Die Netflix-Miniserie „Toxic Town“ findet derzeit großen Anklang beim Publikum. Was so manche nicht wissen: Die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten.
Seit Ende Februar steht auf Netflix eine neue Miniserie zum Streamen zu Verfügung. In „Toxic Town“ muss eine Vielzahl von Müttern aus der englischen Industriestadt entsetzt feststellen, dass ihre Babys mit Fehlbildungen auf die Welt gekommen sind. Als die Zahl der Fälle ansteigt, beginnt die Suche nach der Ursache – und ein jahrelanger kräftezehrender Prozess.
Die überaus dramatische und düstere Geschichte zog bereits zahleiche Zuschauer*innen in den Bann. Das Traurige daran: Das, was die Mütter in „Toxic Town“ durchmachten, mussten in den 90er-Jahren tatsächlich mehrere Familien durchleben.
„Toxic Town“: Wahre Geschichte – Netflix macht Vergiftungsskandal publik
Wie Netflix selbst angibt, basiert die Miniserie „Toxic Town“ auf wahren Begebenheiten: einem Vergiftungsskandal in der englischen Industriestadt Corby, der vielen Menschen außerhalb Großbritanniens bis dato nicht bekannt war.
Der Vorfall begann 1980 mit der Schließung eines großen Stahlwerks und dem Abriss der Gebäude. Das führte dazu, dass Millionen Tonnen kontaminierter Abfälle in einen Steinbruch am Rande der Stadt Corby gebracht wurde. Was viele zu dieser Zeit nicht ahnten: Während des Transports verteilten sich große Teile des Gifts in der Stadt und verseuchten den Boden.
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Erst einige Jahre später wurde man stutzig, als immer mehr Frauen Kinder mit Fehlbildungen zur Welt brachten. Doch eine erste Studie aus dem Jahr 1999 widerlegte den Verdacht, dass die Fallzahl ungewöhnlich hoch sei. Erst dank einiger Journalisten und dem Anwalt Des Collins, der sich für die betroffenen Familien einsetzte, wurde das ganze Ausmaß bekannt. Eine Untersuchung ergab, dass die Zahl der Kinder mit Fehlbildungen in Corby dreimal so hoch war wie in den umliegenden Städten.
Für seine Klage leitete Des Collins weitere Untersuchungen ein, die beweisen sollten, dass die Stadt bei der Entsorgung des giftigen Mülls einen schwerwiegenden Fehler gemacht hat. Und tatsächlich gelang es ihm, mithilfe der Ergebnisse den Fall zu gewinnen: Der Richter entschied zugunsten der klagenden Familien und erklärte, dass die Schadstoffe in der Luft die Ursache für die Fehlbildungen der Kinder sein können.
Doch abgeschlossen war der Fall damit noch lange nicht. Der Stadtrat von Corby wollte das Urteil nämlich nicht akzeptieren und ging in Berufung. Über zehn Jahre lang zog sich der Prozess daraufhin, bis im Juni 2009 das Gericht erneut zugunsten der klagenden Familien entschied – ein bedeutender Sieg im Umweltrecht. 2010 lenkte dann auch der Stadtrat von Corby ein und einigte sich mit den Familien auf einen Vergleich.
Der „Toxic Town“-Fall könnte in die nächste Runde gehen
Das ganze Ausmaß des Skandals sowie das Schicksal jeder betroffenen Familie zu beleichten, ist im Rahmen einer Miniserie natürlich nicht möglich. Im Interview mit BBC Radio Northampton betonte Autor Jack Thorne, wie schwer ihm daher die Entscheidung gefallen sei, welche Mütter in seiner Serie in den Fokus rücken sollten. Doch auch wenn er nicht jeder Familie die Aufmerksamkeit geben konnte, die sie verdient hätte, war es ihm dennoch wichtig, auf den Vorfall aufmerksam zu machen:
„Die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, nicht nur für Corby, sondern für jeden einzelnen von uns, schien mir eine wichtige Sache für das Fernsehen zu sein.“
Die porträtierten Mütter sind dafür überaus dankbar und auch der Anwalt Des Collins freut sich darüber, dass nun endlich der Rest der Welt von den wahren Ereignissen erfährt, die sich in Corby abgespielt haben. Zudem hofft er, wie er im Interview mit BBC betonte, dass sich dadurch die Möglichkeit ergibt, die bestehenden Wissenslücken zu füllen. Denn nach wie vor sind nicht alle Details aufgedeckt:
„Ich denke, es wird wieder Forderungen nach einer öffentlichen Untersuchung geben, weil vieles von der Geschichte ans Licht gekommen ist – und vieles nicht – und der Teil, der nicht ans Licht gekommen ist, ist wichtig für den Lernprozess.“
Sollte es tatsächlich dazu kommen, wolle er die betroffenen Familien erneut unterstützen. Für Netflix würde sich daraus wiederum die Chance ergeben, die Geschichte in einer zweiten Staffel weiterzuerzählen.