Anderthalb Jahre lang mussten MCU-Fans auf Nachschub warten. Aktuell erweist sich „WandaVision“ gleich in doppelter Hinsicht als Rettung in der Not.
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Elf Jahre lang wuchs das Marvel Cinematic Universe (MCU) auf wahrlich galaktische Größe an, bevor im letzten Jahr das jähe Ende folgte. Allerdings nicht, weil die so oft prophezeite Superheld*innen-Müdigkeit dann doch mal einsetzte, sondern aufgrund des Coronavirus. Phase 4 musste folglich den Start auf Anfang 2021 verschieben. Anstelle von „Black Widow“ im Kino eröffnete nun „WandaVision“ bei Disney+ die Zeit nach „Avengers: Endgame“ – und mehr Glück im Unglück hätte das MCU meiner Meinung nach kaum haben können.
„WandaVision“ musste mehrere MCU-Zweifel beseitigen
Schließlich sah sich die bislang größte Kino-Reihe aller Zeiten mit mehreren potentiellen Problemen konfrontiert. Da wäre zum einen eben „Avengers: Endgame“, in dem das Schicksal des gesamten Universums auf dem Spiel stand und alle Marvel-Held*innen zusammenkamen; selbst Howard the Duck schaute vorbei. Wie sollte sich das MCU nach einem solchen Event steigern?
Zudem hing die erwähnte Superheld*innen-Müdigkeit wie ein Damoklesschwert über dem MCU. Seit Jahren heißt es von etlichen Seiten, dass das Publikum irgendwann genug von Personen in digital erschaffenen Anzügen haben wird, die in der immer selben 3-Akt-Struktur Bösewichten auf die Nase geben. Zumal „Endgame“ die Geschichte der beliebtesten Helden ja zu einem durchaus runden Abschluss brachte. Drohten die Zuschauer*innen diesmal also wirklich auszusteigen?
Und dann war da eben noch die erzwungene Pause, ausgerechnet so kurz nach dem bis dato größten MCU-Highlight. Verging schlicht zu viel Zeit in einem kritischen Moment und das Publikum hatte inzwischen das Interesse verloren?
Das MCU geht jedenfalls nicht weg, im Gegenteil:
Das MCU geht neue Wege und das auf kluge Art
All die Zweifel und Sorgen waren erneut unbegründet, denn „WandaVision“ ist ein voller Erfolg. Jüngst stieg sie laut einer Analyse gar zur derzeit populärsten Serie der Welt auf. Zudem übertraf Disney+ auch dank der MCU-Serie sein 4-Jahres-Ziel von 90 Millionen Abonnent*innen bereits im Januar 2021, also nur ein Jahr und zwei Monate nach dem Start des Streamingdienstes.
Dass „WandaVision“ trotz der durchaus schwierigen Voraussetzungen ein derartiger Hit ist, liegt meiner Ansicht nach daran, dass MCU-Chef Kevin Feige und alle anderen Verantwortlichen einmal mehr den richtigen Riecher hatten. Anstatt es mit „Endgame“ aufzunehmen und ein gigantisches Spektakel abbrennen zu wollen, nimmt man sich die Zeit, erneut in Ruhe den nächsten Schritt im MCU aufzubauen. Dabei wird es sich um das Multiversum handeln, wie Feige schon verriet, und „WandaVision“ ebnet den Weg dorthin.
Zusätzlich macht das MCU hier erneut das, was ihm viele Kritiker gerne absprechen: Es geht neue Wege. Zugegeben: Alle Filme folgen der 3-Akt-Struktur und am Ende wird fast immer das Böse besiegt. Doch schon zuvor bot die Reihe wiederholt frische Ansätze, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Die Chaos-Weltall-Truppe aus „Guardians of the Galaxy“ kam praktisch aus dem Nichts, „Spider-Man: Homecoming“ glich einer High-School-Komödie, während „Black Panther“ im Stil eines internationalen Spionage-Films nicht vor schwierigen moralischen Themen zurückschreckte.
All diese Variationen sind jedoch nichts gegen „WandaVision“. Die Serie spielt immerhin mehrere Jahrzehnte Sitcom-Geschichte durch, mittendrin die zwei Avengers Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) und der eigentlich tote Vision (Paul Bettany). Währenddessen fragen sich außerhalb ihrer Heilen-Welt-Simulation alle, was eigentlich vor sich geht und versuchen, das Rätsel um das idyllisch wirkende Städtchen Westview zu lösen. Anfangs wirkte dieser Ansatz noch befremdlich und wie viele andere war ich mir bei den ersten Folgen „WandaVision“ nicht sicher, ob die Rechnung diesmal aufgeht. Dass das MCU auch Serien kann, bewiesen mir und offensichtlich auch vielen anderen die letzten Episoden, in denen „WandaVision“ langsam den Vorhang lüftete und dabei ein spannendes, unterhaltsames und zuweilen verstörendes Erlebnis bot. Die Serie setzt also nicht nur der Durststrecke ein Ende, sondern zeigt auch eindrucksvoll, wie die Zukunft des MCU aussehen kann.
Natürlich bleibt sich das MCU weiterhin treu und vergisst nicht den Humor:
Die wöchentlichen Folgen „WandaVision“ sind genau richtig
Damit kommen wir auch zum wichtigsten Punkt, warum „WandaVision“ meiner Meinung nach so gut funktioniert: Noch nie tappten wir bei einem MCU-Projekt derart im Dunkeln. Beim Gang ins Kino konnten wir uns immer ziemlich sicher sein, was uns dort erwartet. Die Held*innen müssen sich Herausforderungen stellen, meistern diese und am Ende besiegen sie ihre Gegner. Doch bei der Serie scheint noch fast alles möglich zu sein. Ist Wanda die Böse der Geschichte oder zieht eine unbekannte Gefahr im Hintergrund die Fäden? Lebt Vision wirklich wieder und falls ja: Wird das auch nach „WandaVision“ der Fall sein? Steckt hinter dem großen Überraschungsauftritt das, was wir uns alle wünschen oder ist es nur eine falsche Fährte?
Dass „WandaVision“ das meiner Ansicht nach bislang spannendste Projekt im MCU ist, liegt auch an der wöchentlichen Ausstrahlung. Viele Zuschauer*innen, die das Binge-Format gewohnt sind, mögen es zwar verfluchen, doch es hat zweifellos seinen Reiz, sich nach jedem Freitag mit Freund*innen über das Gesehene zu unterhalten, Theorien aufzustellen und nachzuschauen, wie das Internet auf die neuesten Eindrücke reagiert. Die Vorfreude und Spannung steigt so von Woche zu Woche und entsprechend ungeduldig fiebert das Publikum der Auflösung entgegen. Obwohl sich dies manchmal mit Frust Bahn bricht, verdeutlicht diese Reaktion ebenfalls eine schöne Erkenntnis: Das MCU hat auch im Jahr 13 nach seiner Gründung nichts von seinem Zauber verloren und verspricht, uns in Zukunft mit weiteren spannenden Projekten zu fesseln. Schließlich ist im Multiversum alles möglich…
Habt ihr das MCU aufmerksam verfolgt? Dann solltet ihr dieses Quiz meistern können – oder doch nicht?