Nach einer Reihe starker bis herausragender Krimis erinnert der neuste Schwarzwald-„Tatort“ streckenweise an den längst überwunden geglaubten Totalausfall „Ich hab im Traum geweinet“ aus dem Jahr 2020. An welchen Stellschrauben nun dringend gedreht werden muss, erfahrt ihr in Mareks Kritik zum „Tatort: Die große Angst“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort: Die große Angst“?
Verbirgt Sympathieträger Friedemann Berg ein düsteres Geheimnis, weshalb der Vater von seiner Kollegin Tobler unbedingt verhindern will, dass der Kommissar zum Revierleiter aufsteigt und seine Tochter nahezu nötigt, sich auf die frei gewordene Stelle zu bewerben?
Der letzte Breisgauer „Tatort: Ad Acta“ endete mit einem düsteren Cliffhanger, dessen Auflösung uns Drehbuchautorin Christina Ebelt nun allerdings vorenthält. Stattdessen lässt sie den Streit zwischen dem zuvor wunderbar unaufgeregt agierenden Duo Tobler und Berg eskalieren und garniert ihn mit üblen Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten, die Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner nicht gut zu Gesicht stehen.
Weil auch der eigentliche Kriminalfall weit von den vielen Glanztaten der letzten Jahre entfernt ist, obliegt es allein dem stark aufspielenden Gastensemble, Schlimmeres zu verhindern. Das gelingt ihm zum Glück mit Bravour, sodass eine neuerliche Blamage im Stil des wirren Frühwerks „Ich hab im Traum geweinet“ gerade noch abgewendet werden kann. Ein vorderer Platz in folgendem Video ist für Tobler und Berg dennoch ein Stück weit in die Ferne gerückt.
Worum geht es im „Tatort: Die große Angst“?
Eine überfüllte Gondel mitten in der erdrückenden Sommerhitze setzt der schwangeren Nina Kucher sichtlich zu. Als sich ein Passagier weigert, ein Fenster zu öffnen, bekommt sie eine Panikattacke und greift zum Nothammer. Wenige Augenblicke später liegt der Mitfahrer tot am Boden.
Aus Angst vor den Konsequenzen trifft Ninas Ehemann Sven die denkbar schlechteste Entscheidung und flieht mit seiner Frau in den Wald. Er will sich erst stellen, wenn er durch seine Anwältin erfährt, was ihm und seiner werdenden Familie droht.
Da zeitgleich ein Kind als vermisst gemeldet wird, kann die Polizei nicht ausschließen, dass es von dem flüchtigen Paar als Geisel genommen wurde und richtet einen Krisenstab ein. Währenddessen will die anliegende Dorfgemeinschaft das Gesetz in die eigene Hand nehmen und bläst zur Jagd auf Nina und Sven.
Mareks „Tatort“-Kritik: Seltsames Drama, das nicht in die Gänge kommt
Dass Nina Kucher in einer Extremsituation zur Totschlägerin wurde, ist uns vor den Bildschirmen von Anfang an klar. Auch dass der vermisste Junge nichts mit den Vorfällen in der Gondel zu tun hat, verrät uns der neuste Schwarzwald-„Tatort“ sofort. Stattdessen erfahren wir von Ninas behandelndem Arzt, dass seine Patientin einen Tumor im Kopf hat, der sich maßgeblich auf ihr Verhalten auswirkt und für ihre unkontrollierten Aggressionen verantwortlich ist.
Ob ein solches Krankheitsbild der Realität entspricht, bleibt dahingestellt, ist aber in Zusammenhang mit der fiktiven Geschichte eines Krimis nicht das Problem. Viel mehr ins Gewicht fällt das Fehlen eines wie auch immer gearteten Spannungsbogens, da im Prinzip nichts anderes passiert, als dass sich ein verängstigtes Paar im Wald versteckt und die Polizei auch dann nicht eingreift, wenn sie erfährt, dass keine Gefahr für andere mehr von ihm ausgeht.
Da auch der ermüdende Streit zwischen Tobler und Berg zu nichts führt, wird es irgendwann schwierig, nicht zur Fernbedienung zu greifen. Dass der Knopf am Ende doch nicht gedrückt wird, liegt hauptverantwortlich an Pina Bergemann und Benjamin Lillie, die als werdende Eltern im Ausnahmezustand eine fesselnde Vorstellung abliefern und den unrunden Krimi letztlich im Alleingang retten. Selten war schweißgetriebenes Rückwärtsfahren in einem Durchschnittsfahrzeug so faszinierend, wie wenn letztgenannter Schauspieler am Steuer sitzt.
Für das Duo Tobler und Berg ist aber auch das unterm Strich viel zu wenig, gerade weil ihnen das Finale von „Ad Acta“ ganz andere Optionen in die Hände gelegt hat. Bleibt also zu hoffen, dass diese bald genutzt werden.
Der „Tatort: Die große Angst“ wird am Sonntag, den 23. März 2025 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist danach für sechs Monate in der Mediathek als Wiederholung im Stream verfügbar.