Erst im März geriet ihre Abschiedstour auf einem Truppenübungsplatz unerwartet ins Stocken, nun waren Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl erneut in ungewohntem Terrain unterwegs. Warum der böse Thriller seinen unrunden Vorgänger spätestens nach der ersten Hälfte Schachmatt setzt, erfahrt ihr in Mareks Kritik zum „Tatort: Zugzwang“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort: Zugzwang“?
Noch vier Einsätze, dann geht in Deutschlands beliebtester Krimireihe eine Ära zu Ende, die ihresgleichen sucht. Großtaten wie der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete „Tatort: Frau Bu lacht“ oder der irrwitzige Actionthriller „Wir sind die Guten“ gehören schon jetzt zu den Höhepunkten unserer jüngeren TV-Geschichte, dennoch ist es fast noch bemerkenswerter, dass Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl das Kunststück vollbracht haben, in 34 Jahren keinen einzigen wirklich schlechten Krimi abzuliefern.
Selbst der holprige Vorgänger „Charlie“, der erst vor wenigen Wochen gesendet wurde, verfügt über genug interessante Facetten, die ihn am Ende über den Durchschnitt hieven. Von diesen Gefilden ist ihr neuster „Tatort“ zum Glück meilenweit entfernt. Zwar braucht der Einblick in die knallharte Welt des Schachsports eine Weile, um auf Touren zu kommen, schlägt dann aber mit einer bitterbösen Wendung eiskalt zu.
Spätestens als sich Franz Leitmayr und sein designierter Nachfolger Kalli Hammermann fassungslos in den Armen halten, ist klar, dass wir es erneut mit einem außergewöhnlichen Krimi zu tun haben, von denen nur noch drei weitere auf ihre Ausstrahlung warten. Selbst wenn diese hinter den Erwartungen zurückbleiben sollten, ist den Münchnern der vordere Platz in unserem Video der besten „Tatort“-Teams nicht mehr zu nehmen.
Worum geht es im „Tatort: Zugzwang“?
In der imposanten Kulisse von Schloss Elmau in Oberbayern trifft sich die Elite des Schachsports zu einem Turnier, dessen Sieg die Teilnahme an der nächsten Weltmeisterschaft garantiert. Favorit ist der US-Amerikaner Theodore Boyle, der aber bereits in seiner Auftaktpartie ein Unentschieden hinnehmen muss. Und das ausgerechnet gegen die provokant auftretende Französin Natalie Laurent, die Boyle für eine Betrügerin hält.
Als deren Sekundantin wenige Augenblicke später tot aufgefunden wird, gerät der Gehirnakrobat natürlich unter Verdacht, doch auch der paranoide Verbandspräsident, der Frauen am Schachbrett ablehnt sowie der lokale Veranstalter spielen nicht mit offenen Karten. Als dessen Assistentin vergiftet wird, hegt Rechtsmediziner Steinbrecher, der als Schachbegeisterter das Turnier als Zuschauer verfolgte, einen schlimmen Verdacht. Dann kommt es zur Tragödie und der bis dato etwas verkopfte Krimi nimmt richtig Fahrt auf.
Mareks „Tatort“-Kritik: Garstiger Thriller, der mit der Zeit immer besser wird
Nach seiner eleganten, von Kameramann Clemens Messow herausragend eingefangenen Eröffnungssequenz zollt der Schach-Krimi schnell seinem letztlich arg beschränkten Radius Tribut. Dass der Präsident des Weltverbands zunächst wirkt, als wurde sein Charakter aus dem Klischeebuch für südosteuropäische Verbrecher abgepaust, setzt ihm zusätzlich zu. Doch Drehbuchautor Robert Löhr hat noch einige Asse im Ärmel, die er zur richtigen Zeit aufs Spielfeld befördert.
Spätestens mit dem Giftanschlag auf die Assistentin des Turnierveranstalters verwandelt sich sein „Tatort“ in einen doppelbödigen Krimi voller Intrigen und unmoralischer Angebote mit unheilvollen Anleihen im Genre des Politthrillers. Garniert mit einer verblüffenden Schlusspointe steigt die Spannungskurve des von allen Beteiligten überzeugend vorgetragenen „Tatorts“ stetig an und sorgt dafür, dass niemand daheim gelangweilt in die Chipstüte greifen muss.
Und so reiht sich der mittlerweile 97. Einsatz der in Ehren ergrauten Kommissare Batic und Leitmayr am Ende doch recht mühelos in ihr hochwertiges Portfolio ein, auch weil die beiden alten Hasen im Zusammenspiel mit Assistent Kalli von der ersten Minute an eine souveräne Vorstellung abgeben und genau wissen, wann ein lockerer Spruch der Handlung dienlich ist und wann die mitunter garstigen Ereignisse für sich stehen dürfen. Auch wegen dieser Qualität werden wir Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl vermissen.
Der „Tatort: Zugzwang“ wurde am Sonntag, den 27. April 2025 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar.