Kaum hat man zwei Monate gewartet, schon kehrte der „Tatort“ mit einer frischen Episode ins Fernsehen zurück. Warum der Auftakt unerwartet blass ausfiel, erfahrt ihr in Mareks „Tatort“-Kritik zur Episode „Wer zögert, ist tot“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort“„Wer zögert, ist tot“?
Eigentlich ist auf sie Verlass. Seit 2015 überzeugen Wolfram Koch und Margarita Broich als unaufgeregtes Team und liefern konstant solide bis starke „Tatorte“ ab. Dass ihnen die Eröffnungszeremonie der neuen Krimi-Saison zugesprochen wurde, ist daher eine auf den ersten Blick nachvollziehbare Wahl. An den beiden liegt es dann auch am Wenigsten, dass der Auftakt am Main nicht recht zünden mag.
Die Chemie zwischen der empathischen Kommissarin und ihrem gelassenen Kollegen stimmt auch in ihrem mittlerweile 13. Fall. Ein paar launige Dialoge sowie eine starke Besetzung mit vielen bekannten Gesichtern deuten zudem auf einen gelungenen Einstand hin. Doch spätestens nach dem ersten Drittel können auch Britta Hammelstein und „Eberhofer“-Spezi Daniel Christensen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die eigentliche Handlung des Krimis recht dürftig ausgefallen ist.
Wer in seinem Leben den einen oder anderen konventionell gestrickten „Tatort“ halbwegs konzentriert verfolgt hat, dürfte schnell merken, wo der Bembel seine Umdrehungen versteckt hat und das Interesse an dem letztlich überraschend nichtssagenden Geschehen verlieren.
Die besten „Tatort“-Teams aus vierzig Jahren TV-Geschichte findet ihr im Video.
Worum geht es im „Tatort“„Wer zögert, ist tot“?
Gerade als es sich Frederick Seibold, von Beruf Sohn, auf dem Golfplatz gemütlich machen will, erscheint der Anwalt seines betuchten Vaters und teilt ihm mit, dass er eine Enttäuschung für die ganze Familie sei. Nur Minuten später liegt der Vater zweier Kinder gefesselt in einem Lieferwagen, was seine Grundsituation nochmal deutlich verschlechtert. Wird sein alter Herr das geforderte Lösegeld von vier Millionen Euro bezahlen?
Mitnichten, selbst als Konrad Seibold einen abgeschnittenen Finger in der Post findet, glaubt er immer noch, dass es sich bei der Entführung um eine Inszenierung handelt. Entsprechend reserviert fällt seine Begegnung mit der Polizei aus, die sich wenig später auf die Exfreundin des Opfers konzentriert. Auch Bille Kerbel hat einen abgetrennten Finger zugeschickt bekommen…
Mareks „Tatort“-Kritik: Tolle Besetzung stemmt sich gegen banale Geschichte
Ein guter „Tatort“ kann unsere Sehgewohnheiten angreifen und mit gesellschaftskritischen Mahnungen um sich werfen, muss er aber nicht. Manchmal genügt auch ein schnöder Krimi, um das Wochenende zufrieden auf dem heimischen Sofa ausklingen zu lassen. Ein bisschen mehr als in der neusten Frankfurter Episode darf es dann aber schon sein.
Zwar gerät die Entführung des verkorksten Sohnes dank gruseliger Hundemasken einigermaßen prickelnd, doch schon bald biegt die Vorlage von Regisseurin Petra Lüschow in so vorhersehbare wie abgedroschene Handlungsstränge ab, gegen die selbst ein gewiefter Profi wie Bernhard Schütz in seiner Paraderolle als aalglatter Karrierist nicht mehr anspielen kann. Dass der an sich nicht uncharmante Undercover-Ausflug von Kultstar Zazie de Paris ebenso ins Leere läuft, verfestigt den Eindruck, dass auch das erlesenste Ensemble ohne passende Vorlage aufgeschmissen ist.
Wer bis zum Ende nicht zur Fernbedienung gegriffen hat, wird immerhin mit einem hübsch gemeinen Gag belohnt. Der reicht aber nicht, um dem Duo Janneke und Brix für die Zukunft keinen besseren Krimi zu wünschen.
Die „Tatort“-Episode „Wer zögert, ist tot“ wurde am Sonntag, dem 28. August 2020 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes feiert der „Polizeiruf 110“ seinen Einstand in der neuen Krimisaison. Warum die Münchner Episode „Bis Mitternacht“ vieles besser macht als der „Tatort“-Auftakt erfahrt ihr hier.