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„Tatort: Geisterfahrt“ (Episode 1261): Kritik

„Tatort: Geisterfahrt“ (Episode 1261): Kritik
© NDR / Christine Schröder

Nach fünf Jahren endet das Aufeinandertreffen zweier Einzelgängerinnen, die nie zueinander gefunden haben: Charlotte Lindholm wird endlich aus dem ungeliebten Exil entlassen. Warum ihre Abschiedsfolge dennoch sehenswert ist, erfahrt ihr in Mareks „Tatort“-Kritik zur Episode „Geisterfahrt“.

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Welche Kommissare ermitteln im „Tatort: Geisterfahrt“?

Studentisches Leben, hübsches Fachwerk, urige Kneipen und nicht zuletzt der Drehort zahlreicher Klassiker mit Heinz Erhardt: Das südniedersächsische Göttingen hätte im „Tatort“ eine Renaissance als Filmkulisse feiern können, doch dazu kam es nicht. Selbst als zuletzt im Umfeld einer Sportveranstaltung ermittelt wurde, übernahm König Fußball in der Basketballstadt das Zepter, was dem Gänseliesel die Zornesröte ins Gesicht getrieben hätte, wäre es nicht ein aus Eisen geschmiedetes Wahrzeichen.

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Was auf den ersten Blick irritierend ignorant wirkt, lässt sich bei genauerem Hinschauen zumindest von der Erzählperspektive her nachvollziehen. Die LKA-Ermittlerin Charlotte Lindholm hat ihre Strafversetzung von Anfang an als Demütigung empfunden und ihren neuen Dienstort niemals als langfristige Option akzeptiert. Sie war sich sogar zu schade, in einem Hotel zu übernachten und zog es selbst nach der zigsten Überstunde vor, in die Heimat nach Hannover zu fahren. Keine guten Voraussetzungen für die Einzelgängerin also, mit ihrer neuen Partnerin warm zu werden, was allerdings nicht nur an ihrem bisweilen unterkühlt wirkenden Auftretenden lag. Die als unberechenbarer Heißsporn gezeichnete Figur der Göttinger Kommissarin Anais Schmitz hätte im echten Leben einen weiten Bogen um jede Polizeischule machen müssen und wirkte selbst im fiktiven „Tatort“-Universum freundlich ausgedrückt unglaubwürdig. Immerhin hält sie sich diesmal zurück und überlässt ihrer Kollegin zum Abschied das Zepter. Die nimmt dankend an und macht ihren letzten Auftritt in der Fremde zu ihrem mit Abstand besten. Und das trotz einer völlig überladenen Geschichte.

Vor zwei Jahren traf Maria Furtwängler im „Tatort“ auf Udo Lindenberg. Weitere Prominente, die für Deutschlands beliebteste Krimi-Reihe vor die Kamera traten, findet ihr im Video.

Worum geht es im „Tatort: Geisterfahrt“?

Der Chef der Göttinger Mordkommission feiert runden Geburtstag und Charlotte Lindholm applaudiert artig. Während Gerd Liebig zur Überraschung aller Anwesender seine für viele bis dato unbekannte Ehefrau zu sich auf die Empore bittet, nimmt die Kommissarin sein verspätet geliefertes Geschenk in Empfang. Zu diesem Zeitpunkt ahnt sie noch nicht, dass der übermüdete Lieferant kurz darauf mit seinem Fahrzeug ungebremst in die Göttinger Innenstadt rasen und dabei eine unschuldige Passantin töten und ein Kind schwer verletzen wird.

Eine Amokfahrt steht im Raum, gar von einem terroristischen Anschlag ist die Rede, doch der erfahrenen Polizistin sind diese Thesen zu billig. Vielmehr legt sie den Finger in die Wunde von prekären Arbeitsverhältnissen einer in Subunternehmen zerfledderten, maroden Branche, die jeden moralischen Kompass verloren hat. Dann verweigert ausgerechnet ihr Chef einen sicher geglaubten Durchsuchungsbeschluss. Auf sich selbst gestellt, blickt Charlotte Lindholm plötzlich in einen gänzlich anderen Abgrund, findet als Einzelkämpferin dadurch aber wieder zu alter Stärke zurück.

Mareks „Tatort“-Kritik: Zum überfälligen Abschied trumpft Maria Furtwängler groß auf

Ein vermeintlicher Amoklauf, unmenschliche Arbeitsbedingungen, verbotene Liebe, ein korrupter Polizeichef und nicht zuletzt häusliche Gewalt: Der letzte Ausflug nach Göttingen übt sich nicht gerade in Zurückhaltung und verliert sein eigentliches Thema zwangsläufig aus dem Blickfeld. Dass die titelgebende „Geisterfahrt“ im Verlauf der 90 Minuten immer mehr in den Hintergrund gerät, wird ihrer Tragik natürlich nicht gerecht, immerhin schafft es Autorin und Regisseurin Christine Hartmann aber, sie am Ende schlüssig aufzuklären. Überhaupt macht sie in ihrem mittlerweile achten „Tatort“ vieles richtig, wobei die Entscheidung, den Fokus komplett auf Charlotte Lindholm zu richten, ihr größter Verdienst ist.

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Maria Furtwängler retourniert die Vorlage mit einer Glanzvorstellung, in der sie alles in die Waagschale wirft, was ihre Figur seit nunmehr 22 Jahren ausmacht. Allein die Unbeholfenheit, mit der sie Charlotte Lindholms soziale Inkompetenz beim Kennenlernen einer vermeintlich neuen Freundin darstellt, ist die Sichtung dieses Krimis wert, der unterm Strich aber vor allem ein Versprechen für die Zukunft ist. Letztlich waren die fünf Göttinger Jahre eine verschenkte Zeit, die weder der Kommissarin, noch uns vor den Bildschirmen wirklich etwas zu sagen hatten. Die Erkenntnis, dass Charlotte Lindholm am besten als Alleinunterhalterin funktioniert, hatten wir auch schon vor fünf Jahren. Bleibt also nur zu hoffen, dass sie sich in Zukunft weiterhin ganz auf sich selbst konzentrieren kann. Dann bitte konsequent in Hannover.

Der „Tatort: Geisterfahrt“ wurde am Sonntag, dem 11. Februar 2024 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt für sechs Monate in der Mediathek als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es zu Rik Okons Abschiedsvorstellung im überragenden Dortmunder „Tatort: Cash“.

„Tatort“-Quiz: Wie gut kennt ihr den Krimi-Dauerbrenner wirklich?

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