Wenn nicht nur die großen Lichtspielhäuser Trauer tragen, sondern auch das kleine Arthauskino, dann ist zweifelsohne ein Großer von uns gegangen. Jean-Paul Belmondo hinterlässt eine Lücke, die nicht zu füllen ist.
Ob als knallharter Kommissar, verschlagener Liebhaber oder tollkühner Draufgänger mit Vorliebe für waghalsiges Abseilen aus Hubschraubern, Jean-Paul Belmondo hatte in seiner über 50 Jahre andauernden Karriere für jeden Geschmack etwas in Petto.
Selten begegnete mir das Werk eines Schauspielers an so vielen unterschiedlichen Stationen in meinem Leben wie das von Bébel, wie seine Landsleute ihren Helden liebevoll tauften. Als die Plastikhüllen von VHS-Kassetten noch einem Buchrücken nachempfunden waren, fischte ich als Kind in den 1980er Jahren die Actionkomödie „Der Windhund“ aus dem heimischen Wohnzimmerregal und erfreute mich vor allem an den flapsigen Sprüchen von Synchro-Papst Rainer Brandt, der Jean-Paul Belmondo höchstpersönlich seine markante Stimme lieh.
Später schaute ich heimlich dem „Greifer“ auf der Suche nach der „Bestie“ zu und ignorierte zum Unmut meiner Eltern sämtliche Empfehlungen der FSK. Weniger problematisch als die bisweilen düsteren Krimis im Stile von „Angst über der Stadt“ waren für sie verständlicherweise die vielen Komödien wie „Ein irrer Typ“, über die auch die Verwandten gerne gelacht haben, die ansonsten mit dem Medium Film wenig anzufangen wussten.
Jean-Paul Belmondos Unterhaltungsfilme waren Gassenhauer im besten Sinne des Wortes und der perfekte Beweis, dass Blockbuster auch außerhalb der Grenzen von Hollywood produziert werden konnten. Mit der Traumfabrik hatte der ehemalige Boxer Belmondo übrigens Zeit seines Lebens nichts am Hut, zur Legendenbildung reichte ihm die französische Filmindustrie, die er über Jahrzehnte nach Belieben beherrschte.
Viel mehr als ein Actionheld: Jean-Paul Belmondo als ewiges Aushängeschild der Nouvelle Vague
Dass Jean-Paul Belmondos Fußabdruck in der europäischen Filmgeschichte weitaus größer war als seine zahlreichen Actionfilme vermuten ließen, wurde mir spätestens an der Freien Universität in Berlin mit Nachdruck ans Herz gelegt. Dort gilt die Nouvelle Vague, die Ende der 1950er Jahre Großvaters angestaubten Großproduktionen mit verwackelter Handkamera den Todesstoß versetze, als Heiligtum und damit auch ihr bekanntestes Gesicht.
Jean-Luc Godards „Außer Atem“ sorgte 1960 nicht nur für den Durchbruch des damals 26 Jahre alten Belmondo, sondern verband ihn für alle Zeiten mit dem intellektuellen Autorenfilm, gegen den er später ironischerweise selbst am erfolgreichsten anspielen sollte. Erst im Herbst seiner Karriere kehrte er mit kleineren Produktionen wie „Der Löwe“ von Claude Lelouch zu seinen Anfängen zurück und beendete seine Karriere als Actionstar.
Nach einigen erfolgreichen Ausflügen ans Theater trat Jean-Paul Belmondo nach einem Schlaganfall in den 2000er Jahren immer seltener in der Öffentlichkeit auf. Nun ist er im Alter von 88 Jahren verstorben. Was bleibt, sind über 80 Filme und ein Ehrenplatz in den Annalen der Filmgeschichte.
Von welchen Stars wir uns viel zu früh verabschieden mussten, erfahrt ihr im Video.