und eine unsaubere Akte: Mathelehrer Krein hat die achtjährige Inka vergewaltigt und getötet, so steht es jedenfalls für die Bewohner der Plattenbausiedlung fest, in der sich der übergewichtige Pädagoge vom Leben eines Erwachsenen abschirmt. Doch hat der Mob recht, der zur gnadenlosen Hetzjagd anstimmt? Die Kommissare Koitzsch und Lehmann sind sich nicht sicher und bemühen sich um Professionalität, auch wenn ihnen die Ermittlungen sichtlich an die Nieren gehen.

Dass Peter Koitzsch vor Kurzem bei einer Trunkenheitsfahrt aus dem Verkehr gezogen wurde, macht die Arbeit nicht einfacher, schließlich ist der Flachmann nach wie vor ein wichtiger Begleiter auf den Wegen des stoischen Mannes, der in seiner Ledermontur wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten wirkt. Kann er sich zusammenreißen und den wahren Mörder des Mädchens finden?

Mareks „Polizeiruf 110“-Kritik: Einzigartiger Krimi spielt in eigener Liga

Ein Sexualmord an einem Kind, Lynchjustiz sowie ein alkoholkranker Kommissar: Harter Tobak, der vielerorts als düsterer Thriller aufbereitet worden wäre, doch an der Saale ticken die Uhren erneut deutlich langsamer als beispielsweise in Dortmund oder Bremen. Fast schon balladesk ergründet das präzise, nüchtern gehaltene Drehbuch die Abgründe seiner handelnden Figuren, tieftraurig schleicht der leisetretende Riese Kroitsch durch die triste Szenerie zwischen verrauchten Sozialwohnungen und spärlich abgestellten Trauerbekundungen, nur untermalt von dezenten Klavierklängen.

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Reißerisch ist der zweite „Polizeiruf 110“ mit Peter Schneider und Peter Kurth in keiner Minute, was seiner tieftraurigen Geschichte ein realistisches, und damit umso bedrückenderes Antlitz verpasst. Gespickt mit großartigen schauspielerischen Leistungen eignet sich der Ausnahmekrimi kaum für einen entspannten Fernsehabend mit halb geöffneter Chipstüte, dafür funktioniert er umso besser als feinsinniges Drama, dessen eigenwillige Stilistik allerdings auch herausfordernd sein kann. Wer sich auf eine Sichtung einlässt, und das ist dringend zu empfehlen, wird dafür nicht nur mit einem einzigartigen Krimi belohnt, sondern auch mit einem hübschen Gastauftritt von Andreas Schmidt-Schaller, der als Leutnant Thomas Grawe die frühen Jahre des „Polizeirufs 110“ wie kaum ein zweiter prägte. Bleibt nur zu hoffen, dass er bei einem dritten Fall wieder an Bord ist und es nicht erneut drei Jahre dauert, bis uns der MDR mit einem weiteren Geschenk beglückt.

Der „Polizeiruf 110: Der Dicke liebte“ wurde am Sonntag, dem 21. April 2024 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es zurück zum „Tatort“ und der überraschend emotionalen Kölner Episode „Diesmal ist es anders“.

„Tatort“-Quiz: Wie gut kennt ihr den Krimi-Dauerbrenner wirklich?

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