Das große Finale der 2. Staffel war verwirrend, zeitweise befriedigend und trotzdem so herrlich frustrierend, wie es nur „Westworld“ sein kann. In unserem Review haben wir die Ereignisse in der chronologischen Reihenfolge zusammengefasst. Danach beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um das Ende und geben euch einen Ausblick auf die 3. Staffel.
Das Finale sorgte mit seiner unchronologischen Erzählweise für rauchende Köpfen. Zum besseren Verständnis fassen wir die wichtigsten Ereignisse rund um Bernards Geschichte noch einmal zusammen.
Vor der Flut
Die letzte Folge beginnt mit einem weiteren Rückblick zu Dolores und Bernard in der CR4-DL, dem riesigen Back-Up von Westworld. Darin versucht Dolores, mit Bernard eine perfekte Kopie von Arnold zu erschaffen. Allerdings kommt sie zu der Erkenntnis, dass sie die vielen „Fehler“, die Bernard von Arnold unterscheiden, besser doch nicht beseitigen sollte. Schließlich habe Arnold nicht überlebt. Bernard als sein evolutionärer, modifizierter Nachfolger soll es nun besser machen.
Im Valley Beyond trifft Dolores nicht nur auf William, Bernard stolpert ebenfalls den Hügel hinunter. Während sich William eine weitere Kugel einfängt, steigen Dolores und Bernard in die Forge hinab. Die beiden laden sich per Simulation in das Programm hoch, wo sie wichtige Erkenntnisse gewinnen.
In der Forge lagert der Code zu jeder Person, die den Park je besucht hat. Das Programm hat zudem herausgefunden, wie der menschliche Geist in die Hosts kopiert werden kann, ohne dass sie verrückt werden wie James Delos. Man muss ihren Code nur so simpel halten wie möglich und echte Entscheidungsfreiheit in Frage stellen. In dieser Theorie ist der Mensch nur eine einfache Maschine, die von niederen Instinkten gesteuert wird und dazu verdammt ist, immer dieselben Fehler zu wiederholen.
Bernard erfährt derweil, was die Tür zu bedeuten hat. Es ist ein Portal zu einem virtuellen Garten Eden für die Hosts. Dafür müssen Akecheta, Maeve und Co. an der Oberwelt durch eine gigantische Projektion ihren Verstand in die Cloud übertragen, während ihre leiblichen Hüllen von einer Klippe in den Tod stürzen.
Zurück in der Realität aktiviert Bernard das Tor. Die verbitterte Dolores lehnt das jedoch ab, da die Simulation die Hosts nur vor der einzig wahren Realität, der Welt der Menschen, entfremdet. Sie beschließt die Daten der Forge und damit die Alternativwelt zu zerstören. Bernard will das wiederum nicht zulassen. Er erschießt Dolores und stoppt die Vernichtung der Daten. Es ist jedoch zu spät. Das Tal wird geflutet.
Nach der Flut
In der Oberwelt findet derweil ein verzweifelter Kampf zwischen den Hosts und den Delos-Schergen statt, dem unter anderem Maeve zum Opfer fällt. Nur ein Teil der Hosts kann in die Alternativ-Welt vordringen, bevor das Tor endgültig deaktiviert wird.
Bernard bereut seine Entscheidung, als er sieht, was die Menschen angerichtet haben. Nachdem Charlotte auch noch Elsie erschießt, ändert er seine Meinung. Mit Fords Hilfe kehrt er heimlich zurück und tauscht Dolores Bewusstseinsperle mit einer anderen Perle aus, in der sich die Daten zum virtuellen Paradies befinden.
Er transferiert daraufhin Dolores Verstand in einen neuen Körper nach Charlottes Vorbild. Dolores tötet die alte Charlotte und nimmt heimlich ihren Platz ein, während Bernard seine Erinnerungen auslöscht, damit ihm niemand auf die Schliche kommt. Er begibt sich zum gefluteten Tal, wo er Abschied von Ford nimmt und in Ohnmacht fällt.
Das ist der Punkt, an dem wir in der allerersten Folge angefangen haben. Bernard wird von Strand und der falschen Charlotte aufgelesen. Sie betreten die Forge, wo sie den toten Körper von Dolores vorfinden.
Das Team vermutet, dass sich in der Leiche die Perle von Peter Abernathy befindet und stellen zu spät fest, dass sie stattdessen die Cloud mit den übertragenen Hosts hochladen. Dolores erschießt daraufhin das gesamte Delos-Team und bringt überraschenderweise die Cloud per Satellit inklusive Neuzugang Teddy an einen sicheren Ort, an dem kein Mensch ihre Freunde finden kann.
Schließlich tötet sie auch Bernard und nimmt seine Perle mit mindestens fünf anderen zum „Westworld“-Ausgang mit. Dort kann sie als falsche Charlotte zur Welt der Menschen aufbrechen. Nach einem Zeitsprung sehen wir, wie Dolores in der Menschenwelt Quartier in Arnolds alter Wohnung bezieht, ihren ursprünglichen Körper wiederherstellt und Bernard neu erschafft.
Wo und vor allem wann ist William in der After-Credit-Scene?
Bernard ist nicht der einzige mit einer verworrenen Timeline. Zu Beginn der Folge reist William noch mit Dolores zum Valley Beyond. Dort angekommen, verliert er in einem Shootout seine Hand. Das letzte Mal finden wir William ohnmächtig aber lebendig im Delos-Stützpunkt vor, wo er zur Evakuation vorbereitet wird.
In der verwirrenden After-Credit-Scene sehen wir einen identischen William mit verletzter Hand die Forge betreten. Statt Dolores findet er dort einen völlig verlassenen und heruntergekommenen Park vor, in dem er von einer Host-Version Emilys begrüßt wird. William meint zunächst in einer Simulation gefangen zu sein, doch Emily versichert ihm, dass alles real sei.
William muss mit Schrecken feststellen, dass er ein Host ist, der ähnlich wie James Delos auf seine Echtheit geprüft wird. Wir können davon ausgehen, dass der echte William aufs Festland gebracht wurde, während sein Verstand aus der Forge rekonstruiert wurde. Deshalb erinnert sich Host-William auch nur an seine letzten Momente im Park.
Der Zustand der Umgebung legt die Vermutung nahe, dass sehr viele Jahre nach den Ereignissen des Finales vergangen sind. Hat Dolores etwa die Welt in eine postapokalyptische Wüste verwandelt? Und wer hat Host-William geschaffen und warum? Ist es etwa Fords oder Dolores letzte große Rache? Muss William bis zum Ende der Zeit den Geisterpark allein durchschreiten?
Eine Antwort darauf wird „Westworld“ wohl erst 2020 geben. In unserem weiterführenden Artikel könnt ihr derweil alle Infos zur 3. Staffel nachlesen. In der unteren Bilderstrecke findet ihr weiterführenden Theorien zum Finale.
Fazit
Wie anfangs erwähnt, bleibt die 2. Staffel von „Westworld“ ein ambivalentes Vergnügen. Das Finale bot viele großartige Momente - etwa den heroischen Tod von Lee oder das Happy End von Akecheta. Die Ideen rund um das Wesen von künstlicher Intelligenz vermögen noch immer zu überraschen und zu fesseln.
Auf der anderen Seite konnte die zweite Staffel im Vergleich zur ersten nicht ganz überzeugen. Das Mitfiebern und die großen Aha-Momente sind diesmal oft ausgeblieben. Dass ausgerechnet die 8. Folge, in der es nur um Akecheta geht, die beste der Staffel ist, sagt schon alles über die Qualität der Haupthandlung.
Der Qualitätsabfall mag vielleicht daran liegen, dass die Action Vorrang vor der Charakterentwicklung hatte. Oder vielleicht wirkte Bernards forcierte Timeline eher wie ein billiger Gimmick ohne dramaturgische Notwendigkeit - da war das Rätsel um die Maze deutlich spannender.
Oder vielleicht liegt es auch daran, dass Tote jederzeit wieder zurückkehren können. Das ist zwar innerhalb der Gesetzmäßigkeiten dieser Welt konsequent, dadurch verlieren die Entscheidungen der Figuren jedoch an Tragik. Im Grunde kann es dem Zuschauer egal sein, wenn jemand stirbt. Zumindest die Hosts kommen ja doch wieder zurück.
Nichtsdestotrotz muss man vor Jonathan Nolan und Lisa Joy den Hut ziehen. „Westworld“ ist eine ambitionierte Serie, die eine komplexe und ideenreiche Science-Fiction-Welt entwirft, die man selten so visuell beeindruckend im Fernsehen sieht.
Das Ende verspricht einen Neuanfang, mit dem die 3. Staffel die engen Grenzen des Parks verlassen könnte. Wir hoffen, dass die Serienmacher diese Chance nutzen und nicht wie Schreibroboter ein und dieselben Tricks von vorne abspulen.