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Fast sieben Millionen schauten gestern im ZDF bei „Unterleuten“ zu. Die nächsten zwei Teile kommen diese Woche und sind für Monate in der Mediathek erreichbar.
Besetzung und Crew
Regisseur
Matti Geschonneck
Produzent
Reinhold Elschot,
Silke Schulze-Erdel
Darsteller
Thomas Thieme,
Hermann Beyer,
Miriam Stein,
Rosalie Thomass,
Ulrich Noethen,
Charly Hübner,
Bettina Lamprecht,
Bjarne Mädel,
Dagmar Manzel,
Christine Schorn,
Sarina Radomski,
Alexander Held,
Mina Tander,
Jörg Schüttauf,
Jacob Matschenz,
Alexander Hörbe,
Nina Gummich,
Úna Lir
Drehbuch
Magnus Vattrodt
Musik
Matthias Weber
Kamera
Theo Bierkens
Schnitt
Eva Schnare
Kritikerrezensionen
Unterleuten Kritik
Unterleuten: Event-Miniserie nach dem gleichnamigen Gesellschaftsroman von Juli Zeh.
In Matti Geschonnecks herausragend besetztem Fernsehereignis spalten Habgier, Bosheit und Rachsucht ein brandenburgisches Dorf.
Es gibt nie bloß die eine Wahrheit, sondern immer nur unterschiedlichen Wahrnehmungen der Wirklichkeit: Das ist letztlich die Quintessenz von Juli Zehs Roman „Unterleuten“. Die Autorin beschreibt die Ereignisse in einem brandenburgischen Dorf aus immer wieder wechselnden Perspektiven. Es wäre völlig unmöglich gewesen, der Vorlage im Rahmen der üblichen neunzig Fernsehfilmminuten gerecht zu werden. Mutig war allerdings die Übernahme von Zehs erzählerischer Struktur: Der Dreiteiler hat über ein Dutzend Protagonisten und daher ebenso viele Handlungsstränge. Umso wichtiger war die prominente Besetzung; auf diese Weise besteht zu keinem Moment die Gefahr, den Überblick zu verlieren.
Magnus Vattrodt und Matti Geschonneck sind ein eingespieltes Team und gemeinsam mit allen wichtigen Fernsehpreisen ausgezeichnet worden (darunter je ein Grimme-Preis für „Liebesjahre“ und „Das Ende einer Nacht“, 2012/13). Geschonneck ist ohnehin ein Meister seines Fachs, aber bei der Umsetzung des Drehbuchs hat er sich diesmal größtmögliche Zurückhaltung auferlegt. Mit Ausnahme einer Szene, die sich als Wunschtraum entpuppt, wirkt der Film wie die schnörkellose Rekonstruktion authentischer Vorfälle. Wenn er beginnt, ist die Welt noch in Ordnung, zumindest dem Anschein nach. Unruhe kommt in den Ort, als die Mitarbeiterin (Mina Tander) eines Windkraftkonzerns nach einem geeigneten Standort für einen Windpark sucht. Für das sterbende Dorf Unterleuten wäre dies dank der Gewerbesteuer ein Segen; dem Landbesitzer winken regelmäßige hohe Pachteinnahmen.
Das Vorhaben weckt jedoch böse Kräfte, die knapp dreißig Jahre lang geschlummert haben und durch einen Hass genährt werden, der noch viel älter ist. Zwei Gebiete kommen in Frage. Das eine gehört dem Altkommunisten Kron (Hermann Beyer), das andere einer von der Insolvenz bedrohten Agrar-GmbH, deren Geschäftsführer Gombrowski (Thomas Thieme) Krons Erzfeind ist, sowie einem bayerischen Investor (Alexander Held). Um den Zuschlag für den Windpark zu bekommen, brauchen beide die zwei Hektar, von deren Existenz die zugereiste junge Eigentümerin (Miriam Stein) gar nichts wusste. Und dann ist da noch der promovierte Berliner Soziologe (Ulrich Noethen), der sein berufliches Dasein dem Schutz einer bedrohten Vogelart gewidmet hat. Er steht für den Typus des Wutbürgers, der sich zwar für Ökologie engagiert, aber seine schöne Aussicht nicht durch Windräder verschandeln lassen will. Als ihm klar wird, dass seine Gegenspieler bereit sind, ihre Ziele auch mit unlauteren Methoden zu erreichen, ist es für Neutralität zu spät; es herrscht längst Krieg in Unterleuten, und zwischen den Fronten ist es am gefährlichsten.
Weil sich Vattrodt und Geschonneck viel Zeit nehmen durften, können sie jeder Figur gerecht werden, ohne in Klischees zu verfallen; und wenn das doch mal geschieht, ist es ironisch gemeint. Der Reiz der Prestigeproduktion liegt neben dem sorgsam aus west- und ostdeutschen Schauspielern (sowie der Österreicherin Stein) zusammengesetzten Ensemble ohnehin nicht zuletzt in der emotionalen Komplexität. Als sich der seit vielen Jahren schwelende Hass am Ende endlich Bahn bricht, wird aus der Geschichte endgültig eine Tragödie, zumal das jahrzehntelange Unglück gleich mehrerer Figuren auf Halbwahrheiten, Missverständnissen oder Lügen beruht. Die Faszination des Dreiteilers resultiert vor allem aus der Entwicklung der Beteiligten: Die junge Aussteigerin entpuppt sich als gerissene Verhandlerin, der Patriarch wird über Nacht zu einem König ohne Land, und sein finsterer Scherge (Charly Hübner) muss den Entschluss, ein besserer Mensch zu werden, beinahe mit dem Leben bezahlen, weil der Dozent zum Monster mutiert. tpg.