Seit zehn Jahren spalten die eigenwilligen Auftritte von Kommissar Felix Murot die Nation. Ob sein neuester Auftritt überzeugen kann, erfahrt ihr in Mareks „Tatort“-Kritik zur Episode „Die Ferien des Monsieur Murot“.
Welche Kommissare ermitteln im „Tatort“„Die Ferien des Monsieur Murot“?
Wer auf der Suche nach gängiger Polizeiarbeit ist, der sollte um die Ermittlungen von Felix Murot (Ulrich Tukur) einen weiten Bogen machen. Die experimentellen Wiesbadener „Tatorte“ sind bewusst als Gegenentwurf zur klassischen sonntäglichen Unterhaltung konzipiert und meist als Hommage an andere Filme oder Genres angelegt.
Besonders gelungen geriet dabei die Verbeugung vor dem Komödienklassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in der Murot wie einst Bill Murray in einer Zeitschleife festhängt und auch die Huldigung von John Carpenters Kultfilm „Assault – Anschlag bei Nacht“ gefiel als hübsche Hommage an den Kultfilm der 1970er-Jahre.
Dem Titel nach sieht es nun danach aus, als würde der Eigenbrötler in seinem neuesten Einsatz einen Knicks vor dem französischen Komiker Jaques Tati und seiner Figur Hulot machen, doch der Schein trügt. Bis auf Murots überraschendes Talent beim Tennisspiel hat „Die Ferien des Monsieur Murot“ mit dem Klassiker der französischen Avantgarde kaum etwas gemein. Schräg geht es aber auch diesmal zur Sache, wenn auch nicht so ausufernd wie gewohnt.
Die beliebtesten Kommissarinnen und Kommissare der „Tatort“-Geschichte findet ihr im Video.
Worum geht es im „Tatort“„Die Ferien des Monsieur Murot“?
Felix Murot macht Ferien. Als er gerade dabei ist, eine Postkarte an seine Kollegin Magda Wächter zu schreiben, knallt ihm die Bedienung eines Ausflugsrestaurants unwirsch eine Schweinshaxe auf das Schriftstück. Die war eigentlich für Stammgast Walter Boenfeld gedacht, der dem Kommissar äußerlich wie ein Ei dem anderen gleicht.
Auf Geheiß des Gebrauchtwagenhändlers begießen die Doppelgänger ihr Kennenlernen mit mehreren Flaschen Wein, bis der extrovertierte Boenfeld seinem neuen Freund ein Geheimnis anvertraut. Er fürchtet, dass ihn seine Frau umbringen möchte und schlägt vor, die Identitäten für eine Weile zu tauschen. Nachdem Murot eingeschlafen ist, setzt er seinen Plan um und verlässt in dessen Kleidung und mit dessen Dienstmarke das Haus.
Weit kommt er in seinem neuen Leben allerdings nicht, denn nur kurze Zeit später wird er brutal überfahren. Während alle Welt davon ausgeht, dass der Kommissar sein Leben lassen musste, beginnt Felix Murot als Walter Boenfeld zu ermitteln. Bald ist er sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt in sein altes Leben zurückkehren möchte.
Mareks „Tatort“-Kritik: Die ARD macht es Ulrich Tukur unnötig schwer
Hätten wir uns in den letzten Wochen an Ermittlungen nach Schema F sattgesehen, wären die Ferien des Monsieur Murot in all ihrer kauzigen Extravaganz eine willkommene Abwechslung. Da wir es zuletzt aber mit den zweifachen Münsteranern Thiel und Boerne im durchweg gelungenen „Limbus“ zu tun bekamen und in der vergangenen Woche erfolgreich mit dem Genre des Horrorfilms experimentiert wurde, wirkt der neueste Auftritt von Felix Murot im Vergleich ungewohnt zahm.
Dabei ist sein neunter „Tatort“ beileibe kein schlechter Film. Die Grundidee ist äußerst reizvoll und die Leistung von Hauptdarsteller Ulrich Tukur gewohnt brillant. Dennoch dreht sich das doppelbödige Spiel bis zu seiner überraschend vorhersehbaren Auflösung zu oft um seine eigene Achse und lässt einiges an Potenzial ungenutzt verstreichen.
Die Messlatte ist allerdings auch brutal hoch. Seit Felix Murot in der Zeitschleife von „Murot und das Murmeltier“ einen der komischsten „Tatorte“ überhaupt ablieferte, hat es ein zwar charmanter, aber verhältnismäßig handlungsarmer Krimi mit einer überschaubaren Anzahl an Beteiligten schwerer als eigentlich verdient. Wer weiß, vielleicht wird die richtige Zeit für „Die Ferien des Monsieur Murot“ ja noch kommen. Dem Kommissar jedenfalls wäre es zu wünschen.
Die „Tatort“-Episode „Die Ferien des Monsieur Murot“ wurde am Sonntag, dem 22. November 2020 um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt und ist danach in der Mediathek für sechs Monate als Wiederholung im Stream verfügbar. In dieser Woche feiert der „Tatort“ seinen 50. Geburtstag mit dem ersten Teil der Doppelfolge „In der Familie“.