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„Tatort: Das Leben nach dem Tod“ (Episode 1108): Kritik

„Tatort: Das Leben nach dem Tod“ (Episode 1108): Kritik
© ARD

Am vergangenen Sonntag ging es bei der ARD um 20:15 Uhr in die Hauptstadt. Die Berliner Kommissare Karow und Rubin gerieten in ihrem neusten „Tatort“ an ein selten porträtiertes Kapitel ostdeutscher Justiz-Geschichte. Ob die Vergangenheitsbewältigung lohnt, erfahrt ihr in Mareks „Tatort“-Kritik.

Welche Kommissare ermitteln im „Tatort“„Das Leben nach dem Tod“?

2015 endete die langjährige Ära der Berliner „Tatort“-Kommissare Ritter und Stark. Fast 15 Jahre stand das Duo für bodenständige Ermittlungsarbeit, nun wurde es Zeit für eine Verjüngungs-Kur in der Hauptstadt. Die wurde vom rbb mit den neuen Ermittlern Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) konsequent umgesetzt. Die Fälle wurden lauter und das Tempo angezogen. Die Metropole an sich gewann als Schauplatz in ihrer Vielfältigkeit endlich an Bedeutung.

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Auch die Figuren wurden brüchiger. Nina Rubin ist ein Gefühlsmensch, der sich schon mal im Berliner Nachtleben verlieren kann, während der bisweilen arrogant auftretende Karow für Zwischenmenschliches kein glückliches Händchen zu haben scheint. Entsprechend geraten die Mutter zweier Kinder und der undurchsichtige Alleingänger von Anfang an aneinander. Umso spannender ist ihre Entwicklung in der neusten Episode „Das Leben nach dem Tod“, in der sich Kommissar Karow  überraschend von seiner sanften Seite zeigen darf.

11 besonders beliebte „Tatort“-Kommissare aus fünf Jahrzehnten Krimi-Geschichte findet ihr im Video.

Worum geht es im „Tatort“„Das Leben nach dem Tod“?

In einer Plattenbausiedlung im Osten Berlins wird der Rentner Gerd Böhnke (Otto Melies) von einer Gruppe junger Mädchen brutal überfallen und ausgeraubt. Einige Kilometer weiter fährt ein Leichenwagen vor einem grauen Hochhausblock am Alexanderplatz vor. Die Bestatter wurden gerufen, um die mumifizierten Überreste eines betagten Mannes abzuholen, dessen Leiche schon seit Monaten unbemerkt in seiner Wohnung verrottet. Kommissar Karow kannte den Mann zwar nicht, dennoch erklärt er dessen Wohnung zum „Tatort“ und lässt die Leiche obduzieren. Er fühlt sich dem Opfer verbunden, da er über Jahre sein Nachbar war, ohne dass sich die beiden je begegneten.

Tatsächlich landet Karow mit seinem Bauchgefühl einen Treffer, denn die Gerichtsmedizin findet heraus, dass sein Nachbar keines natürlichen Todes gestorben ist, sondern mit einem Genickschuss hingerichtet wurde. Steht sein Tod in Zusammenhang mit dem brutalen Angriff auf Gerd Böhnke? Bei seinen Ermittlungen wird Karow mit der Vergangenheit des alten Mannes konfrontiert, die auf ein lange zurückliegendes Gewaltverbrechen in der DDR hinweist, mit welchem Böhnke seinerzeit als Richter befasst war.

Mareks „Tatort“-Kritik: Trotz Leerlauf überzeugend und berührend

Während sich der neue Berliner „Tatort“ bislang hauptsächlich mit dem rastlosen Leben seiner Ermittlerin Nina Rubin beschäftigte, erfahren wir in der Episode „Das Leben nach dem Tod“ mehr über den Menschen Robert Karow. Der musste in den letzten Folgen meist als kühler Gegenpol zur empathischen Kommissarin herhalten, jetzt darf auch er ungeahnte Gefühle zeigen. Die Tatsache, dass in seiner Nachbarwohnung ein Gewaltverbrechen verübt wurde und er nichts davon mitbekam, setzt ihm mehr zu als anfangs gedacht. Dabei zeichnet seine Wohnung zunächst das vertraute Bild des einsamen Wolfes. Kalt und abweisend wirkt die Behausung des Kommissars, der Begriff Gemütlichkeit scheint für ihn ein Fremdwort zu sein, welches sich in einem Wörterbuch befindet, dass er sich niemals kaufen würde.

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Und doch öffnet er sich zwischen den unverputzen Wänden des Betonblocks, auch aus Angst, dass sich seine Kollegin in ein anderes Dezernat versetzen lassen könnte. Es folgt ein Moment voller Zärtlichkeit, der den Ton für diese ungewöhnliche Folge aus Berlin setzt. Das Schrille und Gehetzte der vorherigen „Tatorte“ weicht einer ruhigen Erzählung, die nach und nach eine Brücke in die Vergangenheit schlägt und die Episode „Das Leben nach dem Tod“ auch als Beitrag zum 30. Jubiläum des Mauerfalls qualifiziert.

In der DDR existierte die Todesstrafe bis 1987. Insgesamt wurden 166 Menschen wegen unterschiedlicher Vergehen hingerichtet, darunter NS-Verbrecher, politische Gefangene und Mörder, deren Taten in keinem politischen Kontext standen. Regisseur Florian Baxmeyer gelingt es, das selten in Szene gesetzte Kapitel der Justiz-Geschichte der DDR in seinen „Tatort“ einzuweben, ohne dass es aufgesetzt wird und liefert damit eine Episode ab, deren Verlauf unvorhersehbar bleibt. Da ist sogar ein gewisser Leerlauf in der Mitte des „Tatorts“ zu verschmerzen.

Die „Tatort“-Episode „Das Leben nach dem Tod“ wurde am Sonntag, dem 10. November 2019, um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist jetzt in der Mediathek als Wiederholung im Stream verfügbar. Als nächstes geht es zu Lena Odenthal und ihrer neuen Episode „Die Pfalz von oben“.

„Tatort“-Quiz: Testet euer Wissen über Thiel, Boerne und Co.!

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