Wer die neue „The Walking Dead“-Serie „The Ones Who Live“ in der deutschen Synchronfassung streamen möchte, sollte sich eines großen Mankos bewusst sein.
Das Spin-off „The Walking Dead: The Ones Who Live“ bettet die epische Liebesgeschichte von Rick Grimes (Andrew Lincoln) und Michonne Hawthorne (Danai Gurira) in neue Strukturen einer uns bisher unbekannten Welt ein. Während beide Charaktere Jahre nach der verheerenden Brückensprengung noch immer darum kämpfen, einander wiederzufinden, schließen sie neue Bekanntschaften und Allianzen. Deren Bedeutung geht in der deutschen Synchronisation allerdings zum Großteil verloren.
Deutsche Synchro entreißt neuer „The Walking Dead“-Serie wichtiges Detail
Ohne inhaltlich zu spoilern, lässt sich schon anhand der Trailer feststellen, dass die deutschsprachige Fassung von „The Ones Who Live“ ein essenzielles Detail außer Acht lässt. Die Serie bringt eine ganze Riege bekannter Schauspieler*innen zusammen, die im Originalton eine große Bandbreite verschiedenster Akzente abdecken:
Am deutlichsten dürfte das bei „Lucifer“-Star Lesley-Ann Brandt zu hören sein. Zwar spricht die Darstellerin eigentlich perfektes Englisch, im Rahmen von „The Ones Who Live“ hat sie ihrer Figur Pearl Thorne aber eine besondere Aussprache verpasst. Ähnliches lässt sich bei Craig Tates Donald Okafor erkennen, dessen Tonalität sich spürbar von Terry O’Quinns General Beale unterscheidet. Derweil gibt Pollyanna McIntoshs Jadis alias Warrent Officer Stokes ihre gewohnt britische Klangfarbe zum Besten.
Diese sprachliche Vielfalt kommt nicht von ungefähr: Schon seit Anbeginn von „The Walking Dead“ hat sich das Zombie-Franchise dieses Mittel zunutze gemacht, um zu zeigen, wie vielfältig die Überlebenden der Post-Apokalypse sind – und welche Wege sie in der neuen Welt beschritten haben beziehungsweise zurücklegen mussten. Vor allem in Anbetracht dessen, dass der Ableger die Civic Republic und ihr Militär (CRM) in den Fokus rückt, ist das von großer Bedeutung.
Dank „The Walking Dead: World Beyond“ wissen Fans bereits, dass die CR mit schätzungsweise 200.000 Bewohner*innen die wahrscheinlich größte Gemeinde von Überlebenden ist. Da deren Militär über Hubschrauber und anderweitige Transportmittel verfügt, können Menschen aus dem ganzen Land (und sogar über die US-Grenzen hinaus) ausfindig gemacht und bei Bedarf in die „geheime Stadt“ gebracht werden – vorausgesetzt, sie sind von Nutzen.
„The Ones Who Live“-Synchro lässt Klangfarbe außer Acht
Ein Blick in den deutschen Trailer verrät, dass dieser Aspekt in der Synchro komplett außer Acht gelassen wurde:
Ausnahmslos alle Charaktere sprechen akzentfreies Deutsch. Keine Spur von der Vielfalt, die die Post-Apokalypse eigentlich ausmachen sollte. Die zum Teil mysteriöse Hintergrundgeschichte der Charaktere wird damit kommentarlos zunichtegemacht. Abgesehen davon wirken die Synchronstimmen zum Teil unpassend gewählt. Nat-Darsteller Matthew Jeffers („The Blacklist“) brilliert nicht nur durch eine fabelhafte Schauspielleistung, auch fällt seine markante Stimme auf. In der deutschen Fassung liegen Welten zwischen Original- und Synchronton. Damit nimmt die deutschsprachige Version der Serie gleich eine weitere Besonderheit.
Übersetzung der Serien-Titel untergräbt „The Ones Who Live“-Geschichte
Doch damit noch nicht genug: Neben der Handlung der Episoden erzählen eigentlich auch schon die Titel der jeweiligen Folgen eine Geschichte: Folge 1 bis 3 ergeben zusammengesetzt den Satz: „Years / Gone / By(e)“ (zu Deutsch: „Jahre sind vergangen“ beziehungsweise „vergangene Jahre“). Damit deutet sich an, dass sich jene Folgen der Vergangenheit von Rick und Michonne widmen und uns vor Augen führen, was seit der Brückensprengung geschehen ist.
Episode 4 bis 6 dürften sich anschließend den inneren Konflikten beider Hauptcharaktere zuwenden, denn auch hier lässt sich wieder ein Satz bilden: „What We / Become / The Last Time“ (zu Deutsch: „Was wir beim letzten Mal geworden sind“). Rick und Michonne werden sich voraussichtlich mit ihrer eigenen Entwicklung der letzten Jahre auseinandersetzen und entscheiden, was das für die Zukunft bedeuten wird.
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Im Deutschen tragen die Episoden 1 bis 4 die Titel „Zeit“, „Vergangen“, „Kehrt nicht wieder“ und „Unser Handeln“. Es lässt sich unschwer erkennen, dass die Übersetzung die Bedeutung der englischsprachigen Titel nicht so wortgewandt übernommen hat. Natürlich lässt sich das Wortspiel nicht eins zu eins vom Englischen ins Deutsche übertragen. Aber „Zeit / Vergangenen / Kehrt nicht wieder“ statt „Years / Gone / Bye“ wirkt dann doch etwas klobig. Die Verantwortlichen hätten entweder eine kürzere Anspielung verstecken können, beispielsweise „Jahre / Vergangen / Und verloren“ – oder schlichtweg die Originaltitel beibehalten sollen. Schließlich wurde der Serientitel selbst ja auch nicht übersetzt.
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