„The Ones Who Live“ hat die Erwartungen der Fans erfüllt. Eine weitere Staffel der Rick-Grimes-Serie sollte sich das Zombie-Franchise aber lieber sparen.
Das „The Walking Dead“-Universum hat ein neues Kapitel aufgeschlagen, das reichlich Potenzial bietet, um uns noch jahrelang mit neuen Geschichten aus der Post-Apokalypse zu versorgen. Während neue Folgen von „Dead City“ und „Daryl Dixon“ bereits auf dem Weg sind, warten Fans nach dem „The Ones Who Live“-Finale noch auf eine Entscheidung zu Staffel 2. Meiner Meinung nach wäre das Zombie-Franchise aber besser beraten, auf eine Fortsetzung der Rick-Grimes-Serie zu verzichten.
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– Dieser Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wider und nicht zwangsweise die aller kino.de-Redakteur*innen. –
Als bekennender „The Walking Dead“-Fan kann es für mich eigentlich nie genug Zombie-Content aus der Welt von Daryl (Norman Reedus), Maggie (Lauren Cohan), Negan (Jeffrey Dean Morgan) und Co. geben. Im Falle von „The Ones Who Live“ habe ich allerdings eine eindringliche Bitte an Franchise-Chef Scott M. Gimple: Nimm Rick Grimes (Andrew Lincoln) nicht das versöhnliche Ende nach Episode 6.
– Achtung: Es folgen Spoiler zu „The Ones Who Live“ –
1.) Rick-Grimes-Serie hat bereits alle Erwartungen erfüllt
„The Ones Who Live“ sollte Rick und Michonne (Danai Gurira) wieder vereinen – und genau das hat das „The Walking Dead“-Spin-off getan. Die Serie ging sogar darüber hinaus und hat uns die langersehnte Reunion der Familie Grimes beschert: Rick durfte dabei aber nicht nur Tochter Judith (Cailey Fleming) nach Jahren der Trennung wieder in die Arme schließen, sondern auch endlich seinen Sohn RJ (Antony Azor) kennenlernen. Der Ableger hat damit genau das erfüllt, was uns versprochen wurde und worauf wir alle gehofft hatten; nicht mehr und nicht weniger. Das ist ein Kunststück, das nur selten gelingt.
2.) Rick und Michonne haben zu sich selbst gefunden – und das ist genug
Die Rick-Grimes-Serie wurde als „epische Liebesgeschichte“ angekündigt. Zugegeben, ich war zunächst skeptisch, denn meiner Meinung nach zeichnet sich das Franchise durch so viel mehr aus als zwischenmenschliche Emotionen – so auch der Handlungsstrang zwischen Rick und Michonne. Während ich bis zur Hälfte der vierten Episode die Sorge hatte, das Spin-off würde den Hauptcharakteren nicht gerecht werden, kann ich nun guten Gewissens sagen: Rick und Michonne haben das Ende spendiert bekommen, das sie verdienen. Das Finale legt es nicht auf Cliffhanger an, sondern bringt die Story zu einem schönen, runden Abschluss. Mehr braucht es doch eigentlich gar nicht, oder?
3.) Das Ende ist gekommen
Neben Anne alias Jadis (Pollyanna McIntosh) ist das Civic Republic Military (CRM) maßgeblich daran beteiligt, dass Rick nicht nur seine Liebsten verloren hat, sondern auch den Bezug zu dem, was er einst war. Michonne ist es gelungen, Ricks wahres Ich zurückzuholen, woraufhin sie in alter Manier als Duo dem Feind den Kampf ansagten – mit Erfolg, wohlbemerkt. Durch den Tod von Jadis und die Vernichtung der höchsten Führungsriege des Militärs ist dieser Handlungsstrang unabwendbar abgeschlossen. Alles, was darüber hinausgehen würde, wäre eine unnötige und künstliche Verlängerung eines Kapitels, das zu einem befriedigenden Ende gekommen ist.
Für wen das Ende nicht ganz so befriedigend war, seht ihr im Video:
4.) Offene „The Walking Dead“-Fragen akzeptieren
Manch ein Fan könnte nun anmerken, dass „The Ones Who Live“ einige Fragen offengelassen hat: Wo wird Familie Grimes nun leben – im Commonwealth oder in der Civic Republic? Werden feindlich gesinnte Gemeinschaften die Offenheit der CR nutzen, um an deren Ressourcen zu gelangen? Und was ist eigentlich mit „The Walking Dead“-Figur Heath (Corey Hawkins)?
Da sich diese Fragen nicht ausschließlich auf die Geschichte von Rick und Michonne beziehen, könnte man sie wunderbar in den anderen Spin-offs oder im geplanten XXL-Crossover verarbeiten – wenn man denn will. Denn eigentlich wirkt es an dieser Stelle angemessen, die Antworten der Vorstellungskraft des Publikums zu überlassen. Würde das Franchise jede Frage beantworten, würde uns das jeglichen Spielraum an Fantasie nehmen. Ich denke, wir müssen uns langsam, aber sicher damit abfinden, dass nicht alle Mysterien der post-apokalyptischen Welt gelöst werden. Alles andere wäre unrealistisch.
5.) Finanzielle Belastung birgt Gefahr für das TWDU
„The Ones Who Live“ ist die teuerste Serie der „The Walking Dead“-Geschichte: Insgesamt hat die Serienproduktion 82,75 Millionen US-Dollar verschlungen, was einem Episodenbudget von 13,79 Millionen US-Dollar entspricht. Zum Vergleich: Die Hauptserie musste mit einem Budget von 2,75 bis 3,4 Millionen US-Dollar pro Folge auskommen. Die finanzielle Differenz macht sich natürlich in der Bildgewalt bemerkbar. Obwohl einige Animationen nach wie vor ein mittelschweres Problem in dem Zombie-Franchise darstellen, erinnert die Rick-Grimes-Serie gar an den Look eines Kinofilms. Diese hochwertige Qualität müsste eine zweite Staffel halten (wenn nicht gar steigern), was mit entsprechend hohen Kosten einhergehen würde – eine finanzielle Belastung, die das gesamte Franchise bedrohen könnte.
6.) „The Ones Who Live“ hat den Höhepunkt bereits erreicht
Schon in den ersten Wochen nach Serien-Start hat „The Ones Who Live“ zahlreiche Rekorde gebrochen. Da wirkt es natürlich verlockend, als Produktionsteam über eine zweite Staffel nachzudenken, obwohl das Spin-off eigentlich als Miniserie geplant war. Ich persönlich hoffe jedoch inständig, dass die Verantwortlichen ein gutes Ende zu schätzen wissen. Denn wie heißt es so schön? Wenn es am schönsten ist, sollte man gehen – oder in dem Fall einen Schlussstrich ziehen.
Der Erfolg von Ricks Comeback war in meinen Augen einzig und allein dem zu verdanken, was es ist: Ricks Comeback. Einst Hauptfigur, urplötzlich verschollen – wer möchte da nicht wissen, was ihm widerfahren ist? Selbst Zuschauende, die „The Walking Dead“ gar nicht bis zum Finale verfolgt haben, dürften interessiert gewesen sein. Viel erfolgreicher kann die Serie deshalb kaum noch werden, denn das Mysterium um den ehemaligen Police Officer ist gelöst. „The Ones Who Live“ hat den Höhepunkt erreicht; eine gekünstelte Fortsetzung droht, den gelungenen Titel in den Abgrund zu stürzen.
7.) „Daryl Dixon“ und „Dead City“ bieten mehr
In mir keimt ehrlich gesagt die Angst auf, dass sich die „The Walking Dead“-Verantwortlichen vom Erfolg von „The Ones Who Live“ blenden lassen könnten. Eine Bestätigung von neuen Folgen würde möglicherweise Budget-Kürzungen für „Daryl Dixon“ und „Dead City“ bedeuten. Das wäre ein fataler Fehler, denn die beiden Ableger bieten meiner Meinung nach aktuell deutlich mehr Potenzial, die Spannung im TWDU aufrechtzuerhalten.
Daryls Ortwechsel nach Europa bringt uns in ganz neure Sphären, wohingegen Negan und Maggie mit einem Konflikt um Leben und Tod zu ringen haben; und es nebenbei mit einem Feind aufnehmen müssen, der vielleicht noch machtgieriger ist als General Beale (Terry O’Quinn). Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich das Franchise zunächst auf diese Geschichten konzentriert; eventuell ergibt sich dann mit der Zeit die Möglichkeit, Rick und Michonne in einen anderen Handlungsstrang zu integrieren?
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