Am Sonntag, dem 8. März 2020 setzte die ARD um 20:15 Uhr auf die Dienste von „Tatort“-Urgestein Lena Odenthal. Ob sich das Einschalten bei ihrem mittlerweile 71. Fall lohnt, erfahrt ihr wie immer in Mareks „Tatort“-Kritik zur Episode „Leonessa“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort“„Leonessa“?
Seit 1989 geht Lena Odenthal alias Ulrike Folkerts in Ludwigshafen auf Mörderjagd und ist damit die dienstälteste TV-Kommissarin des Landes. „Leonessa“ ist ihr mittlerweile 71. Fall. Mehr Einsätze im „Tatort“ können lediglich die Kollegen aus München und Köln aufweisen.
Zwischen 1996 und 2018 bildete die drahtige Ermittlerin ein kongeniales Duo mit dem lebenslustigen Mario Kopper (Andreas Hoppe), dessen Geselligkeit wunderbar als Kontrast zur bisweilen verbissen agierenden Einzelkämpferin funktionierte. Kein Wunder, dass in dieser Phase die stärksten „Tatorte“ in der Pfälzischen Metropole entstanden. Deren Qualität erreichen die neueren Einsätze von Lena Odenthal allerdings nur noch selten.
Das hat zum einen damit zu tun, dass die Chemie zwischen der Kommissarin und ihrer jetzigen Kollegin, der Fall-Analytikerin Johanna Stern (Lisa Bitter) nicht annähernd so stimmig ist wie die mit Mario Kopper. Zum anderen liegt es an experimentellen Folgen wie der improvisierten Episode „Babbeldasch“, mit der sich die Macher am Rhein keinen Gefallen getan haben. So weit neben der Spur ist „Leonessa“ zwar nicht, einen bleibenden Endruck in den Annalen des „Tatorts“ wird sie aber kaum hinterlassen.
Die 11 beliebtesten „Tatort“-Kommissare aus bald 40 Jahren TV-Geschichte könnt ihr euch im Video anschauen:
Worum geht es im „Tatort“ „Leonessa“?
Eine triste Kneipe in einer noch trostloseren Gegend irgendwo am Rand von Ludwigshafen: Wer hier Stammkunde ist, sieht in seinem Leben keine Perspektive mehr. Eines Morgens wird der Inhaber mit einem Kopfschuss hingerichtet. Einige Minuten später verständigt ein verstörter Jugendlicher die Polizei und gibt an, den Toten gefunden zu haben. Doch seine Zeugenaussage weist Lücken auf und so gerät er schnell selbst ins Visier von Lena Odenthal.
Bei den Ermittlungen im näheren Umfeld des Teenagers eröffnet sich der Kommissarin ein deprimierendes Bild von sogenannten „Lost Kids“. Während ihre Erziehungsberechtigten auf der Plattenbau-Couch dahindämmern, geben sie sich der Prostitution hin, um sich von ihrem Lohn ein besseres Leben zu finanzieren. Dass der betroffene Wirt Teil des perfiden Geschäfts war, gibt dem Fall schließlich eine entscheidende Wendung.
Mareks „Tatort“-Kritik: Lena Odenthal verliert die Beherrschung
Neulich zeigte der Hessische Rundfunk eine Wiederholung der Münchner Episode „Nie wieder frei sein“ aus dem Jahr 2010. Wer zufällig einschaltete, konnte sich davon überzeugen, zu was ein „Tatort“ fähig sein kann. Die realistische Geschichte um eine ungesühnte Vergewaltigung war so bedrückend wie stimmig, die schauspielerischen Darbietungen herausragend und die Inszenierung durchweg packend. Anfang 2020 konnten die Münchner mit ihrem neusten Fall „Unklare Lage“ nach längerer Durststrecke an diese Glanzleistung anknüpfen.
Ein solches Comeback wäre Lena Odenthal zweifelsohne auch zu wünschen. „Leonessa“ kommt dafür allerdings nicht in Frage. Schuld ist ein mit platter Symbolik gefülltes Finale, das alle guten Ansätze, die vornehmlich in der ersten Hälfte des Krimis zu finden sind, zunichte macht.
Das ist besonders deshalb ärgerlich, weil der „Tatort“ über eine Reihe guter Nachwuchsdarsteller verfügt, von denen die Berlinerin Lena Urzendowsky als kindliche Femme fatale am meisten überzeugen kann. Sie kann sicher am wenigsten dafür, dass die anfangs noch recht glaubwürdig skizzierte Milieustudie mit der Zeit immer mehr ins Absurde abdriftet und somit ihr Potenzial letztlich verschenkt. Dass sich Lena Odenthal zwischenzeitlich wie ein kleines Kind gebärt und ihre Kollegin bockig mit Obst bewirft, macht die verfahrene Angelegenheit nicht besser. Der Befreiungsschlag aus Ludwigshafen lässt weiter auf sich warten.
Die „Tatort“-Episode „Leonessa“ lief am Sonntag, dem 8. März 2020 um 20:15 Uhr in der ARD und ist daraufhin für sechs Monate in der Mediathek als Wiederholung im Stream zu sehen. Kommende Woche geht es nach Berlin zu den „Tatort“-Kommissaren Rubin und Karow und der Episode „Das perfekte Verbrechen“.