Kurz vor ihrem nahenden Abschied überraschen die Münchner Urgesteine Batic und Leitmayr mit dem wohl blutigsten Krimi ihrer Laufbahn. Warum der fesselnde Thriller auch in Hinblick auf die Zukunft ein Ausrufezeichen setzt, erfahrt ihr in Mareks Kritik zum „Tatort: Schau mich an“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort: Schau mich an“?
Noch vier Einsätze, dann endet nach über 30 Jahren die „Tatort“-Karriere von Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl. Schon jetzt können die Schauspieler auf eine einzigartige Filmographie zurückblicken, die im deutschen Fernsehen ihresgleichen sucht. So viele qualitativ hochwertige Kriminalfilme haben selbst die Kölner Dauerbrenner Ballauf und Schenk nicht im Repertoire und auch diesmal gibt es an der Ermittlungsarbeit von Ivo Batic und Franz Leitmayr nichts auszusetzen. Gewohnt souverän bilden sie den Ruhepol eines ansonsten überraschend harten, bisweilen grausamen Thrillers über die schiere Lust am Quälen und Töten unschuldiger Menschen und Tiere.
Viel Platz für die üblichen, von sanfter Selbstironie durchzogenen Kabbeleien der alten Hasen gibt es in Anbetracht der bedrückenden Thematik freilich nicht, dafür darf Assistent Kalli in den Vordergrund rücken und seinen Mann stehen. Dass sein Darsteller Ferdinand Hofer die Idealbesetzung für den bald frei werdenden Chefposten wäre, steht natürlich nicht erst seit heute fest, wird im neusten Münchner „Tatort“ aber eindrucksvoll untermauert. Bleibt nur zu hoffen, dass die Verantwortlichen des Bayerischen Rundfunks ihr Eigengewächs auf dem Zettel haben. Ein Platz in folgenden Video wäre ihm jedenfalls sicher.
Worum geht es im „Tatort: Schau mich an“?
Der in einem Abwasserkanal entsorgte Torso einer weiblichen Leiche setzt den eintreffenden Kommissaren Batic und Leitmayr sichtlich zu, doch das Schlimmste haben sie noch vor sich. Dank eines Hinweises ihres Wiener Kollegen Eisner kommen sie einem Tierquäler auf die Spur, der seinen Sadismus mittlerweile auch an Menschen auslebt und seine Taten auf einer einschlägigen Internetplattform maskiert zur Schau stellt.
Während das nächste Opfer bereits gefesselt in seinem Verließ dahinsiecht, beginnt für die Münchner Polizei eine fiebrige Suche nach dem Serienkiller, an dessen Ende Assistent Kalli einen fatalen Alleingang unternimmt. Können ihn seine Vorgesetzten rechtzeitig retten?
Mareks „Tatort“-Kritik: Verstörender Einblick in menschliche Abgründe
„Bei den Dreharbeiten zu diesem Film kamen keine Tiere zu Schaden.“ Wem bei dieser Einblendung am Ende des Vorspanns mulmig zumute wird, sollte sich auf einen schwierigen Fernsehabend einstellen. Regisseur und Drehbuchautor Christoph Stark lotet in seinem neusten Thriller die Grenzen des im „Tatort“ Zeigbaren aus und belässt es nur ab und an bei Andeutungen. Vielmehr werden wir in einen Abgrund ausgelebter Gewaltfantasien hineingezogen, die um 20:15 Uhr eigentlich nichts auf dem Bildschirm verloren haben.
Packend ist der von seinen Gaststars Aenne Schwarz und Sammy Scheuritzel herausragend verkörperte Thriller aber zu jeder Zeit und das, obwohl das Drehbuch den Täter früh preisgibt. Als klassischer Whodunit-Krimi ist der aktuelle Münchner „Tatort“ auch gar nicht erst angelegt, seine Spannung bezieht er vielmehr durch seine zahlreichen Wendungen und Twists, die ihn stellenweise gar in die Richtung eines Horrorfilms rücken. Damit hätten die Altmeister Nemec und Wachtveitl in nahezu jeder Variante von Deutschlands beliebtester Krimireihe mitgewirkt, von der diese hier beim Zusehen sicher eine der schmerzhaftesten ist. Das dürfte natürlich beabsichtigt gewesen sein und so reiht sich auch der mittlerweile 96. Einsatz der in Ehren ergrauten Altmeister nahtlos in ihre beeindruckende Vita ein. Schade, dass bald alles vorbei ist. Trotz Kalli, der einmal mehr erfolgreich Werbung in eigener Sache machen durfte.
Der „Tatort: Schau mich an“ wurde am Sonntag, den 7. April 2024, um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar. als nächstes geht es nach Zürich zum überraschend unterhaltsamen „Tatort: Von Affen und Menschen“.