Nach zuletzt schwankender Formkurve melden sich die Münsteraner Publikumslieblinge Thiel und Boerne mit einer archetypischen Krimikomödie zurück, die ganz auf sie zugeschnitten ist. Warum der „Tatort: Fiderallala“ darüber hinaus auch auf einer ganz anderen Ebene funktioniert, erfahrt ihr hier in Mareks Kritik.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort: Fiderallala“?
Die Zeiten, in denen Frank Thiel und Karl-Friedrich Boerne nicht bloß die quotenstärksten Ermittler der deutschen Fernsehlandschaft waren, sondern als Publikumslieblinge auch über jeden Zweifel erhaben, sind längst vorbei. Zu oft wirkten ihre Kabbeleien in den letzten Jahren schablonenhaft, zu häufig wechselten sich echte Hochkaliber mit arg weit hergeholtem Humbug ab, denken wir etwa an Detlev Bucks krude Nabelschau „Der Mann, der in den Dschungel fiel“.
Diesmal jedoch stimmt so gut wie alles, was den mittlerweile 47. Einsatz von Axel Prahl und Jan-Josef Liefers zu einem ihrer besten macht. Autorin Regine Bielefeldt lässt die Streitigkeiten von Thiel und Boerne eine im wahrsten Sinne des Wortes explosive Eskalationsstufe erreichen, setzt sie dabei aber auch in einen Kontext. Wie es ihr gelingt, ein aktuelles Thema ernsthaft und doch leichtfüßig in die üblichen Statuten des Münsteraner Krimi-Universums zu integrieren, verleiht letzterem eine lang vermisste Frische und dient im Idealfall als Blaupause für dessen Zukunft.
Sorgen um ihre prominente Platzierung in unserem Video der besten „Tatort“-Teams bräuchten sich Axel Prahl und Jan-Josef Liefers dann keine zu machen.
Worum geht es im „Tatort: Fiderallala“?
Dass sich Karl-Friedrich Boerne gerne die Lichter ausknipst, ist nichts Neues, so sehr über die Stränge wie diesmal hat er aber noch nie geschlagen. Seine Eskapaden auf einer Party der Universität Münster wurden auf Video festgehalten, weshalb der Rechtsmediziner um seinen guten Ruf fürchtet.
Während er versucht, die Schuld auf den sichtlich amüsierten Frank Thiel zu schieben, der ihn seiner Meinung nach zu spät aus dem Verkehr gezogen hat, ruft die Arbeit. Ausgerechnet der Barkeeper, dessen Dienste der Professor wenige Stunden zuvor über die Maßen beansprucht hat, erlag einer Stichwunde.
Der junge Mann hatte Zugang zu einer Wohnungsbörse von der Uni, sodass Frank Thiel eine Gruppe Studentinnen ins Visier nimmt, die vor der Fakultät kampieren, weil sie zum Semesterbeginn kein WG-Zimmer geschweige denn eine bezahlbare Wohnung finden konnten. Dann geschieht ein zweiter Mord und plötzlich hagelt es ein falsches Geständnis nach dem anderen.
Mareks „Tatort“-Kritik: Großer Spaß mit unerwartetem Tiefgang
Schon die Ouvertüre macht klar, dass der Münsteraner Autopilot diesmal nicht zum Einsatz kommt. Die erste Leiche ist nicht echt, es ist ein Spaß, den sich Karl-Friedrich Boerne hat einfallen lassen, um Kommissar Thiel aus dessen Wohnung zu locken und zum Feiern zu animieren. Eine überraschend empathische Geste des Egozentrikers und zugleich der Beweis dafür, dass sich die Beziehung der beiden grundverschiedenen Charaktere über die Jahre doch weiterentwickelt hat, obwohl in Münster bekanntlich jeder Fall bei Null anfängt.
Und auch der Rest der wie immer knapp 90 Minuten fühlt sich keinesfalls wie das routinierte Abschreiten bekannter Pfade an. Axel Prahl und Jan-Josef Liefers agieren nicht nur souverän, sondern vor allem spritzig, was neben den tollen Dialogen auch daran liegt, dass sie den Status ihrer Freundschaft ernsthaft miteinander besprechen dürfen, inklusive der Frage nach Macht und Augenhöhe.
Dass Thiel als Mieter von Hausbesitzer Boerne in der heutigen Welt abhängiger ist als es ihm und uns allen lieb sein dürfte, wurde in Münster noch nie so klar thematisiert und verleiht der höchst unterhaltsamen Krimikomödie eine überraschend tiefgreifende Ebene, die glaubhafter daherkommt als der in solchen Fällen oftmals zu steil erhobene Zeigefinder. Respekt.
Der „Tatort: Fiderallala“ wurde am Sonntag, den 6. April 2025 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist danach in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar.