Erst zum vierten Mal innerhalb von sechs Jahren greift Heike Makatsch in der ARD zur Dienstwaffe. Warum sie dabei nicht ganz ins Schwarze trifft, erfahrt ihr in Mareks „Tatort“-Kritik zur Episode „In seinen Augen“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort“ „In seinen Augen“?
„Männerpension“, Coverversion, „Tatort“-Institution? Um diesen Dreisatz mit Leben zu füllen, müsste Heike Makatsch als Kommissarin Ellen Berlinger schon etwas häufiger zum Dienst erscheinen, so dürften sich viele Fans der sonntäglichen Krimi-Unterhaltung immer noch fragen, ob sie sich nicht aus Versehen beim Einschalten ihres Fernsehapparates verdrückt haben.
Zumindest ist die Pause zwischen ihren Einsätzen diesmal mit knapp einem Jahr die bislang kürzeste, und so könnte ihr letzter und zugleich bester Fall zumindest ein kleines Plätzchen irgendwo im Hinterkopf eingenommen haben, wenn auch vornehmlich dank der tollen Vorstellung von Henriette Nagel als blinder Mordzeugin mit Hang zu krimineller Abenteuerlust. Auch in ihrem neuesten Krimi kann sich die ehemalige VIVA-Moderatorin über den Mangel an prominenter Unterstützung nicht beschweren, sind es doch die wie immer hinreißende Michaela May sowie Ulrike Krumbiegel, ihres Zeichens die Berliner Antwort auf Isabelle Huppert, die dem Mainzer „Tatort“ den nötigen Glanz verleihen. Doch auch sie können das mitunter unnötig zusammengekünstelte Geflecht nicht vollständig entheddern.
Wer weiß, vielleicht schafft es Heike Makatsch bei regelmäßigeren Auftritten auch einmal in unser Video.
Worum geht es im „Tatort“ „In seinen Augen“?
Ellen Berlinger und ihr Kollege Martin Rascher nehmen einen jungen Mann auf der Terrasse einer mondänen Villa fest. Kurz darauf droht ihnen die Staatsanwältin, den vermeintlichen Mörder wegen Ermittlungsfehler wieder freizulassen. Nach einer handfesten Auseinandersetzung gewährt sie den beiden noch eine Frist von wenigen Stunden, um dem vorbestraften Betrüger nachzuweisen, dass er die reiche Freundin seiner deutlich älteren Geliebten getötet hat.
Warum Ellen Berlinger felsenfest von der Schuld des Mannes überzeugt ist, obwohl es objektiv gesehen kaum belastbares Material gegen ihn gibt und wie es zum Zerwürfnis mit der Staatsanwältin kam, erzählt der „Tatort“ ab diesem Moment in zahlreichen Rückblenden, die zwar einen interessanten Einblick in die mitunter bizarren privaten Verstrickungen aller Beteiligten gewähren, dem Fluss der eigentlichen Kriminalgeschichte aber weniger dienlich sind.
Mareks „Tatort“-Kritik: Dreiecksgeschichte mit starken Stars und schwachen Momenten
Es ist erst wenige Tage her, da bewies die herausragende Münchner Episode „Flash“, dass ein Angriff auf lieb gewonnene Sehgewohnheiten durchaus zu einem faszinierenden Ergebnis führen kann, nun wird erneut an den klassischen Strukturen des „Tatorts“ gewerkelt, wenn auch mit deutlich weniger Fortune. Das zeigt sich schon an der erstaunlich hölzern vorgetragenen Diskussion zwischen Ellen Berlinger und der zuständigen Staatsanwältin, deren dramaturgischer Sinn sich aber immerhin im Verlauf des Krimis noch ergibt.
Ein schwacher Einstand ist der angedeutete Zickenkrieg aber dennoch, sodass auch der folgende Zeitsprung nichts Gutes verheißt. Doch bevor man sich zu lange mit der Frage nach dem Nutzen der entschleunigt verschachtelten Erzählweise fragt, kommt das erlesen zusammengetragene Personal so langsam in Fahrt und auch das ansonsten eher hinderliche Mittel der Rückblende gibt zumindest einen Vorteil von sich preis. Der hört auf den Namen Ulrike Krumbiegel, die als späteres Mordopfer quicklebendig für die nötige Boshaftigkeit des Plots um Freundschaft, Liebe und Gier sorgen kann. Zusammen mit Michaela May und Klaus Steinbacher bildet sie das Herzstück eines Krimis, der vor allem dann funktioniert, wenn die Fassade der brisanten Dreiecksgeschichte zwischen zwei Freundinnen und dem Objekt ihrer Begierde zu bröckeln beginnt. Als spannender „Tatort“, der seine Kommissarin endlich auf dem großen Tableau etabliert, ist er hingegen nur bedingt zu empfehlen.
Die „Tatort“-Episode „In seinen Augen“ wurde am Sonntag, dem 26. Juni 2022 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es zum „Polizeiruf 110: Black Box“ nach Magdeburg, bevor die Sommerpause beginnt.