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„Polizeiruf 110: Hexen brennen“ (Episode 400): Kritik

„Polizeiruf 110: Hexen brennen“ (Episode 400): Kritik
© MDR / filmpool fiction / Conny Klein

Hexenwahn statt Kürbiskult: Zum Gruselfest geht es für die Magdeburger Kommissarin Doreen Brasch schnurstracks ins Mittelalter, zumindest wenn man sich die degenerierte männliche Bevölkerung am Fuße des Brockens aus der Nähe anschaut. Warum die im Kern recht schlichte Schauermär dennoch ein großes Vergnügen ist, erfahrt ihr in Mareks „Polizeiruf 110“-Kritik zur Episode „Hexen brennen“.

Welche Kommissare ermitteln im „Polizeiruf 110“„Hexen brennen“?

Im „Tatort“ wurde der Teufel bereits vor gut einem Monat mit einer Wiener Melange abgefrühstückt, nun darf sich der Magdeburger „Polizeiruf 110“ am saisonbedingten Grusel versuchen. Vom Dienstsitz der mittlerweile souverän als Einzelkämpferin auftretenden Kommissarin Doreen Brasch ist allerdings kaum etwas zu sehen, stattdessen muss sie einen grausamen Foltermord im Harzer Hinterland aufklären.

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Dass sie dabei über weite Strecken auf sich allein gestellt ist, funktioniert einmal mehr bestens, ein Teamplayer war die mitunter schroffe Polizistin schließlich nie. Daran konnten auch so große Namen wie Sylvester Groth und Matthias Matschke nichts ändern, die in den Anfangstagen des mitteldeutschen „Polizeirufs 110“ trotz all ihrer Klasse eher ein Hindernis denn eine Bereicherung darstellten. Entsprechend erwies es sich als genialer Schachzug, auf die neuerliche Verpflichtung eines weiteren Hauptdarstellers zu verzichten und stattdessen Doreen Braschs Chef Uwe Lemp mehr in den Fokus zu rücken. Mit ihm stimmt die Chemie plötzlich, vielleicht auch, weil die Rollen klarer verteilt sind und der immer gutmütiger agierende Kriminalrat für seine Kommissarin wirklich eine Art Fels in der Brandung ist, so auch auf dem Brocken.

Ihr vermisst den „Tatort“? Dann schaut doch mal in unser Video rein.

Worum geht es im „Polizeiruf 110“„Hexen brennen“?

Männer in Elend und Sorge fürchten sich vor der Stärke ihrer immer selbstbewusster agierenden Frauen, die sie daraufhin als Hexen verunglimpfen, foltern und verbrennen. Eine solche mittelalterliche Barbarei hat es im Harz vor vielen Jahren tatsächlich gegeben und noch heute winken allerhand Spitzhüte und Zauberbesen aus den kleinen Fachwerkhausfenstern der urigen Bergdörfer und Städtchen, zumindest zur Walpurgisnacht. Die liegt zwar schon ein Weilchen zurück, doch das kleine Hexenlädchen findet natürlich auch an Halloween seine Kundschaft. Die besteht nun allerdings aus Kommissarin Brasch, die sich über die Rituale vergangener Tage erkundigt. Der Grund dafür ist erschütternd. Gastronomin Tanja Edler wurde mit altertümlichen Folterinstrumenten zu Tode gequält, ihre Leiche im Anschluss auf dem Scheiterhaufen dem Feuer überlassen.

Verdächtig ist zunächst ihr ungeliebter Halbbruder, dem die Mutter noch nicht einmal die einfachsten Arbeiten in der Küche des Familienbetriebs zutraut und die daher ihre Tochter aus dem fernen Berlin zurück in die Heimat beorderte. Aber auch die anderen Männer im Dorf scheinen einen grundsätzlichen Hass auf das andere Geschlecht zu hegen, von dem sie sich verlassen und gedemütigt fühlen. Doch wer hat seine dunklen Fantasien wirklich in die Tat umgesetzt?

Mareks „Polizeiruf 110“-Kritik: Überraschend humorvoller, famos vorgetragener Hokuspokus

Schwarze Magie, ein übersichtlicher Kreis an Verdächtigen und ein Familienzwist der rustikalen Art. Das Grundgerüst des neusten „Polizeirufs 110“ ist verhältnismäßig schlicht und könnte auch in einem Kurzfilm abgearbeitet werden. Der entscheidende Faktor ist folgerichtig seine Ausschmückung und genau die ist allen Beteiligten formidabel geglückt. Drehbuchautor Wolfgang Stauch tappt nicht in die Falle, den grausamen Mord mit noch mehr Schaurigkeiten zu torpedieren und sich an den gängigen Mustern des gemeinen Horrorfilms abzuarbeiten, sondern schlägt mit seiner erstaunlich humorvollen Vorlage einen komplett anderen Weg ein.

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Statt verhextem Humbug gibt es brillant geschliffene Dialoge, die von herrlich verschrobenen Charakteren vorgetragen werden, aus denen der von Michael Schweighöfer als eine Art knuffiger Wüterich verkörperte Gemeindearzt heraussticht. Allein seine erste Begegnung mit Doreen Brasch lohnt das Einschalten, vom zuvorkommenden Dorfpolizisten und den altklugen „Shining“-Zwillingen ganz zu schweigen. Eine reine Komödie ist der „Polizeiruf 110“ aber trotz all des Schabernacks nicht geworden. Als toxisches Mutter-Sohn-Gespann bringen Gabriela Maria Schmeide und Pit Bukowski die dunkelste Seite des Geschlechterkampfes zum Vorschein und bereichern den Krimi um eine abgründige Facette, die für die nötige Balance am Brocken sorgt. Die aufsteigende Form des Magdeburger „Polizeirufs 110“ bestätigt sich also auch in fremden Gefilden. Darauf ein frisch gezapftes Hasseröder.

Die „Polizeiruf 110“-Episode „Hexen brennen“ wurde am Sonntag, dem 30. Oktober 2022, um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es in den Breisgau zu Franziska Tobler und Friedemann Berg und dem „Tatort: Die Blicke der Anderen“.

„Tatort“-Quiz: Testet euer Wissen über Thiel, Boerne und Co.!

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